Samstag, Oktober 25, 2008

Shanghai Blues

25.10.08, Samstag

Vormittags:

Leichter Regen, eigentlich nicht der Rede wert. Ich bin ein wenig schwermütig, zum einen, weil Stefanie heute abreist, zum anderen, weil ich nächste Woche auch hier abrücken werde, was mir schmerzlich bewusst wird.
Im Park brennt die Luft, vor allem schwingen diverse Paare eine flotte Sohle. Rose hatte uns erzählt, dass diese Tanzkreise gerne zur Einfädelung außerehelicher Aktivitäten genutzt werden, wir fragen uns jetzt natürlich, was da wohl so abgeht, ohne das wir das ahnen. Stefanie entdeckt Anzeichen von außerirdischem Leben im Lotusteich des Parks.
Da außer uns nur Herr Si da ist, wird milde trainiert, der Meister will Stefanie vor dem anstrengenden Flug wohl auch schonen. Außerdem sollte man bei Regen sowieso nur sachte üben, deswegen ist Xiao Lu wahrscheinlich auch gar nicht erst gekommen. Herr Si fragt, ob wir denn nächstes Jahr wiederkämen, klar doch. Am Parkeingang verabschiedet er Stefanie mit einem fröhlichen „Dann bis nächstes Jahr!“. Der gute Mann!
Anschließend gehen wir beim Schneider vorbei, der Meister näht unsere Kleider also doch nicht selber. Stefanie wird vermessen und ordert auch einen weißen Sommer- und einen schwarzen Winterfummel. Dem Meister wird diskret der Umschlag mit dem Geld für die Unterrichtseinheiten ausgehändigt, Er wünscht Stefanie „Yi lu ping an“ (Gute Reise), grinst und knufft sie freundschaftlich an die Schulter. Das ist die wirklich maximalste Gefühlsregung, die ich beim Abschied bis jetzt von ihm gesehen habe, er muss uns wirklich mögen. Naja, wir sind ja auch jetzt das vierte Jahr in Folge hier und Meister Wu muss man einfach gerne haben.

Nachmittags/ Abends:

Wir ziehen uns um, schlendern durch den Lu Xun Park und suchen ein Restaurant, werden fündig und speisen hervorragend. So leckere Kartoffelbällchen mit ordentlich Chili und Knoblauch habe ich hier noch nie gegessen, auch die scharfen Auberginen sind phantastisch. Nach dem Essen bummeln wir durch die Gegend und stolpern über ein Kaufhaus mit Elektrogeräten. Mir war schon lange auf den Sender gegangen, dass bei meinem Mobilphon ständig der Akku leer ist und ich keine SMS auf chinesisch schreiben kann, an einem der Stände verliebe ich mich in ein schickes kleines Teil der Marke Samsang (ähem, nein, kein Tippfehler), dessen Vorzüge vom Verkäufer eilfertig vorgeführt werden. Voll die Wunderwaffe, kann Filme und Musik abdudeln, zwei SIM- Karten aufnehmen und außer Kaffe kochen fast alles, außerdem hat es einen Touch- Screen und spricht neben Chinesisch auch Englisch (Das lasse ich mir sofort als Sprache einstellen). Nach zähen Preisverhandlungen wechseln 700,- Yuan den Besitzer und das Phon gehört mir. Beschäftigungstherapie für heute Abend. Mittlerweile regnet es echt heftig und es ist unangenehm frisch, zu Hause hätte man sich mit einem Glas Rotwein in die heiße Badewanne gelegt. Wir entscheiden uns für die Fußmassage. Dann wird es auch langsam Zeit, ins Hotel zurückzukehren, wir trinken noch einen Kaffee und schließlich schleppen wir uns mit Stefanies Gepäck an die Bushaltestelle. Ich warte noch, bis der Bus abfährt und winke ihr nach, als ich trübsinnig durch den Regen nach Hause trotte, habe ich einen dicken Kloß im Hals. Zum einen bin ich traurig, dass Stefanie weg ist, wir hatten wie immer eine schöne Zeit. Zum anderen wird mir ganz mulmig bei dem Gedanken, dass ich nächste Woche auch diese Wahnsinnsstadt verlassen und ins trübe Deutschland zurückkehren muss. Hoffentlich kann ich wenigstens noch ordentlich trainieren, aber der Wetterbericht verheißt nichts Gutes. Vielleicht hat Xiao Lu ja Lust, am Stadion mit mir zu üben.
Im Gästehausshop versorge ich mich mit Bier und Kartoffelchips, um sieben Uhr abends kann man sich schon mal ein Bierchen gönnen, finde ich. Ich spiele noch eine Weile an meinem neuen Spielzeug herum, im Fernsehen läuft nur Mist, kein Mensch ist online. Ich fühle mich einsam.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Anonym hat gesagt…

Bierchen ist ne gute Idee, das mach ich jetzt auch, um halb acht

Anonym hat gesagt…

Du must nicht einsam sein - die Welt ist um Dich herum und wir sind ja in Gedanken bei Dir! Ich mache mich gleich startklar für einen Besuch im Bruchwegtempel; 20.299 Leute um micht herum! Von Einsamkein kann dann keine Rede sein Bericht folgt - Freue Dich