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Dienstag, Februar 01, 2011

事势第三 – Stand der Dinge #3

Job:

Einen Tag vor Alis Ankunft platzt unser Hauptprojekt und meinem Chef fällt auf, dass mein Vertrag ja im Januar ausläuft. Der wird dann also nicht verlängert. Toll, schönes Weihnachtsgeschenk. Was willste machen, ist nicht das erste Mal, dass mir betriebsbedingt gekündigt wird. Fairerweise hilft mir mein Büro aber, meine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu verlängern, da muss ich mir also keine Sorgen machen. Habe ja auch einiges auf die Seite gelegt, so dass ich entspannt suchen kann, ohne mir über Kohle Gedanken machen zu müssen. Blöd nur, dass es momentan in Shanghai schweinekalt ist, sonst hätte ich wenigstens wie verrückt trainieren können. Und das Frühlingsfest steht vor der Tür, da geht hier sowieso nichts. Naja, also Lebenslauf aktualisieren, raussschicken und abwarten. Aber die festliche Stimmung ist natürlich gedämpft.

Ali:

Hole Ali vom Flughafen ab und freue mich. In Shanghai hat es geschneit, ist also nicht besser als zu Hause. Meine Wohnung findet Ali überraschend gemütlich. Sieder flüchtet beim Anblick des anderen Mannes in meinem Leben erst mal ins Bad, wo er sich empört heulend auf das Waschbecken kauert. Nach ein wenig gutem Zureden siegt seine Neugier und er beschnüffelt das Gepäck und beginnt, sich mit Ali anzufreunden. Schon am nächsten Tag finde ich die beiden friedlich zusammengekuschelt im Bett wieder, als ich vom Einkaufen nach Hause komme. Bin gerührt. Meine beiden Männer! Schlaues Tier, so schnell hat er noch nie zu jemandem Vertrauen gefasst.
Mache Ali mit meinen Lieblingsorten bekannt, die Taikang Lu findet er natürlich auch Klasse. Meinen Geburtstag feiern wir bei Glühwein und Käsefondue nach. Meine Freunde haben ihm Geschenke mitgegeben, danke an alle! Stefanie hat Katzenspielzeug geschickt, auf das Sieder natürlich voll abfährt. Sein Liebling ist sofort eine fette rotzhässliche Naturfellmaus, die klingelt und quietscht und an einer langen Gummischnur hängt. (Von Ali und mir das „Rattenmausi“ genannt). Und von Ali kriegt er einen Mainz 05 Fressnapf. Bin happy, endlich kann mein Kater von anständigem Geschirr speisen und hat schönes Spielzeug.
Weihnachten verbringen wir auf Hainan in einem richtig geilen Resort. Wir beide sind total urlaubsreif, Entspannung pur. Heiligabend stellt man uns ein riesiges, von innen beleuchtetes Lebkuchenhaus in die Bude. Wir tauschen traditionell zu den Klängen des Weihnachtsoratoriums unsere Geschenke aus. Phantastisches Essen in sommerlicher Kleidung unter Palmen, während Bing Crosby diskret von einer Weissen Weihnacht träumt. Verrückt. War Weihnachten noch nie weg von zu Hause und ich wollte dieses Fest schon immer mal mit einen fetten Cocktail am Hals im Warmen feiern.
Muss wieder arbeiten und Ali erkundet die Stadt auf eigene Faust. Er hat Spaß, lässt sich die Haare scheren und schleppt jede Mange Nahrungsmittel an. War klar, dass mein Gemahl in der Lebensmittelabteilung von Carrefour Stunden verbringen kann. W- LAN richtet er mir auch noch ein und auch ein DVD- Spieler sowie ein Heizlüfter werden erworben. Leider lässt das Ding mehrere Male die Hauptsicherung meiner Wohnung rausfliegen, weswegen die netten Herren von den Elektrizitätswerken mittlerweile meine besten Freunde sind.
Sylvester verbringen wir in einem tollen Hotel in der Innenstadt. Wegen des Hochhausbrandes im November leider keine Feuerwerke, aber am Neujahrstag genießen wir ein hervorragendes Früh-stück mit grandioser Aussicht auf die Stadt, besuchen die Biennale im Kunstmuseum und gehen shoppen. Schade, dass Ali zum chinesischen Neujahr nicht hier sein kann.
Am ersten Sonntag des neuen Jahres gehe ich trainieren und Ali kommt später, um uns zuzuschauen. Fröhliches Wiedersehen mit dem Meister, die beiden haben sich jetzt knapp vier Jahre nicht getroffen. Das letzte Mal, als ich hier 2006 meinen Geburtstag gefeiert habe. Da muss man natürlich gemeinsam essen gehen. Keine Zappelmaid, aber der nette Teeknülch ist dabei. Xiao Lu wird auch noch schnell herbeitelefoniert. Leckeres Essen, Ali ist begeistert. Photos werden auch noch geschossen, ich freue mich.
Nach drei schönen Wochen muss mein Gatte dann leider wieder nach Hause. Setze ihn in ein Taxi und instruiere den Schergen, an welchem Terminal er ihn abzusetzen hat. Trabe zur Arbeit und bin traurig. Als ich abends nach Hause komme, erwartet mich Sieder an der Tür, kreischt vorwurfsvoll und wischt zwischen meinen Beinen durch nach draußen. Mir gefriert das Herz, das hat er noch nie gemacht. Vielleicht ist er enttäuscht, dass das nette große Menschenmännchen jetzt auf einmal weg ist und sucht es. Klare Sache: Das Vieh kommt mit nach Deutschland, egal was ich dafür tun muss.

Dienstag, Dezember 14, 2010

事势第二 – Stand der Dinge #2

Training:
Xiao Lu wundert sich, dass der Meister ihn so gar nicht nach meinen Trainingsfortschritten fragt oder was wir denn überhaupt so üben. Ob er mich denn danach gefragt habe? Nee, auch nicht. Mich wundert das auch ein wenig, entweder vertraut der Meister uns und sieht Erfolge, so dass er nicht fragt oder er hat mich abgeschrieben. Muss mich mal vorsichtig bei Rose erkundigen, wenn sie das nächste Mal kommt. Als ich Xiao Lu erzähle, der Meister fände, dass Rose die Säbelform „feichang piaoliang“ (außerordentlich schön) ausführe, ist er in seiner Ehre gekitzelt. „Rose ist fett“ sagt Xiao Lu und piaoliang sei ihre Form auch nicht wirklich, das habe er gesehen. Naja, fett ist Rose jetzt nicht gerade, wie ich finde. Gut, Damen in unserem fortgeschrittenen Alter neigen manchmal zu ein wenig mehr Üppigkeit um die Hüften und am Bauch. Aber fett? Bestimmt nicht.
Dafür werde ich jetzt gnadenlos korrigiert, das werde ich doch bestimmt hübscher hinkriegen als Rose. Versuche, mein Bestes zu geben. Und bei den Einzelbewegungen ist er auch sehr streng. Als ich einmal wegen diverser Dinge ziemlich mutlos und verzweifelt ins Training komme und mir bei seinem Gemecker irgendwann mal die Tränen in die Augen treten, denkt er, das sei seinetwegen. Ziemlich ernst erklärt er mir, ich sei jetzt über die Stufe des „xuexi“ (lernen) hinaus, das hier sei jetzt „lianxi“ (üben). Und das sei viel härter, denn am Ende stehe „gongfu“ (Können). Versichere ihm hastig, dass ich sein Vertrauen außerordentlich zu schätzen wisse und erkläre, was mich so bedrückt. Er hört verständnisvoll zu und tröstet mich. Bester Freund.
Wir freunden uns mit einer kleinen Parkkatze an, der ich öfters mal Futter mitbringe. Der arme kleine Kerl hat was am Auge und freut sich jedes Mal, wenn er uns sieht. Würde ihn am liebsten einfangen und zu einem Tierarzt bringen, aber wenn ich anfange, mich hier um jede Parkkatze zu kümmern, werde ich meines Lebens nicht mehr froh.
Kriege auch raus, was da neulich mit seinem Bruder los war. (Xiao Lu hatte mir das Training abgesagt, da sein Bruder beim Streit mit Nachbarn ein paar aufs Maul bekommen hatte und er ihn ins Krankenhaus und zu den Bullen begleiten musste).
Nachbarn haben geheiratet, wenn der Bräutigam die Braut bei ihren Eltern abholt, versuchen Freunde und Verwandte, dies spielerisch zu verhindern. Um sie umzustimmen, muss der Bräutigam dann ganz ganz viele rote Umschläge mit Geld verteilen, bevor er endlich die Braut mitnehmen darf. (Bei Yings Hochzeit war das ein Punkt des Missmutes ihrer Eltern. Ihr Gemahl hat anscheinend nicht genug Knete locker gemacht, jedenfalls der Auffassung ihrer Eltern nach).
Xiao Lus Bruder ging schauen, bekam keinen roten Umschlag und wurde dar ob sehr ungehalten. Ein Wort gab das andere, schließlich flogen Fäuste und des Bruders Nasenbein brach. 2000,- RMB, um es zu richten, ganz schön viel Geld für hiesige Verhältnisse. Und Schmerzensgeld musste auch noch gezahlt werden, ich glaube, so 5000,- RMB. Oder drei Jahre Knast. (Wer an wen kapiere ich allerdings nicht so ganz, obwohl ich die Geschichte sowohl von Xiao Lu als aucch von Meister Wu höre. Natürlich jeweils anders ausgeschmückt). Xiao Lu meint, sein Bruder sei sowieso nicht ganz richtig im Kopf. Bei der Gelegenheit erfahre ich auch, dass alle Lus unter einem Dach wohnen. Das Haus hat drei Stockwerke mit vier Parteien pro Stock. Zehn davon gehören zur Familie Lu. Krass.

Wetter:
Der November ist unglaublich schön und jetzt im Dezember verfärben sich tatsächlich auch endlich die Blätter der Bäume. Und es riecht wie bei uns im Herbst. Ziemlich viele Bäume in Park sind immergrün und es gibt auch viele Palmen, aber an unserem Trainingsgelände wächst ein Zierahorn, der sich in prächtigen Rottönen präsentiert. Viel Laub rieselt auf unser Trainingsgelände, das von Xiao Lu sorgfältig aufgefegt wird. Dabei darf ich ihm nicht helfen, fegen ist Männerarbeit. Versuche, ihm zu erklären, dass in Deutschland auch Frauen die Gasse fegen und wie wichtig es gerade in ländlichen Gegenden sei, dass Sonntags alles hübsch sauber ist. Die Deutschen sind ein merkwürdiges Volk.
Ein Typ sägt von einem der Bäume einen ziemlich dicken Ast ab. Ob das denn in Ordnung sei? Ach, kümmert doch sowieso keinen. Xiao Lu erklärt mir, dass dieser Baum sehr hartes Holz habe, aus dem man prima Siegel schnitzen könne. Und dann kann der Typ einfach so im Park einen Baum ansägen? Die Chinesen sind ein merkwürdiges Volk.
Nach chinesischer Auffassung ist Winter, deswegen trägt Meister Wu jetzt lange Unterhosen. Bis zum 11.12. ist das Wetter auch noch bombig. Heute am dritten Advent jedoch regnet es in Strömen und es geht ein unangenehmer Wind. Also ziehe auch ich lange Unterwäsche an und nehme zum Training heißen Tee mit ordentlich Ingwer, Zitrone und den mir von Xiao Lu geschenkten roten Beeren mit. Obwohl es angeblich knapp 10° über Null sind, frieren mir fast die Hände und Füße ab. Da das mit dem Fajing bei mir heute so gar nicht klappen will, halte ich Meister Wu meine Griffel unter die Nase. Die ersten beiden Glieder meines Zeige- und Mittelfingers sind weiß, die Nägel blau. Oha. Herz und Durchblutung nicht in Ordnung. Ob ich Medizin nähme? Nee, natürlich nicht. Warum und welche denn auch. Der Meister denkt kurz nach. Naja, dann aber wenigstens vor dem Schlafengehen Hände und Füße ordentlich in heißem Wasser baden. Ja, werde ich machen.
Und es soll noch kälter werden. Ab Mittwoch soll es nachts sogar frieren und vielleicht auch etwas schneien. Zum Glück habe ich bei Marks & Spencer einen flotten Daunenmantel ohne Glitzer und ordentliche Stiefel ohne Absätze gefunden. Was in China im Allgemeinen und erst recht bei meiner Größe schon ziemlich schwierig ist.

Weihnachten:
Schon seit dem ersten Advent haben die Kassiererinnen beim E- Mart, seit dem ersten Dezember auch die bei Carrefour Nikolausmützen auf und aus den Lautsprechern säuselt Weihnachtsmusik. Mein Favorit: Christmas in New York von den Pogues, gesungen von einem Kinderchor. Geil, wie engelsgleiche Stimmen die ganzen Beschimpfungen intonieren. Angesichts des (anfänglich) milden Wetters bin ich noch gar nicht in Weihnachtslaune, versuche jedoch, mich durch das Abbrennen von Kerzen besinnlich zu stimmen. Da jedoch Sieder großes Interesse an den Kerzen zeigt, sehe ich davon zügig ab. Habe keine Lust, mit einer verletzten Katze durch halb Shanghai zu jagen.
Ich lausche den Roten Rosen und schwelge in lieben Erinnerungen an vergangene Tage und an das Tote Hosen Konzert letztes Jahr.
Zur Eröffnung eines Einkaufszentrums nahe unseren Büros ist an meiner Metrostation ein buntes Riesenrad aufgebaut worden. An der Station werden sowieso Nieren gegrillt, sieht aus und riecht also fast wie Weihnachtsmarkt. Deutschland ist eingeschneit, Frankfurter Flughafen dicht. Stehe in der Metro, schaue Nachrichten und kann kaum glauben, was ich sehe. Hoffentlich kommt Ali nächsten Mittwoch da überhaupt raus.
Bei Carrefour gibt es sogar einigermaßen annehmbaren Weihnachtsschmuck. Sehe vom ursprünglich avisierten Erwerb eines Plastikbaumes ab, da Sieder den sowieso als eigens für ihn angeschafftes Spielzeug betrachten und sofort zerlegen würde. Aber eine Girlande und ein paar mattgoldene Plastikglocken als Innenschmuck gehen dann doch. Sieht sogar recht geschmackvoll aus. Jedenfalls für hiesige Verhältnisse. Da die Glocken auch bimmeln, üben sie natürlich magische Anziehungskraft auf meinen vierbeinigen Freund aus, aber er kommt nicht dran, was ihn frustriert jaulen lässt.
Da die Chinesen zu ihrem Neujahr, was in Bezug auf Familienzusammenkünfte die gleiche Bedeutung wie Weihnachten für uns hat, ihre Buden prächtig zu schmücken pflegen, muss natürlich auch Dekor für die Außenseite der Tür her. Als einzige ausländische Bewohnerin dieses Hauses muss ich schließlich Zeichen setzten. Kaufe also den kitschigsten Türschmuck, den ich bei Carrefour finden kann, einen Weihnachtsmann mit teilweise erhabenen Schriftzügen, der von pinkfarbenen, ebenfalls erhabenen Herzen umrahmt ist. Geschmacks- Overkill. So. Weihnachten und der Herr Gemahl können kommen. Mittlerweile wird auch lokal immer heftiger dekoriert, vor dem Jing’an Tempel und in Xintiandi dürfte es richtig krass sein. Mein Kollege Jingfeng erklärt mir, dass Weihnachten für junge Chinesen vor allem eine willkommene Gelegenheit zum Partymachen ist. Na denn, mögen die Spiele beginnen!

Donnerstag, November 25, 2010

漫无目的小姑娘第二 – Zappelmaid #2

14.11.2010, Sonntag

Vormittag:

Rose fragt mich diskret, ob denn da neulich im Training irgendwas mit dem Mädel losgewesen wäre? Sie etwa geweint habe? Nee, sage ich, wieso? Naja, der Meister habe da so was gesagt und sich bei Rose erkundigt, ob sie wisse, was da vorgefallen sei. Da fällt es mir wieder ein, dachte die ganze Sache sei ausgestanden. Erkläre Rose die Sache und erwähne, die kleine Zappelmaid sei keineswegs heulend von dannen gezogen, sondern habe sich vielmehr recht schnippisch betragen.
Rose hört sich das in Ruhe an und meint dann, sie habe sich schon gedacht, dass es mit dieser Göre noch Ärger geben würde. Jetzt bin ich aber neugierig. Wieso das denn? Als Englischdozentin an der Uni hat Rose natürlich einen ganz guten Einblick in das Seelenleben chinesischer Jugendlicher. Dadurch, dass die meisten von denen Einzelkinder seien, seien sie gewohnt, zu bekommen, was sie wollen. Auch wenn man ihnen klipp und klar sage, dass sie etwas nicht bekämen oder dürften, würden sie es versuchen. Außerdem haben viele einfach keine Ahnung von Etikette, da sie von Kindesbeinen an verwöhnt seien. Diesen Eindruck hatte ich bis jetzt nicht, vielmehr erschienen mir chinesische junge Menschen bis jetzt eher höflicher und wohlerzogener als die deutschen zum Beispiel. Ja, sagt Rose, oberflächlich sei das auch so. Aber hinter der Fassade sieht es wohl ganz anders aus. Interessant. Und in dem Ring, in den sich die kleine Maid jetzt begeben hat, herrschen natürlich auch noch ganz andere, traditionelle Sitten. Eigentlich schuldet sie mir und ihr als „Große Lehrschwestern“ Gehorsam und Respekt, Xiao Lu natürlich erst recht. Und dem Meister sowieso.
Wie sich herausstellt, hat die Maid wohl unmittelbar, nachdem sie von uns nach Hause geschickt worden war, völlig aufgelöst Meister Wu angerufen und heftig geheult. Ich sei gemein und unhöflich zu ihr gewesen, wie gemein und unhöflich genau, konnte oder wollte sie ihm in ihrer Aufgewühltheit wohl nicht schildern. Deswegen hatte er sich ja auch besorgt bei Rose erkundigt. Dieses kleine Miststück!
Bin jetzt doch leicht beunruhigt. Immerhin steht hier die Aussage einer Einheimischen gegen die einer Ausländerin mit miesen Sprachkenntnissen. Nee, sagt Rose, ich solle mir mal keine Gedanken machen. Da vor allem Xiao Lu der Zappelmaid schon mehrere Male gesagt habe, sie könne nicht mit uns trainieren und der Meister schon wisse, dass die Maid eher schlichten Gemütes sei, ginge das schon klar. Sie führt als Beispiel genau die Sache mit dem uneingeladenen Auftauchen auf einer Party auf, die ich der Maid schon um die Ohren gehauen hatte. Bin trotzdem noch besorgt, auf keinen Fall will ich, dass Meister Wu eine schlechte Meinung von mir hat. Rose steckt mir dann auch noch ganz diskret, dass mein Nachmittagstraining mit Xiao Lu sowieso quasi unerhört sei. Eine Schülerin lernt vom Meister UND von seinem Meisterschüler, dass Meister Wu sowas zulässt, ist schon eine ganz große Sache und wird anscheinend in Shanghaier Kampfkunstkreisen heiß diskutiert. Versuche Rose zu erklären, dass unser Nachmittagstraining eher so eine gemeinsame Toberei zwischen uns beiden und kein richtiger Unterricht ist und sich das über die Jahre irgendwie mal so ergeben hat. Rose versteht das schon, aber mach das mal den anderen klar. Verstehe allmählich, was für hohe Privilegien ich hier genieße und was das andersherum für mich heißt.
Wir sind gerade mit unserem Gespräch fertig, als die Maid wie immer verspätet anzappelt. Kann nur schwer widerstehen, ihr die Augen auszukratzen. Heute gibt es einen Teil der bestellten Klamotten, die Maid hastet gleich aufs Klo, um sich umzuziehen. Man kann ihr richtig ansehen, wie glücklich sie ist, jetzt gehört sie zumindestens optisch voll dazu. Bei den Einzelbewegungen hofft sie, auch endlich ihre Ärmel flappen zu lassen. Klappt natürlich nicht, im Gegenteil. Jetzt sieht man erst mal richtig, wie schlecht sie sich bewegt.

Nachmittag:

Erzähle Xiao Lu völlig empört von der Aktion der Zappelmaid, der darüber nur den Kopf schütteln kann. Was sind Frauen kompliziert! Nee, ich doch nicht, nur die chinesischen. Meine Bedenken, der Meister könne schlecht von mir denken, zerstreut er. War schon in Ordnung, der Maid den Marsch zu blasen, auch wenn das vielleicht nicht gerade die feine chinesische Art war.
Rocky gesellt sich zu uns und versucht mit zu üben, allerdings erkläre ich ihm mit einem entwaffnenden Lächeln, dass dies Xiao Lus und meine private Trainingszeit sei. Da merkt man doch gleich den Unterschied: Er zieht sich sofort zurück und packt allerlei interessante Waffen aus seinem Rucksack. Unter anderem stählerne Armreifen, muss gleich an den Film „Gong Fu“ mit dem Heiligen Stephen denken. Aus irgendwelchen Gründen kann Xiao Lu Rocky nicht leiden. Trotzdem ist er nett zu ihm, sehr chinesisch. Ich weiß schon, dass es durchaus Unterschiede zwischen Nett und richtig ehrlichem Nett gibt, kann die aber noch nicht unterscheiden. Schwierig, mysteriöses China.
Der Meister hat Rocky auch gesagt, dass er ihn nicht unterrichten wird, liegt wohl daran, dass er schon zu sehr auf die harten Stile eingenordet ist und sich nicht entspannt bewegen kann. Mir tut er ja irgendwie leid, denn ich finde ihn freundlich und höflich, wenn auch manchmal etwas anstrengend, da er sehr leise redet.
Wir plaudern ein wenig und dann übt Rocky seinen Kram und wir unseren. Nach etwa eineinhalb Stunden verabschiedet er sich kernig und zieht von dannen. Jetzt darf ich den Säbel auspacken.
Die Säbelform habe ich zu Hause geübt, soweit das ohne Schäden am Mobiliar möglich war. (Sieder war davon auch entzückt und stelle sich mit angriffslustig erhobenen Vorderpfoten auf die Hinterbeine. Er sah dabei exakt so aus wie der Gestiefele Kater aus Shrek. Musste so lachen, dass mir fast mein Übungsgerät aus der Hand gefallen wäre).
Xiao Lu ist einigermaßen zufrieden und biegt in jeder Stellung meine Hand um Millimeter in die richtige Stellung. Und damit ich auch ja kapiere, was ich da mache, werden natürlich auch Anwendungen geübt.
Eine dicke schwarze Katze hat einen kleinen Vogel gefangen. Da muss man ja mal nach dem Rech
ten sehen, Xiao Lu verfolgt die Katze und kommt mit dem Vögelchen in seiner großen Pranke wieder. Das Tier wird eingehend untersucht, ob das Rote auf seiner Brust wohl Blut ist? Nee, nur Federn. Äußerlich hat der Vogel keinen größeren Schaden genommen, die Flügel sind von der Katze aber schon arg zerzaust. Der kleine Patient wird in Xiao Lu´s Jackentasche geborgen, er stellt sicher, dass das Tier auch ordentlich atmen kann. Danach wird in regelmäßigen Abständen nach dem Vogel geschaut, ich wundere mich, dass er den Nachmittag überhaupt übersteht.
Diese Aktion finde ich jedoch sehr rührend, ich sage Xiao Lu, er sei ein guter Mensch und käme bestimmt in den Himmel. Da muss er lachen.

Samstag, November 20, 2010

生日- Geburtstag

31.10.2010, Sonntag

Vormittag:

Lasse Abendbrot für ein paar Brötchen und ein Marzipan- Mandelhörnchen als Geburtstagskuchenersatz antanzen. Kann mich vor dem Training also an guten deutschen Backwaren laben, Käse hatte ich schon zu horrenden Preisen im Cityshop erstanden.
Xiao Lu versetzt mich zum Aufwärm- Training, aber das Wetter ist so klasse, dass heute absolut nichts mir die Stimmung verderben kann. Sonne mich und schaue dem munteren Treiben im Park zu, schließlich betrete ich unsere Arena und dehne mich schon mal, bis der Meister kommt. Rose, Jud und der Teeknülch kommen heute, von der Zappelmaid bleiben wir verschont. Dafür lässt sich Locke mal wieder blicken, der auch gleich Kippen verteilt. Gott ist Shanghaier.
Dass ich Geburtstag habe, verschweige ich den anderen gegenüber lieber diskret. So oder so würde das sonst in einem üppigen Essen mit ordentlich Alkohol enden, das möchte ich am hellen Tag nicht so. Lieber abends. Nicht, dass ich zu geizig wäre, meine Trainingskameraden einzuladen, aber auf Saufen habe ich jetzt keinen Bock. Und Xiao Lu ist ja auch nicht dabei.

Nachmittag:

Von Ali eine süße Karte mit einem Zitat von Victor Hugo: "Gott schuf die Katze, damit der Mensch einen Tiger zum Streicheln hat". Das lese ich erst mal vorwurfsvoll Mike Sieder vor, der daraufhin leise jault. Meine Schwiegermutter hat einen Brief geschrieben, den Ali eingescannt und mir gesendet hat. Bin total gerührt.

Warte wie üblich auf meiner Bank auf Xiao Lu. Sonnenschein, wie schön ist doch der Teich im Heping Park! Das Licht ist magisch und ich fühle mich einig mit dem Universum.
Als Xiao Lu um fast Viertel nach drei noch nicht da ist, werde ich dann doch langsam etwas unentspannt: Sollte der mich tatsächlich vergessen haben? OK, fast schon mit gerechnet, aber ich habe ja noch Plan B.
Und da biegt auch schon Xiao Lu lässig um die Ecke, in der einen Hand einen Strauß voller Lilien, in der anderen einen Säbel. Wow, zum Geburtstag Blumen und eine Waffe! Andere Weiber freuen sich da über Schmuck und Parfüm oder so und ich reiße an meinem 44. Geburtstag in einem Park irgendwo in Shanghai, China einen Übungssäbel aus seiner Scheide. Ich glaube, es gibt weltweit nicht sehr viele Frauen, die meine Begeisterung nachvollziehen können. Xiao Lu wiegelt ab: Ach was, der Säbel ist ein altes Ding, nicht wirklich klasse und wegen seiner leicht flexiblen Klinge eher eine Übungswaffe für Kinder. Das Kind möchte ich sehen, dass dieses Teil locker durch die Gegend schwingt! Ich finde diesen hier schon ganz schön schwer, jedenfalls schwerer als jedes meiner Schwerter. Und bei Säbel ist viel lockere Arbeit aus dem Handgelenk angesagt. Möchte nicht wissen, was so ein richtig anständiger Kampfsäbel auf die Waage bringt, wahrscheinlich würde ich so ein Ding gar nicht anheben können. Bin jedenfalls überglücklich, dass ich jetzt endlich mal einen richtigen Eindruck von der Handhabung kriege, allerdings merke ich, dass ich von Schwert und Fächer ganz schön beeinflusst bin. Bei diesen Formen werden Daumen, Zeige- und Mittelfinger nach vorne gestreckt, blocken oder liegen am Puls. Beim Säbel macht man das mit der flachen Hand, ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich die Schwertfinger mache. Xiao Lu leider auch, wenn knurren nicht hilft, gibt es was mit dem Stock. Aber eine richtig geile Form und trotz des im Vergleich zu Schwert eher grob anmutenden Übungsgerätes dennoch sehr elegant und vor allem sehr schnell.
Xiao Lu lädt mich noch in ein sehr gutes Restaurant zum Essen ein, wir plaudern sehr fröhlich und teilen uns zwei Flaschen Bier. Ich steige beglückt mit meinen Lilien und dem Säbel in den Bus, ein schöner Abend!
Skype mit Ali und mit Stefanie, chatte mit Lilo und mittlerweile trudeln auch einige Glückwünsche ein. Danke allen, die an mich gedacht haben, hatte einen schönen Tag hier, obwohl ich natürlich meine Freunde vermisst habe.

Mittwoch, November 17, 2010

家常第四 – Alltag #4

  • Einer unserer Bauherren wünscht eine Feng- Shui Beratung, dass finden wir natürlich irre spannend. Bei der Besprechung mit dem Meister auf dem Bauplatz in einem Vorort Shanghais ist dann auch unser gesamtes Projektteam dabei, ob der wohl unseren ganzen Entwurf über den Haufen schmeißt? Der Meister kommt in Begleitung seines Aktentasche tragenden Assistenten, der Ähnlichkeit nach sein Sohn. Marc und ich sind fast enttäuscht, wir hatten da so einen Opiumpfeife schmauchenden alten Zausel mit langem Fadenbart in traditionellen Gewändern erwartet, statt dessen kommt ein eher farbloser, kleiner, dicklicher älterer Herr. Der sieht sich zunächst den Entwurf an, spannend wird es erst auf dem Baugelände, als der Assistent die lederne Aktenmappe öffnet und den Feng- Shui Kompass zückt. Der Meister hantiert eine Weile damit rum und macht sich Notizen, während wir ihm gespannt über die Schulter schauen. Dann will er noch den Geburtstag des CEO wissen und das war es dann. Später erfahren wir, dass der Meister einen Stundensatz von 10.000,- RMB hat. Mein Kollege Xianqi fragt den Meister mal so nebenher, vor seinem Appartement sei so ein Garagenblock, der in einem so blöden Winkel darauf zeige, ob das schlecht sei? Er macht schnell eine Skizze, der Meister ist der Meinung, das könne schlecht für die Gesundheit sein, aber genaues könne man natürlich erst nach eingehender Begutachtung sagen. Nach drei Tagen ist das Gutachten da, zwei Seiten. Ist schon alles OK, aber den Eingang sollten wir nach Osten verlegen. Für diese Erhellung hat der Bauherr 30.000,- RMB geblecht. Und Xianqi ist zwei Tage lang krank. Geil. Will auch Feng- Shui Meisterin werden.
  • Die Expo nähert sich endlich ihrem Ende und wir werden zur Abschiedsparty des deutsch- chinesischen Hauses eingeladen. Lustiger Abend, die Protokollchefin des deutschen Pavillons ermöglicht mir und meinen chinesischen Kollegen noch VIP- Zugang zu unserem Expo- Beitrag. Die Chinesen sind begeistert über dieses Privileg, ich wäre da auch so mit meinem deutschen Pass reingekommen. Bin überrascht, wie cool sich Deutschland präsentiert und verstehe, warum das einer der beliebtesten Pavillons war. Aber die Kugel in der „Energiezentrale“ finde ich etwas peinlich. Am Ende betrinken wir uns in Chile, werden nach Angola nicht rein gelassen und rocken in Dänemark bis in die Morgenstunden. So, Expo und ihre legendären Partys auch abgefrühstückt, zum Glück ist das hier bald vorbei und in Shanghai ist wieder Ruhe.
  • Herbst in Shanghai, die Temperaturen sind frühlingshaft, manchmal kriegen wir aber auch Kaltfronten und Sandstürme aus dem Norden. In der Helongjiang Provinz wüten schon die ersten Eisstürme, der Flughafen in Harbin ist tagelang gesperrt. Für mich merkwürdig: Das Laub der Bäume verfärbt sich hier nicht so schön wie bei uns, sondern wird einfach nur gelb und fällt glanzlos auf den Boden. Als ich das Xiao Lu gegenüber erwähne, kriegt sein Gesicht einen träumerischen Ausdruck. Ja, in einigen Provinzen hier sei das auch so, aber mit eigenen Augen gesehen habe er das noch nicht. Bestimmt feichang piaoliang… Ich schwöre mir innerlich, meinem großen Bruder eines Tages die Schönheit des deutschen Herbstes zu zeigen, vielleicht klappt das ja mit einem Seminar nächsten Oktober.
  • Meine Chinesisch- Lehrerin heiratet und lädt mich zu ihrer Feier im November ein. Habe ja den leisen Verdacht, dass die ausländischen Schüler nur deswegen eingeladen werden, weil sie voraussichtlich mehr Kohle spenden, fühle mich aber trotzdem geschmeichelt. Die Feier wird im Shanghaier Zoo steigen, was mich sehr freut. Habe meine Diplomarbeit über den Frankfurter Zoo geschrieben und liebe Tiergärten, im hiesigen war ich noch nicht. Mache mich schon mal schlau, wo dort die Tiger wohnen. Allerdings stürzt mich diese Einladung auch in tiefe Konflikte: Wie viel Geld ist angemessen? Meine chinesischen Kollegen sind sich da auch nicht so ganz einig, aber alles unter 500,- RMB wäre unverschämt. Und das ist eine blöde Zahl, 600 ist schon besser. Richtig gut ist irgendwas mit 8. Also so 800 oder 888. Ganz schön viel Flocken für hiesige Verhältnisse, aber da ich von Anfang an in alle Probleme der Hochzeitsplanung eingeweiht war (Thema des Unterrichts, natürlich alles auf Chinesisch) weiss ich, dass alleine das Essen pro Gast fast 500,- RMB kostet. Da will man natürlich nicht abstinken. Kaufe jedenfalls schon mal den kitschigsten Hongbao (roten Umschlag), den ich finden kann und fange an, kleinere Geldnoten zu sammeln, damit ich auf die Glückszahl komme.
  • Schon seit Wochen droht man uns mit der Volkszählung. Die Chinesen sind überhaupt nicht begeistert darüber, weil sie quasi die Hosen runterlassen müssen und so kleine Ungesetzmäßigkeiten wie zusätzliche Kinder, nicht versteuerte Wohnungen und dergleichen dadurch ans Licht kommen. Wir Ausländer werden zum ersten Mal mit erfasst und werden durch die Medien beruhigt: Nein, nur ein paar Fragen und die Volkszähler haben auch einen Ausweis dabei, alles ganz locker. Die Volkszählung beginnt am Montag, dem 1. November und soll in zehn Tagen über die Bühne gehen. Anhand der geschätzten Zahl von 1,3 Milliarden Chinesen erscheint mir das ganz schön optimistisch. Meine Kollegen wurden schon sanft vorbereitet, bei mir zeigt sich keiner. Sonntags abends um halb neun ist es denn endlich so weit. Unterbreche mein Telefonat mit Ali, zeige meinen Pass und meine Arbeitserlaubnis (wegen meines chinesischen Namens), gebe Hochschulabschluss und Zweck und Dauer meines Aufenthaltes an. Das war es. Bin Teil einer Statistik. Cool. Dass es eigentlich zur Motivation an der widerstandslosen Teilnahme Geschenke geben sollte, erfahre ich erst hinterher. Habe keines bekommen, Mist!

男朋友 - Boyfriend

Da ich abends und am Wochenende in meiner Wohnung und der Kater im Büro so einsam sind, nehme ich den kleinen Kerl dann doch wieder bei mir auf.
Sieder lebt fortan wie ein Prinz und wird mit erlesenen Happen zum Frühstück verwöhnt. Seinem Namensvetter, einem Professor für Statik an der TU München macht er bald alle Ehre, indem er herausfindet, wie man eine geschlossene Tür öffnet. Bin zwar sehr stolz auf die Schlauheit meines kleinen rothaarigen Freundes, aber da wir beide durchaus unterschiedliche Auffassungen von Aufsteh- , Spiel- und Fütterungszeiten haben, kann das auch schon mal zu wechselseitigen Unmutsbezeugungen führen. Jedenfalls werde ich gerne um halb sechs morgens durch sanfte Pfotenhiebe und herausforderndes Kreischen geweckt und finde mich in gelbe riesige Katzenaugen starrend wieder. Das geht so lange, bis ich mich fluchend erhebe. Damit das Tier nicht etwa denkt, ich würde nur seinetwegen aufstehen, mache ich dann erstmal mir Frühstück, bevor ich ihm sein leckeres Nassfutter in den Napf kippe. (Nein, ich dekoriere es nicht mit Petersilie). Aber so erlebe ich viele grandiose Sonnenaufgänge und bin früh im Büro.
Mike erweist sich auch als begeisterter Fußballer, er steht in der Regel im Tor und ich kicke Elfmeter mit einem kleinen Schaumstoffball. Muss sagen, dass er echt gut hält, vielleicht sollte ich ihn den Mainzern als Teammaskottchen anbieten. Ertappe mich dabei, dass ich mit dem Kater rede wie mit einem Menschen, werde ich langsam wunderlich? Egal, wir sind eine gute Wohngemeinschaft. Bin mal gespannt, wie Ali und er sich vertragen werden.

Montag, November 15, 2010

漫无目的小姑娘 – Zappelmaid

16.10.2010, Samstag

Schlafe erst mal schön aus und schwinge entspannt zum Nachmittagstraining mit Xiao Lu in den Park. Am Eingang werde ich Zeugin eines wüsten Gerangels, auch zwei Damen mischen kräftig mit beziehungsweise versuchen, die Streithähne auseinander zu halten. Ja, die Shanghaier, ein lustiges Völkchen. Das gefällt mir hier so. Habe mal gehört, dass die Koreaner allerdings wesentlich schneller die Fäuste fliegen lassen und Wirtshausschlägereien dort an der Tagesordnung sind.
Warte wie üblich lesend auf meiner Bank in der Sonne auf Xiao Lu, wir haben uns jetzt über eine Woche nicht gesehen und ich freue mich darauf, mit ihm zu üben und zu plaudern. Wir begrüßen uns fröhlich und schlendern zum Übungsgelände, mich trifft der Schlag: Da steht die kleine Zappelmaid und dehnt sich. Auch Xiao Lu ist offensichtlich überrascht, ich bin so dermaßen außer mir vor Wut, dass ich mich umdrehe und zum Parkausgang stürme.
Xiao Lu brüllt hinter mir her, ich solle zurückkommen, aber ich sehe rot. Als ich schon fast draußen bin, halte ich inne: Soll ich diesem kleinen Luder einfach kampflos das Feld überlassen? Nein, sicher nicht, wird Zeit, dass die mal in ihre Schranken gewiesen wird. Also Umkehr und dann wird Xiao Lu, der unsere Arena fegt, Zeuge eines Gekeifes auf Englisch, das sich gewaschen hat. (Als Shanghaier dürfte er das von Weibern allerdings gewohnt sein).
Die Zappelmaid eröffnet trotzig das Gefecht. Sie wolle doch nur zusehen, dies sei schließlich ein öffentlicher Park und sie wolle ja auch nur Xiao Lu, nicht mich beobachten. Aha, und warum habe sie dann Trainingsklamotten an? Und habe sich warm gemacht? Ja, äh….also… Ich mache ihr klar, dass dies kein offizielles Training sei, sondern eine private Verabredung zwischen mir und Xiao Lu. Wie sie es denn finden würde, wenn sie zum Beispiel eine Party gäbe und jemand tauche uneingeladen auf? (Was mich besonders ärgert: Sie hatte ihn schon mehrere Male diskret bei Xiao Lu angefragt, ob sie mittags mitmachen dürfe und jedes Mal eine abschlägige Antwort erhalten. Jetzt versucht sie es mit Dreistigkeit, für mich hört da der Spaß auf).
Worte fliegen hin und her und gelegentlich versucht Xiao Lu erfolglos einzulenken, wenn er eine Schlüsselphrase aufschnappt. Schließlich fleht mich die Maid fast an, sie wolle doch nur kurz mit Xiao Lu reden, er sei doch ihr Freund und ich sei doch auch ihre Freundin.(Als ob ich über Xiao Lu gebieten würde!)
Für mich hat das mittlerweile den Charakter einer schlechten Seifenoper und ich habe keine Lust, noch weiter mitzuspielen.
Jetzt bin ich an der Reihe und es folgt eine typisch chinesische Szene. Ich entschuldige mich wort-reich für mein Ausflippen, wenn die Maid und Xiao Lu plaudern wollten, wolle ich nicht im Wege sein. Hänge mir meine Tasche um und mache lächelnd Anstalten, zu gehen. Xiao Lu ist alarmiert.
Neinnein, sagt die Zappelmaid, sie wolle doch nur kurz mit Xiao Lu quatschen, dann ginge sie. Dieses Pingpong geht eine Weile, dann hänge ich die Tasche wieder an den Baum, zerre mein Buch raus, setze mich auf einen Stein und tue so, als ob ich läse, während die Maid sich mit Xiao Lu unterhält.
Da ich außer mit Xiao Lu nie viel rede, werden meine Chinesisch- Kenntnisse oft unterschätzt und jetzt bin ich dankbar dafür. Denn die Maid fragt ihn, ob sie denn jetzt mitmachen oder wenigstens zuschauen dürfe und wird voll abgebügelt.
Erstens müsse sie deswegen den Meister fragen, zweitens aber dann auch gefälligst endlich mal Unterrichtsgebühr bezahlen. Da der Meister diese von ihr bis jetzt abgelehnt habe, sei sie sowieso keine vollwertige Schülerin. Und selbst wenn Meister Wu zustimme, könne sie Samstag und Sonntag keinesfalls mitmachen. Drittens solle sie zusehen, dass sie die Grundlagen draufbekomme, bevor sie hier mit Fortgeschrittenen üben wolle. Höfliches Geplänkel zwischen den beiden, die Maid trollt sich kleinlaut.
Entspanntes Training mit Xiao Lu, der mir versichert, dass er erstens keine andere Frau außer mir in die tiefen Geheimnisse des Heyi Tongbei einweisen würde und zweitens die Zappelmaid nur unterrichten würde, wenn Meister Wu das ausdrücklich befähle. Dann aber auch nur die Grundlagen. Und ich solle mich nicht aufregen, das sei sehr schlecht für den Blutdruck.
Ich entschuldige mich, ich sei sehr unhöflich gewesen, was will man machen, deutsches Tempera-ment, bu hao. Aber mir sei durchaus bewusst, dass ich in diesem Land nur zu Gast sei und ich mich den Sitten anzupassen habe, ich erwähne, dass ich mich bei der Maid bereits entschuldigt habe und das gerne morgen nochmal täte. Nee, sagt Xiao Lu, die Maid habe da schon Scheiße gebaut, wisse jetzt Bescheid und die Sache sei vom Tisch. Na denn.

17.10.2010, Sonntag

Xiao Lu und ich treffen uns wie immer eine Stunde vor Trainingsbeginn zum Warmüben. Bin mal gespannt auf die Begegnung mit der Maid.
Die kommt denn auch pünktlich und hält sich bescheiden im Hintergrund. Kein Wort über den gest-rigen Konflikt. Meister und Teeknülch erscheinen gemeinsam, auch ein junger Knabe, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe. Sein Vater hält wohl große Stücke auf Meister Wu und möchte, dass sein lascher Sohn sich anhand der traditionellen Kampfkünste körperlich ertüchtigt. Der Knabe hat ganz klar keine Lust, was ich verstehen kann. Fand Balletunterricht auch blöd als Kind und war froh, dass ich irgendwann mal so groß war, dass das keinen Sinn mehr machte. Dennoch bemüht sich der junge Mann, leider wenig erfolgreich. Auch Jeremy läuft irgendwann mal auf. Schlimmer Finger, hat jetzt schon vier Weiber geschwängert und seine aktuelle Gattin liebäugelt mit einem anderen Kerl. Soweit ich verstehe, hat sie Jeremy gefragt, ob da nicht eine kleine Menage a trois ginge. Ob sowas im Westen üblich sei, will Meister Wu wissen. Nee, so verdorben sind selbst wir nicht. Die Maid ist ungewöhnlich still.
Meister Wu ist blendender Laune und lädt uns zum Essen ein. Ich sehe meine Chancen auf ein inti-mes Nachmittagstraining schwinden, da Alkohol im Spiel sein wird, den Xiao Lu nicht verträgt.
Am Parkeingang werden saisongerecht bemalte Flaschenkürbisse und deren Samen feilgeboten. Ob wir die in Deutschland hätten, will Xiao Lu wissen. Naja, Kürbisse schon, aber nicht diese, höchstens als Dekorationsobjekte. Was? Dann müsse man das schleunigst ändern. Diese Kürbisse seien sehr schmackhaft und man könne sehr nahrhafte Suppen daraus machen. Er ersteht für ein paar Fen Kürbissamen, die mir mit der eindringlichen Mahnung, diese in Deutschland auszusähen übergeben werden. Ich verstaue die Samen mit großer Sorgfalt, werde ich dann Ali mitgeben. Meine Schwiegermama kriegt die Teile sicherlich zum keimen. Und von diesen roten getrockneten Beeren wird auch noch ein Beutel gekauft und mir geschenkt. Gut für die Augen und den Magen. Die Zappelmaid betrachtet uns mit schmalen Augen.
Leckerer Schmaus und prächtige Unterhaltung. Ich schaffe es, mächtigen Alkoholkonsum vorzutäu-schen und dabei nur ein kleines Glas Bier zu trinken, der neben mir sitzende Xiao Lu muss jedoch eine ganze Flasche leeren. Das war es denn mit dem Nachmittagstraining, aber dafür habe ich lecker gegessen und mich wunderbar unterhalten.

Sonntag, Oktober 24, 2010

丽露第三 – Lilo #3

14.10.- 15.10.2010, Donnerstag/ Freitag

Lilo ist sicher gelandet und trifft sich nach einer kleinen Stärkung mit Tori zum Shoppen. Nach der Arbeit stoße ich im Starbucks zu den Damen, Tori berichtet von ihrer Reise nach Tibet und Lilo hat natürlich mal wieder ein elektronisches Spielzeug erworben. Ein Taschenübersetzter, auf dessen Bildschirm man direkt Schriftzeichen malen kann. Nützlich. So was hatte ich schon für den Meister im Sinn, der nicht immer sicher in der Pinyin- Umschrift ist.
Lilo hat nach dem Shoppen Hunger, ich schlage das gute alte Vegetarian Lifestyle vor. Gierig ordern wir natürlich viel zu viel und werden von der Kellnerin ermahnt. Schaffen aber dann doch fast alles. Ich werde gefragt, ob ich eine VIP- Karte hätte? Nee, aber ich hätte gerne eine. Und das schon seit Jahren. Das Lifestyle ist da aber sehr knauserig, immerhin bekomme ich jetzt eine kleine Pappkarte, die ich mir bei jedem Besuch abstempeln lassen kann. Nach zehn Stempeln gibt es dann die begehrte VIP- Karte. Bin erfreut, meinem Ziel endlich näher gekommen zu sein.
Anschließend Absacker in der Captains Bar, die Mädels sind begeistert von dem Ausblick auf das glitzernde Pudong. Auch mir als alter Shanghaierin geht hier jedes Mal das Herz auf. Und in Deutschland kann man Mitte Oktober bestimmt nicht mehr im Freien sitzen.

Freitag fliegt Lilo, damit sie auch ja China und Shanghai in guter Erinnerung behält, geht sie mit mir und meinen Kollegen im Chongqing- „Restaurant“ zu Mittag essen. Da sie erst nächstes Jahr im Oktober wieder kommt, wollte ich sie den Flieger nicht besteigen lassen, ohne den köstlichen Jiachang Doufu gekostet zu haben. Und außerdem ist das meine letzte Chance, mit meiner Freundin zu quatschen. Shanghai zeigt sich von seiner schönsten Seite, das Wetter ist prächtig und erwartungsgemäß mundet das Essen hervorragend. Wie sich herausstellt, ist meine Vermieterin mit einem Klempnertrupp heute Morgen um halb acht angerückt und hat Lilo aus dem Bett geschmissen. Das ist natürlich wenig nett, aber wie es scheint, funktioniert der Abfluss nach drei Anläufen zur Reparatur und Sauerei im Badezimmer jetzt wieder.
Abschied von Lilo, war so nett mit ihr und wir werden uns jetzt eine ganze Weile nicht sehen, traurig. Aber ich kann mich ja auf meinen nächsten Besucher hier freuen: Ali kommt Weihnachten für drei Wochen. Eine davon werden wir in einem hübschen Resort auf Hainan verbringen und schön entspannen. Und ich werde ihm dann mein Shanghai zeigen zu können.
(Die beiden Tage aus Lilos Sicht kann man hier nachlesen.)

Donnerstag, Oktober 21, 2010

放假第四次 – Ferien #4

30.09.2010, Donnerstag

Morgen ist der erste freier Tag unserer Ferienwoche, eigentlich wollte ich ausschlafen und habe deswegen extra die Ayi abbestellt. Bin davon ausgegangen, dass am Nationalfeiertag sowieso niemand Lust auf Training hat. Chat mit Xiao Lu, er ist ab halb neun im Park. Na gut, dann doch Training.
Der Zustand meiner Hand hat sich nur unwesentlich verbessert, bin deswegen ziemlich unglücklich. Der nette Arzt in der Ausländerabteilung des Huashan- Krankenhauses (empfehlenswert) erklärt mir, dass ich mir da wohl den Radialis- Nerv ziemlich übel gequetscht habe. Auch bekannt als Fallhand oder „Parkbank- Syndrom“. Kann dauern, nichts zu machen. Mist.
Da wir eine Woche frei haben, kann Mike Sieder, unsere Bürokatze natürlich nicht so lange alleine im Büro bleiben. Erkläre mich bereit, den kleinen Kerl bei mir aufzunehmen. Nach der Arbeit wird Mike in die von mir eigens besorgte Transporttasche gelockt und mitsamt Klo, Futter und Spielzeug in ein Taxi verfrachtet. Der erste Taxifahrer schmeißt uns auch prompt aus seinem Fahrzeug, er mag wohl keine Tiere. Wüste Beschimpfungen, der zweite Taxifahrer ist ein Netter und nimmt regen Anteil an Sieders Gejaule, der über seine Gefangenschaft in der zwar schicken aber doch einengenden Tasche natürlich nicht sehr begeistert ist. Konversationen mit chinesischen Taxifahrern können den Sprachkenntnissen echt dienlich sein, wie ich schon mehrfach festgestellt habe.
Sieder erkundet vorsichtig meine Wohnung, zum Glück rafft er ziemlich schnell, wo er seine Geschäfte zu verrichten hat. Dass er mir beim Pinkeln zuschaut, mag dabei geholfen haben. Er erweist sich als sehr höflicher und angenehmer Gast.

01.10.2010, Freitag- 08.10.2010, Freitag

Vormittags, Meister Wu:

 Prächtiges Wetter und herrlich entspannte Trainingstage, die Zappelmaid ist wohl auf Hei-maturlaub. Stattdessen üben Rose und Jud öfter mit, so wird Fortgeschrittenenprogramm gefahren. Und mit der Säbelform wird auch endlich angefangen. Keine sehr kluge Idee mit einer immer noch widerspenstigen Hand, aber wir üben ersatzweise mit Stöcken, die nicht sonderlich schwer sind. Auch wieder doof, denn so weiß ich nicht, ob ich diese Waffe auch richtig handhabe. Säbel haben ja im Unterschied zu Schwertern nur eine scharfe Seite und die sollte dann schon effektiv eingesetzt werden. Macht nichts, Hauptsache, ich kriege den Bewegungsablauf drauf und der hat nichts mit dem zu tun, den ich von meiner Schwertform kenne. Klar, andere Waffe.
 Jud bringt seine Profi- Kameraausrüstung mit und nimmt Xiao Lu´s Mian Zhang aus mehreren Perspektiven auf. Helle Aufregung im Park, da wird gefilmt! Massenauflauf. Anschließend filmt der Meister unter Xiao Lu´s und meinen kritischen Blicken Jud bei der Tai Zu Form. Jud möchte das jeden Monat aufnehmen, um sich korrigieren zu können, keine schlechte Idee, wie ich finde. Ich verzichte auf das Vorturnen vor Kamera, nach Sichtung des Materials sind wir der Meinung, dass Xiao Lu eine Karriere als Wujia- Filmdarsteller einschlagen sollte. Der lacht und winkt ab, versuche, ihn mir in historischem Fummel und mit langen Haaren vorzustellen. Schwierig.
 Spontane „Früher war alles besser“ Diskussion. Habe Meister Wu selten dermaßen erregt gesehen, lautstark äußert er sich über die Ungerechtigkeit des Systems und die Tatsache, dass für die einfachen Bürger die Lebenshaltenskosten und die Kosten für medizinische Versorgung ins Unermessliche schießen, während korrupte Beamte alles in die eigene Tasche stecken und die Reichen immer reicher werden. Und auch mein großer Bruder hat dazu was zu sagen: Warum stützt China den Euro und insbesondere Griechenland, wo doch so viele Chinesen gerade auf dem Lande im Armut leben? Und erntet dafür nur Undank, die westlichen Länder fordern eine Abwertung des Yuan! Soll sich China doch erst mal um seine eigenen Leute kümmern! Aber leider dürfe man gegen sowas ja nicht demonstrieren, sonst käme man in den Knast. Habe von Volkswirtschaft ja nur eine eher diffuse Ahnung, die ich auf Chinesisch schon gar nicht formulieren kann. Außerdem fühle ich mich als Ausländerin nicht berechtigt, zum Thema Regierung und dergleichen irgendwelche Kommentare zu äußern. Schaue mich aber vorsichtshalber nach eventuell in den Büschen lauernden Schergen der Staatssicherheit um und krame verzweifelt nach Phrasen wie „Ich will meinen Konsul sprechen“ und „Ich habe mit dieser Sache nichts zu tun“ in meinem Wortschatz. Zum Glück kann Rose die ganze Situation etwas beruhigen.
 Der nette Baji- Typ schaut auch öfters mal vorbei und erkundigt sich vorsichtig nach meinem Namen. Er selber nennt sich „Rocky“. Aha. Muss sehr an mich halten, um mich nicht vor Lachen schreiend auf dem Boden zu wälzen.
 Hasenzahn hat seit Neuestem einen Schüler, dem er die hohe Kunst des Xingyi beibringt. Sehr knackiger Knabe Ende Zwanzig, im Sommer habe ich ihn schon beobachtet, wie er in knappen Hosen und mit nacktem Oberkörper einen jungen Baum attackierte. Augenweide. Witzigerweise sieht er von den Gesichtszügen her meinem Lieblingscousin ziemlich ähnlich, überhaupt entdecke ich häufiger Chinesen, die mich an irgendwelche Leute in Deutschland erinnern. Hasenzahns Trainingsmethoden finden wir aber alle nicht so toll, der leckere Knabe übt unter voller Anspannung. Was soll es, weide mich heimlich an seinem makellosen Körper, richtig hübsche und gut gebaute Männer kriegt man ja hier nicht so oft zu sehen.


Nachmittags, Xiao Lu:

 Training mit Xiao Lu, es wird langsam Herbst und in der Luft hängt der süße Duft des Osmanthus. Ich liebe diese Jahreszeit am meisten, vor allem das Licht am Spätnachmittag, das dem Park eine verwunschene Atmosphäre verleiht. Wenig Leute unterwegs, wir üben sehr gewissenhaft alle 24 Einzelbewegungen unseres Stiles unter verschiedenen Aspekten. Ich lerne viele Dinge, die regulären Schülern so nicht unbedingt beigebracht werden und muss versprechen, dieses Wissen auch nicht weiter zu geben. Warum Xiao Lu ausgerechnet mich zu sowas auserkoren hat, werde ich nie verstehen. Vielleicht hatten wir ja in einem früheren Leben eine innige Beziehung, Waffenbrüder oder so was. Ich glaube zwar nicht an Reinkarnation, aber wenn man in Asien lebt, beginnt man doch einige westliche Sichtweisen in Frage zu stellen.
Was die Säbelform angeht, hat Xiao Lu auch einen besonderen Ehrgeiz entwickelt: Ich muss jetzt ganz schnell den Vorsprung der anderen Ausländer aufholen. Und gerade bei dieser Waffe zeigt sich für mich, was für ein toller Lehrer er ist. Xiao Lu kennt echt jede Finte und reagiert blitzschnell. Schwert habe ich erst richtig gut von Ramona gelernt, die zwar theoretisch weiß, wie die Anwendungen sind, aber nie mit dem Schwert kämpfen könnte. Xiao Lu hingegen kann mit dem Säbel auch wirklich umgehen. Ich muss ihn mit meinem Zweig angreifen und noch bevor ich ihm die Halsschlagader aufschlitzen kann, hat er die Sehnen meiner waffenführenden Hand durchtrennt, bevor er mir mit einem eleganten Schlenker den Bauch aufschlitzt, die Eingeweide durchbohrt und die Füße schlimm verwundet. Ich lerne, dass auf den Brustkorb oder vielmehr das Herz des Gegners zu zielen nichts bringt. Zu viele Knochen, die Klinge könnte brechen. Obwohl chinesische Säbel ihrer Form nach sehr nach brutalem Hacken aussehen, wird in der Anwendung doch eher geschnitten oder gestochen. Das macht man eher mit japanischen Samurai- Schwertern, die auch anders geschliffen sind. Beim Hacken könnte die Waffe ja im Knochen stecken bleiben, zu viel Zeit geht beim Versuch, sie los zu rütteln verloren. (Wie so oft muss ein unschuldiger Baum in Heping Park für diese Demonstration herhalten). Bin von den Klötzen.
 Dienstag besucht Xiao Lu mich, um Sieder zu bewundern, der sich jedoch scheu versteckt. Ich werde getadelt, meine Katze gehorche mir nicht, aber ist das nicht typisch? Ob seine Katzen denn auf ihn hören würden? (Mittlerweile hat der Meister ihm auch noch Aomi, seine Burmakatze aufgenötigt). Kleinlaut muss er zugeben, dass die auch eher ihrem eigenen Willen folgen. Wir gehen gemeinsam meine aufzeichnungen zu Tongbei durrch und er hilft mir, da ich des Meisters Klaue nicht immer entziffern kann.
 Donnerstag- und Freitagmittag hat Xiao Lu leider keine Zeit für mich, wie schade. Dafür spiele und schmuse ich mit meinem vierbeinigen Mitbewohner und gammele ein wenig. Freitag erkunde ich auf der Flucht vor der Ayi das Gelände der Tongji- Universität. In der Chifeng Lu entdecke ich ein nettes kleines Restaurant, dass sehr annehmbare Pizza feilbietet. Gut zu wissen. Der Quyang Park bei mir um die Ecke wird auch noch auskundschaftet, nicht so schön wie der Heping Park. Sitze in der Sonne, lese und mache die Bekanntschaft einer kleinen Tigerkatze. So eine Fellzeichnung habe ich noch nie gesehen: Das Tier ist schwarz und hat helle beige- graue Streifen. Aber mein kleiner Freund ist niedlicher.

09.10.2010, Samstag

Wir fangen wieder an, zu arbeiten und das bedeutet auch das Ende von Mikes und meiner harmoni-schen Wohngemeinschaft. Der kleine Kater lässt sich ohne Murren in die Tasche verfrachten, erst als wir meine Wohnung verlassen, fängt er an zu protestieren. Taxi ins Büro, der Kater heult und ich heule auch. Hatte mich gerade daran gewöhnt, dass zu Hause jemand auf mich wartet, jetzt bin ich wieder alleine.
Während der Arbeit schläft mein kleines Tier auf meinem Schoß zusammengerollt, schwerer Ab-schied. Meine Wohnung kommt mir leer vor, muss wieder heulen. Wenigstens kommt Donnerstag Lilo auf ihrem Rückweg nach Deutschland hier vorbei, immerhin ein gewaltiger Lichtblick.

Dienstag, Oktober 05, 2010

丽露第二 – Lilo #2

Mittherbstfest, wir haben drei Tage frei. Erwerbe vorsichtshalber tonnenweise Mondkuchen, man weiss ja nie. Gekeife mit der Kassiererin bei Carrefour, die nicht glauben will, dass meine Mondkuchen- Präsentpakete zum Angebot „Kaufe zwei, zahle eines“ gehören. Ich behalte Recht. Ein Paket wird unter den Kollegen verteilt und auch die Ayi bekommt einen prachtvollen Kuchen, für den sie sich artig schriftlich bedankt.
Am Tag des Festes fällt leichter Regen, hocke schon mit einem Zentner Mondkuchen und einer Stange Kippen im Park, als der Meister mir per SMS mitteilt, dass heute nicht trainiert würde. Auch gut.
Meister Wu lädt mich dieses Jahr leider nicht ein, aber zum Glück hat sich Lilo diese Zeit für eine ihrer Trainingsaufenthalte ausgesucht. Schlafe dumm auf meinem rechten Arm ein, an Lilos An-kunftstag habe ich die komplette feinmotorische Kontrolle über meine rechte Hand verloren. Klasse. Wir haben trotzdem jede Menge Spaß. Den ersten Tag lassen wir ruhig angehen und erledigen die notwendigen Dinge wie Telefonkarten aufladen und dergleichen. Elli hat Ferrero Küsschen mitgeschickt, bin gerührt. Und Mainz 05 ist Tabellenführer, unfassbar!
Am zweiten Tag fahren wir in die Stadt und versorgen zunächst mal die Bürokatze. Bummel auf der Nanjing Lu, ich mache Lilo auf den Li Ning Sportladen aufmerksam, den sie erwartungsgemäß geil findet. Sie erwirbt praktische Armstulpen, ich eine schicke Windjacke. An der Kasse kriege ich mit, wie eine Verkäuferin der anderen zuzischt, sie solle mal vorsichtig mit ihren Äußerungen sein, wir sprächen chinesisch. Die junge Dame schlägt kichernd und schamhaft errötend die Hände vors Gesicht und flüchtet verlegen. Was sie über uns gesagt hat, haben wir jetzt nicht mitbekommen, aber ihre Scham ist für uns Genugtuung. Stärkung mit Kaffee und anschließende Massage, wir lassen uns eine Stunde lang bearbeiten. Interessanterweise konzentrieren sich die Masseure ausschließlich auf unseren Schulter- und Nackenbereich. Bildschirmarbeit und Langstreckenflüge fordern halt ihren Tribut. Meine Masseurin ermahnt mich eindringlich, intensive Leibesübungen zu betreiben. Damit ich das auch ja verstehe, spricht sie sehr langsam und deutlich. Krümme mich vor Scham auf der Liege, das darf ich echt Meister Wu oder Xiao Lu nicht erzählen. Kein Wunder, dass ich eher selten zur Massage gehe.
Obligatorischer Besuch des Cybermart, Lilo hat natürlich mal wieder ein elektronisches Spielzeug (Tablet- PC) im Sinn, über das wir uns kundig machen. Gekauft wird erst mal nicht.
Abendessen mit dem Meister und Xiao Lu, endlich werde ich meine Mondkuchen, wenn auch verspätet los. Witziger Abend, Meister Wu ist voll in seinem Element und erzählt kuriose Geschichten. Wir wagen vorsichtig zu fragen, ob er denn mal wieder Lust habe, in Deutschland zu unterrichten? Ach nee, er sei zu alt für sowas. Aber Xiao Lu könne ja kommen! Triumph! Der wehrt bescheiden ab, er könne doch keine Fremdsprachen! Ach was, sagt Meister Wu, Bettina kann ja übersetzen. Na, dann mal sehen. Was mich an dieser Sache ganz besonders freut: Meister Wu wird ziemlich oft von Leuten eingeladen und kriegt bei diesen Gelegenheiten kräftig Puderzucker in den Arsch geblasen. Deswegen nimmt er nicht oft Einladungen an, weil ihn das langweilt. Auf unsere aber hat er sich gefreut, weil diese eine lässige und zwanglose Angelegenheit zu werden versprach. Ja, wir hatten auch Spaß und schließlich sind Lilo und ich ja auch zwei ganz Nette.
Am nächsten Tag wird nach zähem Feilschen Lilos Spielzeug errungen, die Verhandlungen führe ich. Bin nicht ganz zufrieden, hätte das Ding auch noch 100,- RMB drücken können, meine ich. Die sich anschließende Gebrauchseinführung durch den Verkäufer verfolge ich nicht wirklich und Lilo ist nach dem Gefeilsche noch zu sehr durch den Wind, als das sie sich was hätte merken können. Ein großer Fehler, denn das Spielzeug hat keine Gebrauchsanweisung, obwohl es Deutsch kann.
Treffen mit Tori und Aufrollen der Taikang Lu, am Ende bin ich stolze Besitzerin eines Kaschmir-schals, Nylon- Körpertatoos, einer umwerfenden Bomberjacke aus Sweatshirtstoff mit eingestickten spielenden chinesischen Löwen und eines Handygebamsels aus Kimonostoff mit Glöckchen dran. (So finde ich das Ding wenigstens zügig in den Tiefen meiner Tasche). Unnötig zu sagen, dass die beiden anderen Damen bei unserer kleinen Tour ebenso erfolgreich waren. Stärkung bei Pizza und alkoholischen Getränken, die Einkäufe werden bewundert.
Lilo und ich müssen beide am nächsten Morgen früh raus, Absacker in meiner Küche. Wir liegen beide schon im Bett, als Lilo eine SMS von Elli bekommt: Bayern 2:1 geschlagen! Immer noch Tabellenführer! Darauf müssen wir erst mal eine rauchen, unfassbar!

Montag, Oktober 04, 2010

异客在异乡 – Fremde in einem fremden Land #2

Zwei Wochen in Deutschland und es ist, als sei ich nie fortgewesen. Wache zwar jeden Morgen völlig desorientiert auf und habe Angst, zu spät zur Arbeit zu kommen und bin ansonsten ziemlich unentspannt, aber endlich kann ich meine Leute wiedersehen. Training und anschließendes Apres- Qi mit Lilo und Elli im Heiligen Aal. Noch viele Sachen zu regeln, aber schließlich komme ich endlich dazu, stressfrei Klamotten und Schuhe kaufen und auch zum Friseur. War nach acht Monaten Shanghai auch mal nötig.
Herrn Burland und seine charmante Gemahlin lerne ich dann auch endlich kennen, er schafft es sogar, ein einigermaßen anständiges Foto von mir zu schießen. (Habe mich langsam schon gefragt, ob ich wirklich so schlimm aussehe oder einfach nur unfotogen bin).
Am Ende meines Urlaubs dann doch noch Mega- Stress: Der Lüfter meines Rechners macht die Hufen hoch und das, nachdem wir das Teil gerade neu aufgesetzt hatten. An meinem letzten Abend in Mainz also hektisches grob-auf-die-Reihe-bringen des Rechners, nichts mit entspanntem Abschieds- Training mit den Mädels und lecker Essen mit dem Herrn Gemahl.
Reise mit einem halbwegs eingerichteten Rechner zurück nach Shanghai, hoffentlich schaffe ich es, ins Netz zu kommen. Alles andere wäre eine Katastrophe.
Netz funktioniert, aber auf einmal fühle ich mich hier sehr einsam. Alle anderen Leute haben schwarze Haare und ich knalle mit meiner Größe und meiner Haarfarbe mal wieder voll raus. Und Sachen, die in Deutschland reibungslos liefen, sind auf einmal wieder kompliziert. Oder Sachen, die in Deutschland kompliziert sind, sind hier auf einmal kein Problem. Man hört ja immer wieder, Shanghai sei eine so stressige und laute Stadt. Stimmt nicht, meine Wohnung in der Mainzer Altstadt ist lauter als die hier in Shanghai und die Shanghaier sind ganz schön entspannt. Jedenfalls, wenn sie flanieren. Das tun sie nämlich sehr gemächlich und unter voller Ausnutzung der Bürgersteigbreite, gerne auch mit den besten Freundinnen/ Freunden untergehakt. Und telefoniert oder mit dem Mobilfon sonstiges getrieben wird dabei auch. Kann mich als zielorientierte Deutsche manchmal zur Weißglut treiben, vor allem, wenn ich mit schweren Einkaufstaschen beladen bin. Das einzig wirklich stressige in Shanghai sind für mich die Menschenmassen und die weiten Entfernungen, obwohl ich es sowohl zum Park als auch zur Arbeit echt nicht weit habe.
Bin dann in meiner ersten Arbeitswoche gleich auch mal zwei Tage krank. Frage mich, ob es das alles hier wirklich wert ist.
Bauschäden in meiner Bude, Tauwasserbildung an einer Erkerwand. Chinesen haben halt keine Ahnung von Bauphysik, leider weiß ich nicht, was „diffusionsoffener Anstrich“ auf Chinesisch heißt, sonst würde ich meiner Vermieterin mal was erzählen. Aber wahrscheinlich ist das Zeug hier sowieso sauteuer. Klimaanlage im Schlafzimmer tropft auch, zum Glück sind die Temperaturen wieder so erträglich, dass man sie nicht unbedingt einsetzen muss.
Komme von der Arbeit nach Hause und entdecke, während ich mir die Schuhe ausziehe, im Bade-zimmer eine träge krabbelnde Kakerlake. Bin wie gelähmt. Dass es das Viehzeug hier gibt, wusste ich natürlich, aber da ich neun Monate keine zu Gesicht bekommen hatte, wähnte ich mich sicher. Also Schuhe wieder an und ab zum E- Mart, wo Giftköder und Spray erworben werden. Das Biest soll verrecken, bevor es seinen Kumpels Bescheid sagen kann.
Die Giftköder werden in Bad und Küche verteilt, der Spray griffbereit unter der Spüle deponiert. Jetzt wird auch Shen Ayi wissen, was Sache ist und auf der Hut sein.
Kaufe mir die neue Staffel von Dr. House und ein paar Filme als Trostpflaster. Bin angenehm über-rascht, es gibt sogar Untertitel und die brauche ich bei Dr. House trotz guter Englischkenntnisse allein wegen der ganzen Fachausdrücke. Kann mich auch bei Vegetarian Lifestile mit meinen geliebten Nudelsuppen eindecken, es geht aufwärts.
Training mit Xiao Lu, wir arbeiten sehr systematisch an den Einzelbewegungen und den dazugehörigen Schrittfolgen. Bin glücklich, denn als Deutsche und als Ingenieurin finde ich Systematik natürlich klasse. Es gibt eine bestimmt Reihenfolge für diese Übungen und die klappern wir jetzt ab. Nehme mein Projekt „Dokumentiere Heyi Tongbei“ wieder auf.
Fortsetzung des Chinesisch- Unterrichts, danach geht Ying pinkeln und schließt natürlich die Schie-betür meines Badezimmers. (Ich mache das nie, bin ja schließlich alleine). Nach dem Öffnen der Tür starren wir beide auf eine auf der Schwelle liegende Kakerlake, die offensichtlich ihrem Schöpfer gegenüber getreten ist. Wir beide kreischen, dann fege ich das leblose Insekt auf, Ying nimmt die Tüte mit runter. Anscheinend hat das Vieh den Köder gefressen und ist unter der Tür verendet. Gut, soll den anderen eine Warnung sein. Fühle mich mal wieder gestresst.

Donnerstag, August 12, 2010

周末 – Wochenende

Versacke Freitag Abend mit Marc, dem anderen Senior Architect im Barbarossas. Auch eine nette Sache, Freitags gehen wir oft mit dem Team nach der Arbeit noch einen trinken (team building) oder Marc und ich gehen gemeinsam essen und/ oder trinken und beweihräuchern uns gegenseitig (Streben nach Weltherrschaft). Außerdem müssen wir uns ja über unser Team austauschen und uns überlegen, wie wir unsere Schäfchen auf Kurs bringen, das macht man dann doch gerne bei einem guten Getränk oder leckeren Essen.
Ständig richtig gut essen zu können ist eines der Dinge, die ich an China echt zu schätzen weiss. Haben in der Nähe unseres Büros noch einen weiteren hervorragenden kleinen Imbiss ausfindig gemacht, in dem es wahnsinnig leckere Nudeln gibt. Über die hygienischen Bedingungen möchte man zwar nicht so gerne Bescheid wissen, aber für die Jiaozi mit Lauch und Ei könnte ich sterben. Und die Rechnung für fünf Personen beläuft sich jedes Mal auf so ungefähr vier Euro. Krass.
Das Konzept für unsere Kreativ- Fabrik steht soweit, echt gute Teamarbeit. Ich habe großen Spaß daran, vor allem, da ich schon sehr lange keinen städtebaulichen Entwurf mehr gemacht habe. Da macht man auch gerne mal Überstunden.
Der Investor will Montag unser Konzept sehen, deswegen treffen wir uns Samstag Vormittag, um unsere Ergebnisse zusammen zu stellen. Unsere Bürokatze freut sich, dass wir am Wochenende da sind und wird ausgiebig beschmust. Ich merke, dass ich langsam echt urlaubsreif bin, wie gerne hätte ich ausgeschlafen. Tröste mich aber mit dem Gedanken, dass ich nächstes Wochenende im Flieger und im Urlaub ja dann ganz viel schlafen und ausruhen kann.
Unsere Präsentation sieht dann auch ganz gut aus, bin mal gespannt, was der Investor dazu sagen wird.
Nachmittags treffe ich mit Xiao Lu zum Training, darauf hatte ich mich schon die ganze Woche gefreut. Der möchte, dass ich Ying Quan jetzt bitte schön zackig laufen soll, nur so würde das was aussehen. Da stimme ich zu, aber ich muss immer noch zu lange überlegen, um diese Form richtig krachen zu lassen. Bei den Schrittfolgen feilt er auch noch ganz schön an mir rum, sehr schwierig. Naja, wird schon. Wenigstens schwitze ich ordentlich, das freut ihn.
Nach dieser Übungseinheit bin ich dermaßen ausgelaugt, dass ich schon früh ins Bett gehe und schlafe wie eine Tote.
Sonntags bin ich schon früh wach, freue mich auf eine Stunde Aufwärmen mit Xiao Lu. Leider regnet es leicht, hört aber schnell wieder auf. Kein Xiao Lu im Park, als ich um viertel vor neun eintreffe. Macht nichts, die Sonne scheint wieder, also setze ich mich auf eine Bank und lese ein wenig. Um viertel nach neun beschließe ich, mich umzuziehen und mich warm zu machen, ziemlich schnell zappelt auch die Maid an und macht ein langes Gesicht. Herr Lu nicht da? Nein, wie sie sehen könnte, ja offensichtlich nicht. Ich fange mit Einzelbewegungen an, die Maid traut sich nicht, mitzumachen. Meister Wu kommt mit dem Teeknülch und erlöst sie aus ihrer Verlegenheit. Der Teeknülch ist seit ein paar Wochen im Training, Xiao Lu und ich waren sehr gespannt, ihn üben zu sehen. Bisher kannten wir ihn nur aus privaten Zusammenkünften beim Meister, aber wussten nicht, was er drauf hat. Eigentlich heißt er Zhen soundso, wie ich nach diskretem Nachfragen erfahren habe. Wichtig für mich, denn Herr Zhen ist mein „Shixiong“, mein älterer Lehrbruder. Bin mir nicht sicher, wie ich ihn anreden muss, wahrscheinlich „Zhenxiong“. (Eigentlich sollte ich Xiao Lu auch mit „Luxiong“ anreden, aber ich glaube, das würden wir beide irgendwie albern finden). Auch des Meisters Sohn übt seit neuestem mit, meistens auch ein recht freundliches Muskelpaket, dass eigentlich Baji trainiert. Der ist heute morgen allerdings nicht da. Werde meine Kohle an den Meister los, war mir ein Anliegen, bevor ich in den Urlaub gehe. Entspanntes Üben vieler Einzelbewegungen, da ich vor der Zappelmaid Papier und Stift greifbar habe, kriege ich alle Erklärungen hübsch in mein Buch geschrieben.
Ying Quan wird vertieft, ich darf neben Meister Wu stehen, damit die, die diese Form nicht so können, nach den Drehungen auf mich schauen können. Bin stolz.
Aus dem Bäumen plumpst ein fettes Zhiliao (chinesischer Begriff für Zikade, finde, der beschreibt dieses Insekt besser), das die beiden Wus ausgiebig untersuchen. Für einen Moment fürchte ich, dass das Ding gleich zerlegt und aufgefressen wird, aber es wird schnell für uninteressant befunden und ins Gebüsch geschleudert. Kreische ein wenig, als das Insekt an mir vorbeifliegt, dass so eine kernige Kampfschnalle wie ich vor den Viechern scheinbar Angst hat, finden wohl alle lustig.
Am Ende der Stunde frage ich den Meister, ob er denn immer noch Tui Shou unterrichten würde? Zack, ich muss mit dem Meister Hände drücken. Der ist gar nicht zufrieden und übergibt mich an den Teeknülch zur Basisarbeit, während er sich die Zappelmaid vornimmt. Ziemlich schnell stehen zwei aufgeweckt wirkende junge Männer neben uns. Einer trägt ein T- Shirt der nahe gelegenen Tongji- Universität, also scheinbar echt keine Deppen. Der andere ist ganz aufgeregt, ob er denn mal mit dem Meister ein wenig Tui Shou üben dürfe? Klar darf er, wird schnell eingetütet und freut sich. Lihai. Klar, Meister Wu ist der Größte. Der junge Mann hat in Hangzhou Tongbei gelernt, er führt uns seine Schrittfolgen vor. Sehr interessant für mich, erkenne zwar grob unseren Stil wieder, aber ich sehe, was da alles nicht passt. So viele Leute üben auf Kraft und Härte, wo doch Lockerheit und eine gute Struktur viel wichtiger und effektiver sind, wie ich schon oft am eigenen Leib erfahren durfte.
Die Zappelmaid quatscht auf dem Weg zum Ausgang auf den Meister ein, schaffe es aber, ihm mitzuteilen, dass ich Freitag für zwei Wochen nach Deutschland fliege. Ach ja? Schöne Grüße an Ali, Elli, Stefanie und Lilo! Richte ich doch gerne aus.
Mittagspause, bin früh im Park, lese ein wenig und weide meine Augen an dem See. So schön, so friedlich, alles so schön grün. Shanghai kann so schön sein.
Xiao Lu schlendert lässig heran und grinst. Er streckt seine Faust aus und sagt, er habe ein Geschenk für mich. Ach ja, was denn? In meine Handfläche fällt ein Fächer. Bin gerührt. Während der Hitzewelle hatte ich gejammert, aber immer, wenn ich einen Fächer kaufen wollte, waren die Verkäufer schon weg. Xiao Lu hatte sich erkundigt, ob ich denn lieber einen großen oder kleinen Fächer hätte? Lieber den kleinen, kann man besser in der Handtasche rumschleppen. Habe heute den Fächerverkäufer gesehen, aber da ich in Deutschland schon einige Fächer habe, wollte ich mir von da einen mitbringen. Jetzt schenkt mir Xiao Lu einen, ich freue mich sehr darüber. Keinen schicken filigranen aus Seide, sondern einen kernigen mit einem Gedicht und Päonienblüten drauf. Eine meiner Lieblingsblumen und auch Chinas Nationalblume. Von jetzt an ist dieser Fächer mein Favorit. Und er passt optimal in meine Handtasche.
Während wir üben, kommt der nette Baji- Koffer, er hat einen Speer dabei. Kann richtig sehen, wie neugierig Xiao Lu ist. Aber der Speer bleibt zunächst in seiner Hülle und unser Baji- Freund übt die Einzelbewegungen seines Stiles.
Ich erzähle Xiao Lu erstmal von den Ereignissen des Vormittages, interessant. Er hat heute morgen verpennt, weil er gestern bis nach Mitternacht geübt hat. Fleißig. Ob ich denken würde, dass Meister Wu die Zappelmaid mag? Sicher, die ist fröhlich und sehr interessiert an Tongbei, klar mag er die. Natürlich auf eine eher väterliche Art. Xiao Lu denkt, dass Meister Wu die Maid vielleicht für seinen Sohn auserkoren hat, deswegen trainiert der auch auf einmal wieder. Bin von den Klötzen, tatsächlich war mir dieser Gedanke auch schon gekommen. Was verstehen wir uns doch gut! Ich wende ein, die Maid könne vielleicht an Wu Junior nicht so das Interesse haben, da dieser nicht studiert und wenig Kohle habe? (Die Maid ist auch nicht die Hellste, macht aber immerhin ein berufsbegleitendes Studium. Oder so was ähnliches. Kann aber nicht schlecht Englisch). Egal, sagt Xiao Lu. Shanghaier Männer sind bei Nicht- Shanghaier Frauen beliebt, weil man durch eine Heirat den begehrten Hukou, die Niederlassungsberechtigung oder Registrierung für Shanghai bekommt. Aber ob ich mich für so was Meister Wus Sohn in die Arme werfen würde? Weiss ja nicht...
Xiao Lu fängt auch ein Zhiliao, Deja Vue von heute morgen. Ziemlich schnell wird klar, dass dies ein weibliches Tier ist. Die machen keine Geräusche. Ich meine scherzhaft, dass sei bei den Menschen und vor allem den Chinesen sehr untypisch. Zikaden sind echt zu bedauern. Ihre Männer machen Krach, die Weiber schweigen stille. Natürlich mag das von einem männlichen Standpunkt durchaus erstrebenswert sein, aber ich als Frau finde das erbärmlich.
Morgens üben noch zwei weitere Knaben auf dem höheren Teil unseres Geländes so vor sich hin, die ich noch nicht erwähnt habe. Einer sieht aus wie Steve Buscemi in fett, der andere ist mager und hat brutale Hasenzähne. Steve freut sich immer, mich zu sehen und wir quatschen gerne, Hasenzahn ist da eher zurückhaltend. Aber der ist auch nachmittags öfters da. Und ein Waffenexperte. Heute entdeckt er den Speer, der natürlich sofort ausgepackt und von uns begutachtet wird. Schöne Spitze, anscheinend handgeschliffen, nicht der übliche Scheiß. Und der Schaft ist auch ordentlich, richtige Länge und Dicke, vor allem schön flexibel. Hasenzahn führt sein Können vor, Xiao Lu zeigt seine Form. Hat das meiste vergessen, aber ich kann an seinem Gesicht sehen, wie viel Spaß ihm das macht. Speer ist eine Waffe, die mich wahnsinnig interessiert. Wollte mir schon immer mal einen kaufen, kenne aber keinen, der mir das beibringen kann. Und in unserem Stil gibt es leider keine Speerform. Während ich Hasenzahn zuschaue, bin ich doch verwundert, wie viele Attacken offensichtlich für den Bodenkampf sind. Dachte bis jetzt immer, einen Speer benutze man gegen Leute hoch zu Ross. Diskutiere erregt mit Xiao Lu. Nee, Speer benutzt man gegen Fußvolk. Mit dem Langstock holt man Leute vom Pferd und macht sie anschließend fertig.
Speere haben unterhalb ihrer Spitze eine rote Quaste. Ob ich wisse, wozu die diene? Logo, Blutfänger. Xiao Lu ist zufrieden. Ja, genau, wenn man jemanden aufspiesst, wird das Blut von der Quaste aufgesogen, rinnt nicht den Schaft runter und macht diesen glitschig. Obwohl ich sonst keiner Fliege was zu Leide tun könnte, liebe ich Kampfkünste gerade wegen solcher Details. Speer ist der Kaiser der klassischen Waffen, sagt Xiao Lu. Echt? Dachte immer, das wäre das Schwert? Nee, mit dem Speer hat man eine bessere Reichweite. Leuchtet ein.
Mian Zhang wird geübt, meine schlechteste Form. Macht nichts, vertiefen wir, wenn ich aus dem Urlaub zurück bin.
Dass Meister Wu mit meinem Tui Shou ganz und gar nicht zufrieden war, bleibt auch nicht unerwähnt. Hm. Kriegen wir auch noch hin.
Wir schlendern mit dem Baji- Knaben zum Ausgang, echt ein netter Typ. Kann den ganz gut leiden, der übt zwar sehr verbissen und hat Muskeln wie ein Gorilla, aber er hat nette Augen und ist ansonsten sehr sanft und freundlich. Anscheinend auch ein Fan von mir, aber ich denke, der lässt sich wie viele andere einfach davon blenden, dass ich eine Schnalle bin und außerdem groß und schlank und Ausländerin. Klar sieht das gut aus, wenn ich mit Xiao Lu Formen oder Schrittfolgen laufe, weil wir optimal aufeinander eingeschwungen sind und die selbe Größe und Statur haben. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir beide halt nur Schüler sind. Wobei Xiao Lu natürlich der Beste von allen ist. Wie gut Meister Wu ist, sehe ich jedes Wochenende, so auch heute. Und jedes Wochenende sehe ich, wie weit der Weg für mich noch ist, auch nur annähernd einigermaßen gut in Tongbei zu werden.
Quatsche am Ausgang noch ein wenig mit Xiao Lu, den werde ich echt vermissen. Wann geht mein Flieger? Freitag Mitternacht? Naja, vielleicht sehen wir uns ja vorher noch. Ansonsten gute Reise.
Nach dem Training schmeisse ich mein Geraffel in den Schrank und hänge meine klitschnassen Fummel zum Trocknen auf, bevor ich sie in den Wäschesack kloppe. Eile zu Carrefour, um Nahrung, Getränke und ein Hackebeil für Ali zu erwerben. Größere Sache, wegen der Scheiß- Expo kann man momentan in Shanghai nicht mal eben so ein Messer kaufen. Winke eine Verkäuferin herbei und äußere meinen Wunsch, ein Messer zu kaufen. Der Messerschrank wird aufgeschlossen, ich wähle das grösste und teuerste Messer. Oder vielmehr Beil. Liegt gut in der Hand und ist ordentlich schwer. Für meinen Gatten ist gerade das beste gut genug. Falls Ali das nicht mag, werde ich es nehmen. Personalausweis dabei? Klar. Die Verkäuferin notiert die Nummer in einer Kladde. Augen nicht mehr so gut, die Kollegin wird herbeigekrischen. Wundere mich immer wieder über die Lautstärke, die Shanghaierinnen an den Tag legen können. Vielleicht sind sie sauer, dass weibliche Zhiliaos keine Geräusche machen können und wollen das kompensieren. Ausgiebige Studie meines Passes. Scheiß- komplizierte ausländische Namen! Ob ich denn auch einen chinesischen hätte? Zücke meine Arbeitserlaubnis. Shen Beiya. Was ein Glück. Telefonnummer? Drücke der Kollegin meine Visitenkarte in die Hand, die Damen sind erleichtert. Arbeitgeber, Mobilnummer, alles da! Darf denn das Beil endlich bezahlen, die kurzsichtige Dame begleitet mich zur Kasse. Mein Chinesisch wird gelobt, wehre höflich ab. Denke, dass das für uns alle voll der Stress war und bin froh, dass der Beilkauf so reibungslos geklappt hat.
Nach dem Stress gönne ich mir eine Flasche Martini, trinke ich auch in Deutschland selten. Eiswürfel sind am Start, Packe das Beil aus und schneide mir prompt in den Finger. Dass ich das so schnell nicht merke, spricht für die Qualität des Messers. Sauerei in der Wohnung, der Finger ist schnell mit Pflastern versehen, nichts Ernstes. Beseitige hastig die Blutspuren, Shen Ayi soll morgen doch keinen Schreck kriegen. Das Beil wandert wieder in seine Verpackung, hoffentlich kriege ich das Ding nach Deutschland.
Noch eine Woche arbeiten. Dann nach Hause. Bin gespannt, wie mir Deutschland nach so langer Zeit hier in China vorkommen wird.

Sonntag, August 01, 2010

事势 – Stand der Dinge

Erfolgserlebnis:

Ich schaffe es endlich, meine Türklingel gangbar zu machen.

Preis:
Kriege von Smart Shanghai je eine Flasche Weiß- und Rotwein. Und zwar richtig guten. Lecker.

Aufzug:
Nachdem die Renovierung des einen Aufzuges nach drei Monaten endlich abgeschlossen ist, ist jetzt der andere dran. Zweimal schon waren beide Aufzüge nicht in Betrieb, einmal musste ich 17 Etagen runterlaufen und hörte schon im zweiten Stock die im Erdgeschoss erregt wartende Menge. Chinesen können sich hervorragend aufregen, bleiben aber in der Regel friedlich. Echt duldsames Volk. Typisch chinesisch: Der neue Aufzug hat eine schicke Edelstahlkabine, aber niemand entfernt die Schutzfolie. Im Gegenteil, da er als Transportaufzug für Baumaterial des anderen Aufzuges benutzt wird, ist er mit Pappe und Sperrholz geschützt und sieht schon wieder aus wie Sau. Nach der Renovierung des einen Aufzuges wurde komplett gestrichen, das wird dann wiederholt werden müssen, wenn der zweite neu gemacht ist. Ineffektiv, aber was soll es: Bin immer wieder über die Masse an Arbeitskraft erstaunt.

Ausflug:
Hektische und arbeitsintensive Tage, unsere Chefs beschließen zur Stärkung des Teamgeistes einen Ausflug nach Moganshan. Dieser Berg liegt etwa 250 km von Shanghai entfernt und war in den 30er Jahren die Sommerfrische der westlichen Ausländer und der reichen Chinesen.
Ich freue mich, mal aus der heißen Stadt rauszukommen und nach Moganshan wollten Stefanie und ich auch die ganze Zeit schon, haben es aber nie geschafft, da dieser Ort schwer erreichbar ist.
Vor allem Jiajia, unsere kleine Büroassistentin, ist über diesen Ausflug ausser sich vor Entzücken: Sie kommt aus einem kleinen Kaff irgendwo in Pudong und ist in ihrem Leben noch nie verreist.
Wir quetschen uns mit elf Leuten in einen Kleinbus, der eigentlich für zehn Personen vorgesehen ist, macht nichts, China halt. Und Jiajia ist ja klein, die zählt fast nicht. Zur Einstimmung gibt es chinesische Jazzmusik der 30er Jahre und ich dusele zufrieden ein. Kurz hinter Hangzhou verlassen wir die Autobahn. Ich wache auf und bin begeistert: Üppige grüne Bambuswälder, wohin man auch blickt. Und immer wieder kleine, flauschige Dörfer und Reisfelder, hier ticken die Uhren noch anders. Ich bin richtig überwältigt von der grandiosen Natur, meine Augen sind soviel Grün auf einem Fleck gar nicht mehr gewöhnt. Was hat China doch für schöne Orte!
Auch unsere Öko- Lodge befindet sich in einem Dörfchen mit sehr freundlichen Einwohnern. Cooles Gebäude mit großen Terrassen, sehr liebevoll gestaltet. Es gewittert und wir speisen im Freien unter einem Schutzdach, anschließend hängen alle gemütlich ab und weiden ihre Augen an den sich im Regen wiegenden Bambuspflanzen. Fühle tiefen Frieden, das Leben ist schön.
Nach dem Regen wandern wir zu einem Reservoir und baden im türkisblauen Wasser. Ein Teil der Truppe wandert zur Lodge zurück, der andere fährt schon mal vor und bereitet das Grillen vor. Mann, was habe ich das vermisst! Abhängen unterm Sternenhimmel, freie Natur und angenehme Gesellschaft, während auf dem Grill fröhlich Köstlichkeiten brutzeln. Keine Ahnung, wann ich das letzte Mal Folienkartoffeln gegessen habe, diese jedenfalls munden hervorragend. Und auch die anderen Gemüse.
Da unser Kollege Mark Geburtstag hat, wird die Nacht eher kurz, am nächsten Tag frühstücken wir gemütlich und fahren auf den Berg, wo wir von Villa zu Villa wandern. Einige sind verfallen, andere zu Pensionen ausgebaut oder sehr liebevoll zu Lodges restauriert. Ein sehr schöner Ort, touristisch wenig erschlossen, was eigentlich nicht schlecht ist. So ist noch einiges vom ursprünglichen Charme vorhanden.
Als wir wieder in Shanghai ankommen, bin ich fast traurig. Gerade hatten sich meine Augen an üppige Natur und sattes Grün gewöhnt, jetzt wieder so viel Gebäude, auch wenn die hübsch beleuchtet sind. Und auch wenn meine Compound schön grün ist, an diese Wahnsinns- Bambuswälder kommt einfach nichts ran. Ich glaube, ich werde mein Leben lang nicht vergessen, wie sich diese Pflanzen angefühlt haben und wie sie leise rauschten und Wasser aus ihnen herabgeregnet ist, wenn man sie sanft rüttelte.

Training:
Ich lerne von Meister Wu, dass nicht die Faust, sondern die Geschicklichkeit den Menschen schlägt. Hmm. Muss ich mir hinter die Ohren schreiben.
Xiao Lu ist dann natürlich auch sehr interessiert an unserem Ausflug und erklärt mir erstmal die Symbolik von Bambus für das chinesische Volk. Neigt sich mit dem Sturm und bricht nicht, wenn er gebogen wird. Wie die Chinesen. Überhaupt gibt es vier Blumen oder Pflanzen, die sehr wichtig für die Chinesen sind, so auch die Winterpflaume. Zu jeder gibt es eine Erklärung, die ich aber nur ansatzweise verstehe. Bin für diese Lektionen zu chinesischer Kultur aber immer sehr dankbar.
(Habe jetzt rausgefunden, dass die "vier Edlen" die Plaume, der Bambus, die Orchidee und die Chrysamtheme sind).
Es hat sich eingebürgert, dass ich Samstag in der Regel auspenne und mittags dann mit Xiao Lu übe, Sonntags morgens treffen wir uns eine Stunde vor dem regulären Training und mittags dann noch mal. Dann üben wir hauptsächlich Anwendungen und Tui Shou, was großen Spaß macht. Mittags übt neuerdings auch eine Gruppe von älteren Herrschaften Yang- Stil auf unserem Gelände, denen Xiao Lu ziemlich schnell klarmachte, dass wir die älteren Rechte auf diesen Platz haben. Wir haben uns jetzt aber gut mit dieser Gruppe arrangiert, die bei ihren Übungen immer fröhlich süßliche chinesische Musik dudeln lässt. Hat was.
Heute kam ein netter Opa vorbei, wohl auch ein Meister. Der dachte, wir beide seien ein Ehepaar, was er ganz dufte fand. So viele westliche Ausländer angeln sich Chinesinnen, da ist es doch prima, wenn ein chinesischer Typ das Herz einer Deutschen erobert. Nee, leider nicht, der Opa war ganz traurig. Aber dass wir so gute Freunde sind und beide Kampfkünste lieben, fand er denn doch klasse. Interessanterweise sind viele chinesische Männer ziemlich angepisst, wenn Ausländer mit Chinesinnen zusammen sind. Als Ausländerin kann ich natürlich auch argumentieren, dass wir es Scheiße finden, wenn diese kleinen Luder uns die Kerle wegschnappen. Kann aber die männlichen Chinesen auch verstehen, denn wegen der Ein- Kind- Politik gibt es hier halt mehr Männer als Frauen. Und ohne Kohle, Wohnung und Auto braucht ein junger Chinese erst gar nicht auf Brautschau zu gehen. Während im Hintergrund die Familie immer unentspannter wird, je älter der Knabe wird. Ist schon nicht leicht.
Seit Ende der Regenzeit ist Shanghai um eine Lärmquelle reicher: Tag und Nacht zirpen Zikaden. Und diese Drecksviecher können echt einen Lärm verursachen, der unglaublich ist. Heute lerne ich neben Armhebeln auch noch was über Zikaden. Xiao Lu zeigt mir mehrere Löcher im Boden und dann anschließend auf merkwürdige Einsiedlerkrebsartige Wesen, die an einem Baumstamm hocken. Die würden dann mal Zikaden, sagt er. Anscheinend entwickelt sich das Viehzeug im Boden, poppt irgendwann mal da raus und krabbelt dann einen Baum hoch, wo es sich dann mal wieder verpuppt und später zu einem lärmenden Insekt wird. Das Endprodukt kann man dann auch essen, dazu muss man Kopf und Beine abreissen und einen Teil des Abdomens entfernen. Anhand eines verendeten Exemplares zeigt Xiao Lu mir den leckeren Abschnitt des Krabbeltieres. Ob er die denn immer noch essen würde? Nee, aber in seiner Kindheit war das ein beliebter Snack. Xiao Lu überrascht mich immer wieder.

中国欢迎您 - Willkommen in China

Da ruft doch neulich Gummilippe (das ist unser Spitzname für den Chef des Büros, mit denen ich während Lilos Besuch völlig sinnlos nach Changsha geflogen bin) mitten in der Nacht meine Kollegin an und fragt, ob denn am nächsten Tag zufällig einer meiner Chefs abkömmlich sei? Ach, da müsse Zhen erstmal nachhören? Naja, irgendein anderer Westler würde es auch tun. Hintergrund des Ganzen: An diesem Tag hatten sich potentielle Auftraggeber zu Besuch angesagt, da sieht es für ein britisches Büro natürlich ganz schön blöd aus, wenn da nur Chinesen rumhocken. Also wollte Gummilippe, dass sich einer von uns dazuhockt, wichtig tut und die Vorzeigelangnase gibt. (Frage mich, warum er mich nicht angefordert hat, schließlich habe ich doch Visitenkarten, die mich als deren „Chief Design Officer“ ausweisen).
Wir denken daraufhin ernsthaft über die Gründung einer Agentur Rent-a-Laowei nach. Als Chief Design Officer mit entsprechenden Klamotten auftreten mindestens 1.200,- RMB die Stunde, mit dem Klienten reden 1.500,-. Wenn das auf chinesisch sein soll, mindestens 2.000,-. Spesen und so natürlich extra.
Ein chinesischer Investor tritt an uns heran, er hat da im Nordosten der Stadt ein Fabrikgelände gefunden, von dem er glaubt, dass man da was draus machen könnte. Interessenten hat er auch schon, am nächsten Tag sitzen dann Zhen, Xianqi und ich auf dem Rücksitz des senfgelben Porsche Chayenne des Investors, um uns von ihm das Gelände zeigen zu lassen. Die ganze Sache ist furchtbar dringend, der Investor will ganz schnell mit Nutzungsvorschlägen an die Regierung herantreten, bevor ihm jemand anderes diesen Happen wegschnappt. Deswegen sollen wir binnen einer Woche Konzepte ausarbeiten. Um die Ernsthaftigkeit seines Anliegens zu untermauern, holt er aus dem Handschuhfach ein fettes Bündel Geldscheine, dass er lässig Zhen in den Schoß wirft. 10.000,- RMB. Spesen. Unsere Arbeit würde natürlich gesondert vergütet. Bin von den Socken.

Samstag, Juli 17, 2010

足球世界杯赛第二 – WM #2

Bin beim Bürotippspiel doch tatsächlich Zweite geworden und jetzt auch noch das: Obwohl mir Smartshanghai mittlerweile versichert hat, ich würde dann doch was besseres kriegen als eine angesoffene Flasche Teqiula und eine Umarmung vom Chefredakteur.
Witzigerweise ist hier nicht nur unsere Nationalmannschaft durch ihr erfrischendes Spiel sehr populär geworden, der in China zur Zeit beliebteste Bewohner Deutschlands ist Tintenfisch Paul. Der heisst hier zhangyu baoluo (章鱼保罗) und bringt die Chinesen voll zum Ausflippen. Meine eine Kollegin war derartig begeistert, dass sie sich bei dem Entwurf einer Rampe von Krakenarmen inspirieren liess und über die Haltung eines Tintenfisches nachdenkt. Auf der Expo verteilte neulich ein Pavillon Stempel mit Tintenfischen, was zu einem Massenansturm führte. Viele hofften, die Weisheit des Celaphopoden werde auf sie abfärben, wie man den Medien entnehmen konnte. Und auch der Präsident von Shanghai Shenhua soll angeblich schon in Oberhausen gesichtet worden sein um zu erkunden, ob Shenhua die chinesische Meisterschaft gewinnt. (Shenhua wird leider nicht Meister).
Sogar Xiao Lu sprach mich heute auf Paul an, er fand es allerdings sehr witzig, dass die Spanier das Tier unbedingt haben wollen und die Deutschen ihn auch für teuer Geld nicht rausrücken. Als ich erklärte, die meisten Deutschen hätten das Mistvieh sowieso nach der Vorhersage des Spanienspieles am liebsten in Knoblauchbutter schwimmend auf einem Teller gesehen, lachte er, machte mit der Hand schnelle Hackbewegungen (zazazazaza), führte pantomimisch Stäbchen an den Mund und rieb sich den Magen.

Freitag, Juli 16, 2010

想家 - Heimweh

Nachdem ich großmäulig angekündigt hatte, für den Fall des Finaleinzuges der deutschen Nationalmannschaft nach Hause zu kommen, bin ich am Boden zerstört, als wir im Halbfinale von Spanien geschlagen werden. Nicht etwa, weil mir Fußball derartig viel bedeutet, vielmehr hatte ich mich insgeheim schon auf Deutschland gefreut. Schließlich bin ich jetzt schon über ein halbes Jahr in China.
Krank und voller Kummer am Finalwochenende, Xiao Lu besucht mich und bringt eine Wassermelone und chinesische Medizin mit. Aber noch nicht mal der kann mich aufheitern und das will schon was heißen.
Ich will endlich meine Freunde und vor allen Dingen meinen Gemahl wieder sehen. Ich will endlich wieder Kreuzungen überqueren, ohne um mein Leben fürchten zu müssen. Und auf unbevölkerten Straßen laufen, die sich bei Regen nicht gleich in rutschige Todesfallen verwandeln. Ich will endlich mal wieder andere Haarfarben sehen als immer nur Schwarz oder schlimme Farbmissglücke. Und keine krötigen Typen, die in Unterhosen und bis unter die Achseln hochgerollten Feinrippunterhemden auf der Gasse rumhängen. Ich will auf meinem schicken Ledersofa vor einer Glotze einpennen, die anständiges Programm in meiner Muttersprache sendet. Ich will nicht mehr meine Freizeit damit zubringen, nach Dingen des alltäglichen Lebens wie Schuhen in Größe 40 oder Kühlschrankglühbirnen zu jagen. Ich vermisse deutsche Disziplin und Sorgfältigkeit, ich vermisse saubere öffentliche Toiletten, auf die man sich hinsetzten kann und die nicht gleich verstopfen, wenn man Klopapier reinschmeißt.
Nicht, dass wir uns hier falsch verstehen: Shanghai ist die geilste Stadt der Welt und China rockt. Aber jetzt ist mal gut.
Einiges Hickhack, schließlich buche ich endlich meinen Heimflug. Ankunft am Samstag, dem 14.08., exakt acht Monate habe ich Deutschland dann nicht mehr gesehen. Zwei Wochen in der Heimat, freue mich. Und vielleicht lerne ich ja dann endlich mal Herrn Burland kennen.

Sonntag, Juni 27, 2010

四比一 - 4:1

... schaue denn schon mal nach Heimflügen....

梅雨 – Pflaumenregen

26.06.2010, Samstag

Vormittags:

Bin nach Hongkong und einer anstrengenden Arbeitswoche Freitag Abend derartig ermattet, dass ich mich schon früh ins Bett schleppe (auf die Party eines befreundeten Büros habe ich keinen Bock) und beim Videoschauen ganz farblos einschlafe.
Samstag früh bin ich immer noch total bematscht, mache mich aber fertig und betrachte sorgenvoll den Himmel. Es nieselt leicht, da ist Xiao Lu sowieso nicht im Park, lohnt sich also nicht, früh hinzufahren. So gegen viertel nach Acht schreibe ich eine SMS an dem Meister, ob denn Training stattfände und wenn ja, wo? Park oder Stadion? Als ich eine Stunde später noch keine Antwort habe, lege ich mich wieder hin und schlafe noch drei Stunden.
Bin zwar nicht mehr ganz so bematscht, hab aber wirres Zeug geträumt und bin leicht desorientiert, geht nach Kaffee und Dusche dann aber wieder. SMS vom Meister, er sei gerade vom Park heimgekommen, er habe sein Phon daheim vergessen und deswegen meine SMS nicht mehr rechtzeitig gesehen. Ja ja, bestimmt auch bei Regen keinen Bock gehabt und gerade erst aufgewacht. Entschuldige per SMS mein Fernbleiben, morgen käme ich ganz bestimmt. Meister hat Gesicht bewahrt, ich habe Gesicht bewahrt, alles gut. Er schreibt, wenn es morgen nicht regnen würde, käme auch Rose. Das finde ich klasse, bei der Gelegenheit frage ich mal vorsichtig, ob denn Xiao Lu was gesagt hätte ob er nachmittags käme? Ja, wenn es nicht regnet, kommt er. Bestens. Schaue mir noch mal das Video von Ying Quan an, die habe ich ja jetzt länger nicht mehr geübt.

Nachmittags:

Das Wetter scheint zu halten, warte auf einer Bank lesend auf Xiao Lu. Der pirscht sich von hinten an mich heran und schreit mir „Autsch“ ins Ohr. Kreische vor Schreck und verpasse ihm erstmal eine.
Das Trainingsgelände ist mit Blättern und Ästen bedeckt, wir schnappen uns jeder einen Besen und fegen es sauber. Kann nirgendwo frische Kippen oder die für unseren Stil typischen Fußspuren entdecken, ganz sicher war der Meister heute früh nicht im Park. Der alte Fuchs.
Wir haben uns ja jetzt länger nicht mehr gesehen und uns natürlich viel zu erzählen. Ja, Xiao Lu hat auch den Eindruck, dass die Bewohner Hong Kongs eher kommerziell orientiert sind. Ich meine, Geld wäre ziemlich egal, Hauptsache gesund. Diese Einstellung scheint ihm zu gefallen. Da wir gerade beim Thema verreisen sind, zeigt er mir Bilder, die er während seines Korea- Aufenthaltes aufgenommen hat und erklärt mir, wer und was darauf zu sehen ist. Interessant. Und weil das so interessant ist, schauen uns auch gleich noch zwei andere Typen über die Schulter.
Unter den Bäumen unseres Übungsplatzes ist es schummerig, wenig Leute sind im Park und in der Luft liegt ein süßer Duft. Erfreue mich beim Üben der Einzelbewegungen an dem üppigen Grün und bin zufrieden und entspannt. Sogar der auf dem Hügel nebenan sein Instrument quälende Saxophonspieler geht mir mal nicht auf die Nerven. Anscheinend empfindet Xiao Lu das nicht so oder erinnert sich daran, dass ich bei anderen dieser Gelegenheiten äußerst ungut abgegangen bin, deswegen brüllt er irgendwann mal zu dem Typen, er solle gefälligst mal leiser spielen. Der Typ entschuldigt sich, dreht sich um, quäkt noch ein wenig weiter und trollt sich schließlich.
Wir üben schweigend und sehr sorgfältig, ich bin sehr, sehr glücklich. Bei Tui Shou haben wir wahnsinnigen Spaß, versuche, mich an alle die Manöver zu erinnern, die Xiao Lu mir bis jetzt beigebracht hat und diese anzuwenden. Klappt natürlich nicht, er ist halt einfach zu gut. Aber er freut sich, dass ich es wenigstens versuche.
Bei Frauen gegen Männer sei Tui Shou immer etwas grenzwertig, meint er. Im Gerangel könne man Damen da schon mal unbeabsichtigt an intimen Körperteilen berühren, das sei ihm unangenehm. Mit mir ginge das, wir wären ja schließlich so was wie Geschwister. Freue mich, dass er das so sieht und mich unterrichtet. Rose hatte da durchaus schon andere Erfahrungen. Manche Typen haben der beim Tui Shou schon gezielt an die Hupen gegriffen und sich anschließend feixend entschuldigt, was sie sehr sauer gemacht hat. Kann ich verstehen, wäre ich auch. In der Tat gibt es sogar einen umgangssprachlichen Ausdruck für solche erschlichenen intimen Kontakte, nämlich 吃豆腐, Tofu essen. Kann in einer abgeschwächten Form aber auch „flirten“ oder „anbaggern“ heißen.
Da wir gerade beim Thema Umgangssprache und Kampfkünste sind: Der Stil, den der Oster so gerne kreisend übt, 八卦, Bagua bezeichnet in der Umgangssprache auch „lästern, tratschen.“ Tja, Oster, da musst du in deinem blog beim nächsten Wudang- Aufenthalt schon etwas konkreter werden, ob du jetzt gerade zirkulierst oder tratscht.
Der Park schließt und wir quatschen noch ein wenig. Wenn es morgen früh nicht regnet, kommt Xiao Lu auf jeden Fall. Dann würde es richtig voll, sagt er. Neun Leute: Meister Wu, er, ich, Rose und ihr Kumpel Wang Ming Bo, die Zappelmaid und Hackfresse und die anderen Namen kriege ich nicht mit. Wang Ming Bo kommt auch? Warum das denn, der übt doch Yang Stil? Das weiß Xiao Lu jetzt auch nicht. Aber angesichts dieser Tatsache ist nach dem Training mal wieder ein üppiges Festmahl zu erwarten, weswegen das Nachmittagstraining wahrscheinlich ausfällt.
Auch gut, Wang Ming Bo ist echt lustig und den habe ich seit April nicht mehr gesehen und lecker Essen ist immer gut. Auch wenn ich lieber trainiert hätte.

Abends:

Kaufe mir bei Carrefour vegetarische Jiaozi, bereite diese zu und lerne anschließend chinesisch. Chat mit Ali, in Mainz ist Johannisfest. Da wäre ich jetzt gerne auch, es gibt halt Dinge, die man fern der Heimat schmerzlich vermisst. Morgen kickt Deutschland gegen die Engländer, hoffentlich kommt es zum Elfmeterschießen, denn dann gewinnen wir bestimmt. Beginne, ernstlich über einen Heimaturlaub nachzudenken, sollten wir ins Finale kommen.

27.06.2010, Sonntag

Vormittags:

Es scheint nicht zu regnen, also mache ich mich fertig. Rette meine Abendbrot- Lieferung, als ich das Haus verlasse, beginnt es zu nieseln. Als ich am Park ankomme, gießt es in Strömen. Mache mir gar nicht erst die Mühe, den Park zu betreten sondern drehe gleich um zur nächsten Bushaltestelle. SMS vom Meister, es regne, heute kein Training. Ja, das habe ich mir fast gedacht.
Zu Hause schaue ich mir Ip Man 2 auf chinesisch mit grotesken englischen Untertiteln an. Eher laue Handlung, aber sehr gut choreographierte Kampfszenen.
Draußen gießt es in Strömen und es gewittert, so sieht also die berüchtigte Pflaumenregen- Saison aus. Offiziell hat diese hier in Shanghai am 17. Juni begonnen und soll etwa drei Wochen dauern. Danach sind dann Temperaturen um die 36- 40° zu erwarten. Im Süden chinas gibt es bereits schwere Überflutungen. Ying hat mir geraten, wegen der dann hohen Luftfeuchtigkeit Entfeuchter zu besorgen, die im Kleider- und Lebensmittelschrank aufgestellt werden, damit die Klamotten und Nahrungsmittel nicht vergammeln. Habe ich natürlich sofort gekauft, schließlich habe ich keine Lust auf muffige Klamotten. Momentan aber sehe ich noch nicht die Notwendigkeit, die Entfeuchter zu installieren.
Sieht so aus, als ob es sich einregnet, brühe mir einen Kaffee und mache meine Chinesisch- Hausaufgaben fertig.

Nachmittags:

Überraschenderweise klart es Mittags ein wenig auf, vielleicht geht ja was mit Training? Mache mich also in den Park auf, leider selber Effekt wie heute morgen. Warte trotzdem zehn Minuten auf Xiao Lu, vielleicht war der ja schon unterwegs? Dann könnten wir wenigstens Tee trinken gehen. Xiao Lu kommt natürlich nicht, kann ich ihm auch nicht verübeln. Macht nichts, muss sowieso noch einkaufen gehen.
Im E- Mart ist ein für China bei Regen typisches Phänomen zu beobachten: Am Eingang des Supermarkts steht ein Scherge mit länglichen Plastiktüten, in die die nassen Regenschirme der Käufer eingetütet werden. Bin immer wieder erstaunt, für was dieses Riesen- Land alles Arbeitskraft an den Start werfen kann.
Gönne mir Olivenöl und Balsamico- Essig, da kann ich mir heute zum Abendessen einen leckeren Salat machen. Basilikum oder Limetten gibt es keine, wird aber auch so gehen. Kartoffeln und Eier habe ich ja noch, also Tortilla mit Tomatensalat und dazu einen Chardonnay, da lässt sich gut gestärkt Fußball schauen.