Deutschland fiebert dem morgigen Achtelfinalspiel gegen Schweden entgegen und unsere Regierung nutzt diese Stimmung dazu, flott ein paar unliebsame Gesetze zu erlassen, wie etwa die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Eigentlich eine ganz schlaue Taktik, denn momentan sind die Bürger dieses Landes damit beschäftigt, wilde Partys mit allen möglichen anderen Nationen zu feiern und scheren sich einen Dreck um Politik.
Die angereisten Fans saufen Deutschland trocken, die Bierbrauer reiben sich die Hände und legen Sonderschichten ein. Beschwerden über das in den Stadien ausgeschenkte miese Bier (Anhäuser- Busch) werden laut und wir schämen uns, dass wir als die (nach Tschechien) Nation mit dem meisten Bierkonsum pro Kopf nichts besseres bieten können. Eigentlich ein Armutszeugnis, aber unsere Gäste können sich ja vor und nach den Spielen außerhalb des Stadiums ein Bild von der deutschen Braukunst machen, was gerade die Engländer und die Skandinavier gerne und ausgiebig tun.
Die nicht enden wollende Debatte über den neuen deutschen Patriotismus in den Medien fängt an, mir langsam auf die Nerven zu gehen. Irgendwie kann ich nicht verstehen, dass nach dem monatelangen Tamtam um die WM alle das so verwundert zur Kenntnis nehmen, denn für mich hat sich das schon seit einigen Jahren abgezeichnet. Man sollte meinen, während der Eröffnungsfeier sei ein Schalter umgelegt worden und auf einmal trauten wir uns alle, zu unserem Land zu stehen.
Ich bin nur mal gespannt, wie diese nette Party in der KO- Runde aussehen wird, wenn nach und nach sich die Nationen aus dem Turnier verabschieden. Was passiert, wenn wir morgen gegen Schweden verlieren? Noch tanzen die Leute auf der Straße und dichten zu der Melodie von „Pippi Langstrumpf“ freche Lieder, aber was, wenn wir rausfliegen? Werden wir dann immer noch gute Gastgeber sein?
Die letzten Gruppenspiele finden statt, Spanien schlägt Saudi- Arabien 1:0 und sichert sich den Gruppensieg, auch die Ukraine ist nach einem 1:0 gegen Tunesien eine Runde weiter. Erwartungsgemäß schlägt Frankreich schwach Togo 1:0, die Schweiz lässt Koreas Träume von der Endrunde leider durch einen 2:0 Sieg platzen. Das bedauere ich wirklich, denn ich hatte Korea ein Weiterkommen herzlich gegönnt und die Franzosen gerne vorzeitig die Heimreise antreten sehen. Also nach dem Ausscheiden von Japan und Südkorea keine niedlichen Asiaten mehr im Turnier, schade. Allerdings sehe ich mir keines der Spiele an, da das Johannisfest eröffnet worden und das Wetter viel zu gut ist, um in der Bude zu hocken und sich mittelmäßige Vorrundenspiele anzuschauen. Beim Pfeilwerfen gewinnen wir einen Aschenbecher und eine mit Cannabisblättern bestickte Geldbörse (soviel zum Nichtraucherschutz). Außerdem schenkt mir Torsten, der einen Schmuckstand dort hat, eine imitierte Cartier- Sonnenbrille, die Victoria Beckham vor Neid erblassen lassen würde. Wir sitzen ewig am Rhein und genießen bei einem Glas Wein die laue Sommernacht, während wir erschütternde Beispiele der unheiligen Mischung aus Jugend und Alkohol beobachten. Das Mädel neben uns raucht nervös heimlich eine Zigarette, während ihre Verabredung auf den Klo ist, sie erzählt uns, dass das ihr erstes Date mit ihm ist. Kurz nach seiner Rückkehr knutschen beide wie wild, süß. Das Leben ist schön!
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