Freitag, Februar 29, 2008

14.12.07, Freitag

Rücksturz zur Erde

Mit heftig brummendem Schädel und völlig übermüdet verladen wir unser Gepäck.
Ich liefere mir mit Xiao Lu lustige Winkwettbewerbe wenn immer ein Bus auf der Autobahn den anderen überholt. Bei einer Pinkel-/ Zigarettenpause frage ich den Meister, ob ich Einzelunterricht für meine Dong Bao Chuan- Form haben könnte, füge aber listig hinzu, er müsse das ja nicht selber machen, vielleicht könnte Xiao Lu…? Für den Rest der Truppe machen wir den Trainingsplan klar. Mittagessen ist klasse, Abendessen in einem super Hotel und Michael und ich bestellen auf eigene Rechnung massig Pommes. Alberne Abschlusszeremonie, von der ich kaum was mitkriege, da Michael und ich zu beschäftigt sind, Mayonnaise für unsere Pommes aufzutreiben. Jim Lauderdale sitzt am Nebentisch und hat zufälligerweise einen Karton mit handsignierten CDs bei sich. Ich erstehe eine, trabe an den Meistertisch und schenke sie mit ein paar netten Dankesworten dem völlig verdattertem Xiao Lu, dem daraufhin fast die Stäbchen aus der Hand fallen. Habe ja gehofft, dass er sich freut, aber mit so einer Reaktion habe ich dann doch nicht gerechnet.
Nach dem Essen werden wir in das Hotel gekarrt, da jeder müde ist und sein Zimmer haben will, bietet sich an der Rezeption eine klasse Gelegenheit, die in den letzen paar Tagen erlernten Kampkünste endlich auch mal anzuwenden.

13.12.07, Donnerstag

Showtime

Morgens um 8.00 werden wir mit maximaler Geräuschkulisse und Hektik in die Busse getrieben. Die Bediensteten klettern noch in jeden einzelnen Bus, um von uns Abschied zu nehmen. Tränen fließen, wahrscheinlich haben wir deren ansonsten farblosen Alltag hier oben wirklich bereichert. Anschließend ordentliches Abbrennen von Feuerwerkskörpern, während die heftig weinenden Bediensteten winkend Spalier stehen, setzen wir uns in Bewegung.

Wir fahren erstmal nach Shangrao, wo wir übernachten, da die Strecke nach Shanghai zu weit wäre. Außerdem sollen wir abends alle irgendwie unsere erlernten Fähigkeiten vorführen. Ich bin darüber nicht besonders glücklich, denn ich habe mir eine wirklich fette Erkältung eingefangen und zu allem Unglück hat sich Xiao Lu auch noch irgendwas gezerrt, als er uns gestern Abend die Form mal mit richtig Schmackes vorgeturnt hat. (Was muß der auch so angeben!). Meister Wu verliert uns gegenüber kein Wort über die Vorführung, was für erhebliche Verunsicherung sorgt.

Mittags gibt es endlich wieder anständiges Essen und dann auch sehr hübsche Hotelzimmer. Im Handumdrehen schaffen es die Hotelschergen, anständige Weihnachtsdekoration im Foyer anzubringen.

Mir geht es wirklich schlecht und deswegen kuschele ich mich vor der Glotze ein, in der passenderweise ein Stephen Chow Film läuft (Love on delivery). Vor lauter Dankbarkeit fange ich fast an, zu heulen: Jedesmal, wenn ich in China wirklich Scheiße drauf bin, kommt Stephen und rettet meinen Tag. Ich beschließe, Stephen Chow zu meinem persönlichen chinesischen Schutzheiligen zu machen.

Nach dem Abendessen trotten wir dann alle lemminghaft in ein Theater, wo einige Gruppen tatsächlich ihre Kenntnisse demonstrieren. Wir müssen nicht ran, nur der Meister klettert auf die Bühne und läuft nachlässig ein paar Linien. (Später kriege ich raus, dass er keinen Bock hatte, dem Pekinger Tong Bi Typen zu viel zu zeigen). Nach und nach tröpfeln denn auch Chinesen ein, die offensichtlich nichts mit dem Camp zu tun haben. Uns dämmert, dass das hier ein ganz regulärer Theaterabend ist und wir das Gebäude für unsere Vorführungen benutzen durften. Und natürlich muß dann auch der gute alte Jim Lauderdale wieder ran, der sich wieder in Lobeshymnen ergeht und ein paar seiner Lieder zum Besten gibt. (Eines ist sogar gar nicht übel). Aus den Augenwinkeln nehme ich erstaunt war, dass Xiao Lu diese Darbietung zu genießen scheint und –für chinesische Verhältnisse- abgeht wie ein Zäpfchen.

Und dann folgt die Show. Freunde, in meinem ganzen Leben habe ich selten etwas Bizarreres gesehen. Eigentlich dachte ich ja, meine Wahrnehmung wäre durch die Erkältung getrübt, aber Stefanie empfindet das gleiche. Mit etwas Wohlwollen könnte man das Ganze als „Variete“ bezeichnen, aber die Chinesen schaffen es immer wieder, uns zu überraschen. Mein absoluter Lieblingseinsatz: Ein Typ kommt auf die Bühne, quatscht irgendwas, ext unter dem donnernden Applaus des chinesischen Publikums zwei Flaschen Bier und geht dann wieder. Mann, wenn man mir für so was Geld geben würde, ich wäre reich! Den Westlern reicht es bald, aber wir schauen uns die Darbietungen bis zum Ende an. Auf dem Rückweg zum Hotel versuche ich, Xiao Lu ein paar höfliche Fragen zu seinem Befinden und seinem Eindruck von den Darbietungen zu stellen, aber leider versagt meine Stimme komplett.

In der Hotellobby quatschen wir noch ein wenig mit Wuji, als plötzlich dessen Handy klingelt. Kurzes Gebell auf chinesisch, dann grinst er uns an und sagt, das wäre eben Wu Mao Gui gewesen, der in der Kneipe um die Ecke zum Saufen und Essen auf ihn warten würde. Ob wir Bock hätten, mitzugehen? Klar haben wir. Diese Aktion kriegen auch ein paar männliche Campteilnehmer mit, die natürlich auch gerne mitgehen würden. Da reist man schon so weit, und jetzt bietet sich die Chance, mit ECHTEN chinesischen MEISTERN einen draufzumachen- wie aufregend! Und was macht Wuji? Schüttelt den Typen die Hand, sagt ihnen, er sei erfreut, sie kennen gelernt zu haben, wünscht denen eine gute Nacht und zieht mit uns beiden Schnallen ab. Für Stefanie und mich kickt Wuji in der Coole- Sau- Liga jetzt gleich neben George Clooney und Julian McMahon.

In der Beize hocken Wu Mao Gui und noch zwei andere Typen, die erstmal dumm gucken, aber ziemlich schnell ziemlich locker werden, als sie sehen, dass Stefanie und ich beim Saufen locker mithalten können und ich großzügig Kippen verteile. In der Mitte des Tisches brodelt fröhlich ein Feuertopf, dem nach und nach leckere Dinge wie Pansen, Hühnerfüße oder auch Krustentiere hinzugefügt werden. Zum Glück gibt es auch die guten alten Tigerpenisse und Kürbiskerne, so dass auch ich auf meine Kosten komme. Wir hören uns lustige Geschichten über die Abendteuer dieses fidelen Quartetts an, lauschen dem höflichen Wettstreit, wessen Stil wohl besser zum Kampfe tauge und als Meister Wu Krebsschalen aus dem Gesicht fallen, er seine Kippen im Essen ausdrückt und er seine Plauze streichelt und er uns sowohl auf chinesisch als auch auf englisch wissen lässt, dass er sich wohlfühle wissen wir, dass wir irgendwie dazugehören.

Freitag, Februar 08, 2008

08.12.07, Samstag- 12.12.07, Mittwoch

Trainingsalltag

Mit Morgens Qi Gong und nachmittags Tong Bei fahre ich ganz gut und es macht einfach nur unglaublich viel Spaß. Irgendwann ertappe ich mich dabei, dass ich auf meinem Zimmer hocke und Rotz und Wasser wegen der Tatsache heule, dass wir in Deutschland keine derartig guten Lehrer haben und das hier alles bald vorbei sein wird. Außerdem habe ich das Gefühl, noch nie in meinem Leben körperlich dermaßen fit und geschmeidig gewesen zu sein. Meine vor der Abreise gekauften Jeans rutschen mir über den Arsch und mit meinen Oberschenkeln kann ich wahrscheinlich Nüsse knacken.
Der Masseur macht sich mittlerweile schamlos an die nichts ahnenden männlichen Campteilnehmer ran. Am schlimmsten erwischt es Shag, einen großen, jungen, gut aussehenden Ami. Der Masseur sagt zu ihm:“ You are so beautiful. Do you want me to make love to you?“, was Shag natürlich dankend ablehnt. Auch diese Phrase brennt sich unauslöschlich in die Herzen der Campteilnehmer ein und bietet Anlass zu zahllosen derben Scherzen.
Das Essen geht mittlerweile allen auf die Nerven, ich habe aber Glück und bleibe von Magenproblemen verschont.
George hat sich ein völlig undurchschaubares Rotationssystem für unsere Trainingsorte ausgedacht, so dass vor Trainingsbeginn jeder verzweifelt durch das Hotel zirkuliert und seine Gruppe sucht. Ich habe irgendwie fast immer das Pech, in der Eisbox oder im rutschigen Speisesaal trainieren zu müssen.
Das Provinzfernsehen kommt vorbei und wir müssen uns alle im Hof in geordneten Reihen aufstellen (Gemecker von chinesischer Seite, weil wir das nicht so zügig und ordentlich können wie die Chinesen, denen das geordnete Aufstellen anscheinend in die Wiege gelegt wurde). Dann turnt der Baguatyp vor uns herum und zählt dabei „Yi- Er“ (Eins- Zwei), was in Verbindung mit seinem Bart irgendwie unschön an einen Esel oder vielmehr Ziegenbock denken lässt. Wir müssen nachturnen und werden dabei gefilmt. Vielleicht haben die ja hier im Fernsehen eine spezielle Show, in der sie zeigen, wie Ausländer sich zum Deppen machen.
Wuji übernimmt unter der Aufsicht des Großmeisters das Qi Gong Training und wird von den weiblichen Bediensteten des Hotels heftig angeschmachtet. Kann ich ja auch verstehen, Wuji spielt in der Coole- Typen- Liga wirklich ganz oben mit.
An unserem letzten Abend legen Tom und ich noch eine Schippe drauf und üben nach dem regulären Training unter den kritischen Blicken von Michael und Xiao Lu wie besessen eineinhalb Stunden die Form, was letzteren zu der Bemerkung veranlasst, wir seien wirklich eifrige Schüler.
Das Hotel wird mit roten Glückwunschtransparenten zum erfolgreichen Ausgang des Camps geschmückt und man brennt uns zu Ehren ein Feuerwerk ab. (Nach dem schauderhaften Essen war das aber auch das mindeste, was die für uns tun konnten).

Dienstag, Februar 05, 2008

Off Topic: Fettes Brot

Da liege ich doch nach den Fastnachtfeierlichkeiten ermattet auf dem Sofa und was muss ich sehen? Das neueste Video der Band Fettes Brot. Nun finde ich die ja eigentlich ganz geil, war aber von dem Titel des Liedes eher wenig begeistert.


Schönen Dank auch, und am Anfang und Ende des Liedes quatscht auch noch jemand chinesisch. Wehe, wenn ich rausfinde, dass der Refrain da nochmal in dieser Sprache wiederholt wird.Dann holt euch die Fürstin der Finsterniss!

Freitag, Februar 01, 2008

07.12.07, Freitag

Wandertag

Der trainingsfreie Tag entpuppt sich als fünfstündige Bergtour. Wir werden nach Nationalitäten in Gruppen aufgeteilt, in die Seilbahn getrieben und auf dem Berg von dem mittlerweile mit seinem Megafon verwachsenen George empfangen, der uns wieder in Gruppen aufteilt und durchnummeriert. (Wir sind das "German- Norwegian- Speed- Team). Die Nummern kritzelt er dann auf irgendwelche Servietten. Anfangs ist uns Wuji noch dicht auf den Fersen, beschließt dann aber, als es zu anstrengend wird, wieder ins Tal hinunterzufahren und zu lieber zu saufen und den trainingsfreien Tag zu genießen. Das mit der Gruppeneinteilung entpuppt sich schnell als Blödsinn, da sowieso jeder macht, was er will.

Die Berge sind ziemlich cool, aber nicht ganz so mein Ding. Der Baguatyp hampelt vor uns rum, weist seinen Assistenten mit der fetten Kamera an, alles mögliche aufzunehmen und qualmt wie ein Schlot. Oben auf dem Berg ein daoistischer Tempel, vor dem Xiao Lu uns einfängt und uns erst mal zeigt, wie man anständig Gongs bedient und so. Mittagspause (Tom: “Form?“), Weitermarsch und auf einer Hängebrücke über einem sautiefen Abgrund bin ich leider hinter dem Baguaidioten, der natürlich die Brücke in Schwingung versetzen muß und meckernd hin und her schaukelt. Mann, wie gerne würde ich den an seinem albernen Bart packen und mit ein paar kräftigen Arschtritten in die Tiefe befördern. Jetzt hat er endgültig verschissen.

Nach der Wandertour verspüren dann doch einige das dringende Bedürfnis nach einer Fußmassage, wobei das Anbaggerverhalten des Masseurs immer wunderlichere Formen annimmt. Dass die Mädels sich an die Typen ranwerfen, mag man ja noch hinnehmen, aber dass der Typ grundsätzlich zu jedem männlichen Kunden „You are so beautiful“ sagt, befremdet dann doch ein wenig. Langsam beginnt uns zu dämmern, dass in der Eisbox nicht alles so mit rechten Dingen zugeht, was aber einige nicht davon abhält, dort regelmäßig einzukehren. Wir halten uns dann lieber an die Bar im 6. Stock, deren Personal mittlerweile rührend darum bemüht ist, mit ordentlich Alkohol aufzuwarten und irgendwie die Klimageräte in Gang zu bringen, um die sich alle kuscheln. Ausfälle: Michael, Little Udo