Dienstag, März 30, 2010

世博会 – Expo

Vormittags haben mein Kollege Xianqi und ich Baubesprechung in Taicang, eine willkommene Gelegenheit für einen Ausflug. Was ich an Baubesprechungen hier liebe: Anschließend wird immer üppig getafelt und im Auto hat man dann auf der Rückfahrt die Gelegenheit zu einem kleinen Schläfchen. So auch heute.
Wir allerdings sind schon sehr aufgeregt, denn heute hat unser kleiner „Deutschland und China- Gemeinsam in Bewegung“ Bambuspavillon Richtfest. Netterweise darf das gesamte Büro daran teilnehmen und wir alle haben unsere Kameras mitgebracht. Leider regnet es in Strömen. Egal, Xianqi und ich machen eine Punktlandung am Shuttlebus, Jiajia sitzt schon drin und quietscht in freudiger Erwartung. Bevor es auf das eigentliche Expo- Gelände geht, müssen alle aus dem Bus aussteigen und einen völlig albernen Sicherheitscheck über sich ergehen lassen. (Kann Xianqi gegenüber punkten, indem ich das gestern gelernte Wort „fuza“, kompliziert anwende. Typisch China.) Unsere Taschen mit der Handgranatensammlung und den Knarren lassen wir natürlich im Bus, der nicht kontrolliert wird.
Auf dem Weg zu unserem Projekt kommen wir an diversen Pavillons vorbei, die wir schon im Netz bewundert haben. Vor allem der englische Pavillon hat es uns echt angetan.
Das Richtfest ist auch sehr nett, Paulaner kredenzt deutsche Spezialitäten, ich stopfe mich mit Laugenbrezeln voll, während Xianqi das gute deutsche Bier geniesst. Jiajia konsumiert fröhlich Bratwurst und ich fühle mich so richtig heimisch, als ein chinesischer Bauarbeiter mit einem Leberkäse- Brötchen an mir vorbeilatscht. Coole Regenschirme greifen wir auch noch ab.
Statt mit dem Rest der Meute mit dem Shuttlebus zu fahren, beschließen Xianqi und ich, zu Fuß zu gehen und das Expo- Gelände ein wenig zu erforschen. Wann hat man schon so eine Chance! Was ich an Xianqi liebe, ist seine Art, Sachen mit Attributen zu versehen. Und ich finde sein Englisch cool. So ist zum Beispiel der englische Pavillon „cute“. Der spanische „rubbish“. (Da gebe ich ihm recht. Sieht aus, wie mit Fußabtretern umhüllt). Eine seiner Lieblingsphrasen ist: „It looks stupid“. Auch da muss ich ihm sehr oft recht geben. Wir schwingen also los in Richtung UK Pavillion ( cute) und schütteln abfällig den Kopf über den rumänischen Pavillion, der die Form eines Apfels hat. Sogar mit Stiel und Blatt oben dran. (Stupid, silly). Holland fällt auch durch. (Stupid, looks like childrens playground). Ich frage mich, ob die Holländer auch Nutten in eines ihrer kleinen Häuschen setzen werden. Würde passen.
Wir umgarnen einen Bauarbeiter, uns auf die Baustelle des britischen Pavillions zu lassen, werden aber von den blöden englischen Architekten schnell wieder zum Gehen aufgefordert. Arschlöcher. Vor dem deutschen Pavillion (strange) Kisten von Schott- Glas mit Fassadenbauteilen. Heimat! Italien und Frankreich sind „boring“. Aber Norwegen (Reisschüssel) und Finnland rocken.
Australien finden wir beide cool, Singapur und Neuseeland werden nie rechtzeitig fertig und Thailand ist auch stupid. Über allem thront China, wirklich ein mächtig großer Pavillion. Und jetzt bei Nacht sieht der echt beeindruckend aus. Wie fast alles in China. Denke, man sollte die Expo nur nach Einbruch der Dunkelheit besuchen.
Nach viel Gerenne sinken wir erschöpft in die Metro 8, kann bequem bis nach Hause fahren. Besorge noch schnell auf dem Heimweg eine Pulle Rotwein und Erdnüsse zum Knabbern für morgen Abend. Noch drei Stunden, bis Stefanie in Richtung Shanghai abhebt, bin total aufgeregt. Hoffentlich kann ich heute Nacht schlafen.

Sonntag, März 28, 2010

周末 – Wochenende #3

27.03.2010, Samstag

Nach einer harten Arbeitswoche schlafe ich heute endlich mal aus und schenke mir das Vormittagstraining. Schließlich treffe ich mich ja nachmittags mit Xiao Lu. Mein Gesicht und besonders meine Augen sind mal wieder total geschwollen, sehe aus, als habe mich jemand verdroschen. Geht dann im Laufe des Vormittags nach einer Dusche und ordentlich Flüssigkeitsaufnahme wieder, aber richtig schön ist das Nachmittags immer noch nicht. Möchte echt mal wissen, woher das kommt. Zu Hause habe ich so was nie, liegt hier wahrscheinlich an der Nahrung oder der Luftverschmutzung.
Xiao Lu sehe ich dann auch schon im Park, allerdings in Zivilklamotten. Oh, was ist denn los? Schlimme Erkältung, der arme Kerl ist tierisch heiser. Ob wir dann lieber nicht trainieren sollten? Kein Problem für mich, vielleicht solle er sich mal zu Hause hinlegen und auskurieren? Nein, wird schon gehen. Harter Junge. Versuche, ihm eines meiner Getränke aufzunötigen, aber das will er nicht. Ich erkläre ihm, dass man westlicher Auffassung nach bei Erkältungen viel Flüssigkeit zu sich nehmen sollte, aber anscheinend ist man da in der traditionellen chinesischen Medizin anderer Ansicht.
Er hat ein interessantes Bündel mitgebracht, natürlich bin ich neugierig. Was das denn sei? Xiao Lu grinst geheimnisvoll. „Tongbei Weiba“. Allerdings macht er keine Anstalten, die Dinger zu enthüllen, erstmal üben wir Einzelbewegungen und Kombinationen. Nach diesen Aufwärm- Übungen packt er feierlich das Bündel aus. Zum Vorschein kommen zwei aus sehr schönem polierten roten Holz gemachte Knüppel, von denen mir einer auch gleich in die Hand gedrückt wird. Meine Güte, ist das Ding schwer! Mit diesen Knüppeln übt man die Beweglichkeit der Handgelenke und ich darf gleich mal Xiao Lus Bewegungen mitmachen. Bei ihm sieht das alles sehr locker aus, aber mir fällt fast der Arm ab. Gehandhabt werden die Dinger ähnlich Säbeln. Xiao Lu hat diese Knüppel selbst gemacht, er streichelt das schöne Holz liebevoll und ich bewundere pflichtschuldig die fachmännische Machart. Meister Wu hat wohl nur einen dieser Art und der ist längst nicht so schön. Geübt wird damit grundsätzlich nur drinnen. Eines der Geheimnisse unserer Kampfkunst. Sollen andere nicht sehen. Überhaupt bin ich der erste Ausländer, der diese Dinger zu Gesicht bekommt. Und dann noch in der Handhabung unterwiesen wird. Welche Ehre! Ich muss die Knüppel auch noch fotografieren, damit ich mir auch solche zum Üben machen kann. (Bitte um Verständnis dafür, dass ich das hier nicht veröffentliche).
Das finde ich aber jetzt echt total süß von Xiao Lu! Einerseits zickt er rum, wenn er chinesische Mädels unterrichten soll, andererseits verrät er einer westlichen Schnalle hier voll die Geheimnisse unserer Kampfkunst. Vor zwei Wochen hat er mich mal wieder besucht und wir haben den Nachmittag damit verbracht, uns im Netz Tongbei- Videos und Artikel anzuschauen. Einige Unterlagen hatte er mir auch noch mitgebracht, die ich mir auch kopiert habe und demnächst mal übersetzen werde. Unter anderem den Ablauf unserer Form, nur kann ich seine Handschrift nicht gut lesen. Hoffentlich kann er mir da noch mal beim Tippen helfen.
Ying Quan wird intensiv bis zu der Stelle, zu der ich mit dem Meister gekommen bin, geübt. Sehr schwere Form, aber sehr schön! Hoffentlich kann ich mir das merken, aber komischerweise habe ich da bei Xiao Lu nicht so Schwierigkeiten. Muss das eben noch ein paar Mal zu Hause wiederholen.
Heute morgen war Xiao Lu auch nicht im Training, aber er sagt, morgen früh käme er. Bin da skeptisch, er solle sich doch lieber schonen. Ach, wird schon gehen, er redet dann halt einfach nicht.
Wir plaudern noch ein wenig, nächste Woche ist hier Qing Ming Jie, was in etwa unserem Allerheiligen entspricht. Ob er und seine Geschwister denn in die „Alte Heimat“ zum Gräberputzen führen? Ja, klar, er weiß nur noch nicht so genau, wann. Quetsche ihn ein bisschen über diesen Brauch aus, hört sich ja einerseits nach Spaß an, andererseits weiß ich, dass er dann auch schon mal schwermütig werden kann. Was ich durchaus verstehe.
Wir berauschen uns an den schönen erblühten Sträuchern im Park. Xiao Lu meint, am liebsten hätte er den Park ganz für sich alleine. Dann könnten wir beide da sitzen, Tee trinken, plaudern und üben. Ohne die ganzen Leute wäre das noch schöner und friedlicher. Er sagt, manchmal träume er Nachts davon. Xiao Lu ist echt einer der untypischsten Chinesen, die ich kenne. Vom „rinao“ (Laut und heiß, Hauptsache, Lärm) seiner Landsleute hält er nichts, er mag es ruhig und friedlich und ist gerne allein. Deswegen halten ihn die Chinesen wohl auch für etwas merkwürdig. Vielleicht verstehen wir uns deswegen so gut, die meisten Deutschen (und nicht nur die) finden mich auch merkwürdig.

Wollte ja eigentlich mit den Kollegen weggehen und lege mich kurz für ein Schönheitsschläfchen vor die Glotze. Als ich aufwache, ist es kurz vor Mitternacht. Mann! Torkele ins Bad, pule die Kontaktlinsen aus den wieder anschwellenden Augen und putze mir mit der gestern erworbenen elektrischen Zahnbürste die Zähne. Fühlt sich gut an!

28.03.2010, Sonntag

Wache früh auf, ein Blick auf mein Fon zeigt den Eingang einer SMS. Wahrscheinlich meine Kollegen gestern Abend. Nein, 03:40, Meister Wu. Shenti bu shufu, (fühlt sich nicht wohl), kommt heute nicht in den Park. Sehen uns dann nächste Woche. Übersetzt heißt das wohl: Falle gerade mächtig angeblitzt aus einer Mahjang- Spielhölle und morgen brummt mir dann bestimmt der Brägen. Also besser nicht üben.
Überlege kurz, ob ich auch noch weiter pennen soll, aber Xiao Lu könnte ja im Park sein. Außerdem ist das Wetter prächtig und ich habe einiges vor, der Tag will genutzt sein.
Schmeiße mich also in Übungsklamotten und schicke eine SMS an den Meister, in der ich ihm gute Besserung wünsche und Stefanie und mich für Freitag im Volkspark ankündige. Im Park ist natürlich niemand, der arme Xiao Lu ist wohl zu krank. Soll der Gute sich mal ordentlich auskurieren! Aber immerhin kann ich im Postamt an der Dalian Lu meine Kabelfernsehrechnung begleichen, in den Minimärkten geht das nämlich nicht.
Zu Hause wird dann in die Hände gespuckt und die Bude auf Hochglanz gebracht. Das ist auch bitter nötig. Letzte Woche haben auch wir unseren Teil der Sandstürme aus Beijing abbekommen. Teilweise hat sich das Zeug in der Wohnung verteilt, teilweise mit dem Regen auf den Fenstern abgesetzt. (Tröstlicherweise wurden durch den Staub und den Regen jede Menge Schadstoffe gebunden, wie uns die Presse weismachen will. Mein Gesicht spricht da eine andere Sprache). Zum Fensterputzen habe ich mir daher extra bei Carrefour ein nützliches Tool geholt, das jetzt entpackt und zum Einsatz gebracht wird. Dass ich das ganze im 17. Stock mache, versuche ich zu ignorieren. Fensterputzen ist nicht gerade meine Paradedisziplin, aber nach kunstvollen Verrenkungen und wagemutigen Einsätzen mit Schwamm und Rakel auf einem wackeligen Hocker sieht das Ganze nicht schlecht aus. Denke einfach, das ist ein Urinstinkt der deutschen Hausfrau. Bald Ostern + Frühling = Heftig Putzen. War bestimmt schon so, seit die ersten Höhlenmenschen sich sesshaft gemacht haben. Außerdem kommt ja Mittwoch Stefanie, und die soll sich hier doch wohl fühlen. Zu diesem Zweck habe ich letzte Woche schon bei Ikea noch einige Deko- Gegenstände erworben, sieht jetzt in meiner Bude nicht ungemütlich aus. Zur Feier des Tages ziehe ich das Rollo zum Gemeinschaftsflur hoch und biete meinen staunenden Nachbarn die „Die merkwürdige Ausländerin putzt ihre Wohnung“- Show. Nach fünf Stunden blitzt und blinkt die Hütte, und als hätte sie es geahnt, geht Stefanie online und wir chatten ein wenig. Werde sie Mittwoch vom Flughafen abholen, wir machen letzte Details aus. Gott, was freue ich mich! Kann das fast noch gar nicht glauben!
Da der Tag so schön ist, fahre ich in die Stadt. Habe einen Trödelladen auf meinem Radar, muss am Jing ´An Tempel aussteigen. Lande ausgerechnet vor der Filiale von „New York Style Pizza“ und mir fällt auf, dass ich bis auf ein halbes Brot den ganzen Tag noch nichts gegessen habe. Egal, wer weiß, wann der Trödelladen zu macht, Pizza kann ich immer noch essen. Die Aktion entpuppt sich mal wieder als klassische „Auf dem Stadtplan sieht das ganz nahe aus“ Nummer, aber immerhin komme ich am Shanghai Exhibition Center vorbei, einem den Chinesen von ihren damaligen besten Freunden, den Sowjets geschenkten Gebäude im Stalin- Zuckerbäckerstil, dass ich bis jetzt nur von Ferne bewundern durfte.
Der Trödelladen ist auch ziemlich geil, verliebe mich gleich in einen wunderschönen Hocker, den ich mir aber verkneife. Getreu der Weisung meines Gemahls kaufe ich aber geschmackvollen Fuppes. Zwei Holzreliefs, die wohl ursprünglich mal ein Möbel oder ein Bauteil geziert haben. Haben natürlich was mit Kampfkunst zu tun: Das eine zeigt einen Typen, der auf einem Tiger reitend Keulen schwingt, das andere einen, der auf einem hundeartigen Tier sitzt und ein Schwert führt. Sehr liebevolle Details und die beiden Freunde kosten nur umgerechnet 8,- Euro, was mir sehr angemessen erscheint. Antik sind die natürlich nicht. (Ying, meine Chinesisch- Lehrerin erklärt mir später, dass die beiden Knaben Schutzgötter seien. Der mit den Keulen ist für Gewitter verantwortlich. Was läge näher.)
Bummele dann noch die Changle Lu runter, habe aber keine Lust, die Klamottenläden näher zu durchleuchten.
Zu Hause angekommen erforsche ich endlich mal den E- Mart. Durchaus eine Alternative zu Carrefour, ebenfalls riesig. Liegt zwar näher an meiner Wohnung, aber Carrefour ist halt auf dem Weg von und zu der Arbeit. Aber der E- Mart hat die klar bessere Tiefkühlabteilung, zum Beispiel gibt es hier tiefgefrorenes Nan- Brot, das auch gleich in den Einkaufskorb wandert. Und auch vegetarische Dim Sum, für die Zubereitung brauche ich allerdings noch einen Dämpf- Einsatz für meinen Wok. Bin heute allerdings zu faul und zu hungrig, danach zu suchen. Aber auf dem Weg zur Kasse fallen mir noch Schoko- Haselnusskekse in die Hände. Die Kassiererinnen in E- Mart sind pampig, na ja, was solls. Stelle fest, dass ich mich glücklich schätzen kann, was die Nahrungs- Infrastruktur angeht.
Mein Freund, der Elektromann hängt an der Pforte ab und freut sich mächtig, als er mich sieht. Hat vielleicht mit einer der Pförtnerinnen was am laufen. Ist ja auch für sein Alter ein schmucker Kerl. Daumen hoch und „OK-ah!“ gebrüllt. Die Köpfe meiner vor dem Aufzug wartenden Nachbarn schnellen herum. Häh, die komische Ausländerin und der Elektromann kennen sich? Und quatschen auch noch miteinander?
Erfreue mich an der frisch geputzten Bude, dem Vollmond und mache mir was zu essen. Haselnusskekse schmecken superlecker. Quatsche mit Ali, bald ist Stefanie da und ich habe ein paar Tage frei. Was freue ich mich!

Montag, März 22, 2010

最后更新– Neueste Entwicklungen

Wie ja aus meinem letzten Post ersichtlich ist, lässt die Expo die gesamte Stadt durchdrehen. Mittlerweile gibt es an wirklich allen Metrostationen Gepäckscanner und stichprobenartig wird auf Sprengstoff untersucht. Auch ich musste es mir neulich gefallen lassen, dass eine Dame mit einem gelben Teil über meinen Körper wedelte. Hatte natürlich gerade keinen Sprengstoff bei mir.
Klappfahrräder darf man jetzt auch nicht mehr in der Metro mitführen, was bei weiten Teilen der Bevölkerung für großen Unmut gesorgt hat. Denn viele Leute, die weiter von der Metrostation weg wohnen oder arbeiten, fahren mit einem solchen Gefährt dort hin und nehmen es dann mit in den Zug. Die Kreativität, mit der versucht wird, dieses Verbot zu unterlaufen, kennt keine Grenzen.
Seit dem 01. März darf in bestimmten öffentlichen Gebäuden wie Hospitälern oder Kindergärten nicht mehr geraucht werden. Um dies zu untermauern, wurden in den Aufzügen meines Wohnhauses extra große Schilder angebracht. Liegen aber trotzdem manchmal noch Kippen drin. Und auch auf dem Flur vor unserem Büro darf man eigentlich nicht mehr rauchen, woran sich aber natürlich kein Mensch hält.
In einem Anfall von Aktivität suche und finde ich eine Chinesischlehrerin. Ying hat in Hamburg studiert und spricht hervorragend Deutsch. Schnupperstunde, sie ist mir sympathisch, ab morgen geht es dann richtig zur Sache.
Den Shanghaier Kumpel von Herrn Burland maile ich auch noch an, scheint ein witziger Typ zu sein. Leider ist der erstmal zwei Wochen weg, aber danach werden wir uns dann treffen.
Der Tagespresse entnehme ich, dass Weißwein sich mittlerweile in China immer größerer Beliebtheit erfreut. Komisch, bin doch erst knapp zwei Monate hier und so schnell haben die das gemerkt? Oder basiert diese Studie ausschließlich auf den Umsätzen des Carrefour in der Quyang Lu? Da herrscht mittlerweile tatsächlich Notstand an Weißwein, aber außer mir muss es noch mehr Konsumenten geben. Soviel kann ich gar nicht saufen. Und um die Ecke ist ja die SISU, da gibt es bestimmt noch mehr Ausländer, die einen guten Tropfen zu schätzen wissen. Überraschenderweise erweist sich ein einheimisches Produkt als recht genießbar. Dragon Seal Chardonnay. Echt nicht übel. Für China jedenfalls.
Wilson der Efeu wirft seine Blätter ab und sieht nicht gut aus. Spinnmilben. Mist. Habe mich doch immer an seinem frischen Grün erfreut. Naja, wird wohl ein Blumenmarkt ausfindig gemacht werden müssen. Ikea Pflanzen sind halt einfach nichts.
Experimentiere mit der chinesischen Küche und kann mittlerweile tatsächlich drei Gerichte zubereiten. Sieht zwar nicht sonderlich hübsch aus, ist aber einigermaßen genießbar. Und langsam nähere ich mich dem Soll- Geschmack an. (Xiao Lu hat mir außerdem versprochen, mir die Zubereitung von Tudou Si, sauren Kartoffelstreifen beizubringen. Muss ihn demnächst mal dran erinnern).
Zahle stolz meine erste Nebenkostenabrechnung im Family Mart und kriege als Großkundin eine Schachtel mit irgendeinem Plastikfuppes drin. Der Fuppes entpuppt sich als echt hässlicher pinkfarbener Tiger, der eine Glücksmünze in der Pfote hält. Wird aber von mir gleich heiß geliebt. Jetzt kann es ja nur noch aufwärts gehen.

Nachdem ich es die letzten beiden Wochenenden entweder wegen völliger Ermattung meinerseits oder Mistwetters nicht ins Training geschafft habe, schwinge ich mich Samstag gut gelaunt in den Bus. Das Wetter ist prächtig und mir fällt auf, dass viele Sträucher zu blühen begonnen haben. Meine Laune wird sogar noch besser, als ich Xiao Lu im Park sehe. Von dem hatte ich auch schon länger nichts mehr gehört. Machen uns zusammen warm und schwätzen, herrlich. Er meint, der Meister hätte immer noch nichts zu ihm gesagt wegen Nachhilfeunterricht, der hat das wohl vergessen. Und eigenmächtig unterrichten geht natürlich nicht. Hm. Klar. Muss dann halt noch mal fragen, hat der Meister bestimmt vergessen.
Meine Freundin, die Shanghaier Hausfrau schießt auf mich zu und jabbelt auf mich ein. So lange nicht gesehen! Ist das Wetter nicht prachtvoll! Den Rest verstehe ich leider nicht.
Xiao Xu und ein ebenso pummeliger wenn auch größerer Kumpel kommen später auch, warten aber lieber erstmal rauchend auf den Meister, bevor sie sich umziehen und warm machen. Der eilt dann auch 20 Minuten zu spät herbei. Xiao Lu und ich vermuten Mahjang- und Saufexzesse, tatsächlich war aber was an der Gasleitung defekt. Ja, das ist natürlich wichtig! Ich kündige erstmal Stefanie an und frage, ob mir Xiao Lu denn vielleicht etwas Nachhilfe geben könnte? An nächsten Samstag? Und Stefanie dann auch? Ja, geht klar. Berichte das dann gleich ganz stolz Xiao Lu, der auch grinst. Freue mich tierisch, denn Xiao Lu ist ein unbarmherziger Lehrer und seine Bewegungen sind sehr elegant und präzise.
Wird eine klasse Übungsstunde, vor allem Anwendungen, was die beiden Pummel ganz großartig finden. Für Xiao Lu leider nicht so toll, denn der Meister tritt ihm im Überschwang der Gefühle volles Rohr ans Schienenbein. Autsch. Ich kriege nur ein paar blaue Flecke am Unterarm. Jeremy (oder Xiao He, wie er richtig heißt) kommt auch noch, als die Toberei schon wieder vorbei ist. Der hatte das wohl geahnt. Alles Schönwettertrainierer!
Muss dann leider arbeiten, weil wir Montag eine wichtige Abgabe haben. Kriege aber viel geschafft, da es im Büro schön ruhig ist. Abends gehen wir mit einen Haufen Leuten lecker essen. Hunan Küche. Schön scharf! Der Rest zieht noch in eine Kneipe weiter, ich aber gehe brav nach Hause, da ich ja am nächsten Tag wieder arbeiten muss.

Auch am heutigen Sonntag wieder Prachtwetter, auch Xiao Lu ist wieder im Park. Ich lerne, dass die Magnolie Shanghais Stadtblume ist. Wie schön.
Ob sein Bein denn noch wehtäte? Er rollt die Hosen hoch, alles grün und blau. Autsch. Dafür gibt es Streicheleinheiten von mir, um ihm zu vermitteln, dass man bei uns den Schmerz wegpustet, ist jenseits meiner Chinesisch- Kenntnisse.
Einzelbewegungen mit dem Meister und Xiao Lu, Jeremy stößt dann auch noch dazu. Als wir mit dem Üben der Schrittfolgen anfangen, taucht dann auch noch das Mädel auf. Während sie sonst eher im Hintergrund rumgehampelt hat, wagt sie sich jetzt einfach unter uns. Xiao Lu ist pikiert und begibt sich auf den oberen Teil des Trainingsgeländes.
Eine Schnalle in rosa Trainingsanzug versucht völlig unauffällig mit einer Kamera mit Riesen- Teleobjektiv Bilder von mir zu schießen. So was kann ich ja gar nicht leiden. Sollen die Leute doch einfach fragen. Aber nicht so tun, als wollten sie einen Strauch bei Gegenlicht knipsen und dann auf mich schwenken, wenn sie denken, ich merke es nicht. Vor allem, weil diese Tussi diese Nummer letztes Jahr schon versucht hat. Die Schnalle merkt schließlich, dass sie keinen Erfolg haben wird und dackelt ab.
Ich muss Ying Quan vorturnen, peinlich, natürlich seit Wochen nicht geübt. Und dann geschieht etwas denkwürdiges: Der Meister wendet sich dem Mädel zu und fängt tatsächlich an, sie zu unterrichten. Währenddessen nimmt mich Xiao Lu mit Ying Quan in die Mangel, Vorgeschmack auf nächsten Samstag. Wie habe ich das vermisst! Nach intensivem Üben verschnaufen wir beide kurz und beobachten den Meister und das Mädel. Xiao Lus Augen werden schmal und er zischt was von „Bu hao“. Warum denn, frage ich, es sei doch ganz gut, wenn Nachwuchs herangezüchtet werde. Nicht gut, Frauen sollten kein Tongbei lernen. Daraufhin verpasse ich ihm eins und mache ihn darauf aufmerksam, dass ich ja auch eine Frau sei. Leises Fauchen. Das sei ja was anderes. Verstehe einer Kampfkünstler. Zur Strafe darf Xiao Lu dann mit dem Mädel weitermachen, während der Meister mit Jeremy und mir bestimmte Teile verschiedener Formen vertieft. Was macht das Spaß! Anscheinend ist der Meister recht zufrieden mit mir, ich höre sogar ein paar Mal „piaoliang“. Xiao Lu hingegen wirkt gar nicht glücklich, schließlich widmet er sich dem Ausbuddeln und sorgfältigem Einpackens eines kleinen Setzlings. (Frage später nach, den will er bei sich zu Hause einpflanzen).
Um den Meister zu erfreuen, zeige ich ihm auf meinem iPod die Aufnahme von Ying Quan, die ich 2005 von ihm gemacht habe. Er ist begeistert, kannte er noch nicht. Ob er das haben könne? Und alle anderen Videos, die ich so habe, seine Festplatte sei hinübergegangen? Klar, kriegt er nächste Woche auf USB- Stick.
Das Mädel darf noch die Anfänge von Tai Zu Quan lernen, dann ist eine tolle Unterrichtsstunde vorbei. Meister Wu meint, er habe mal eine ganz tolle Hochschulstudentin als Schülerin gehabt. Wie schön ihre Bewegungen gewesen seien, so locker! Aber dann habe sie geheiratet, ein Kind bekommen und nicht mehr geübt. Der Meister seufzt. Wie schade! Vielleicht ein Grund, warum die ungerne Frauen unterrichten. Mit Xiao Lu wird eine Uhrzeit für nächsten Samstag klargemacht, dann ab zum Bus und nach Hause.
Lieferung von Abendbrot hängt an der Tür, lecker Walnussbrot und Kürbiskernbrötchen. Und eine Käse- Laugenstange. Und zur Belohnung noch ein Mandelhörnchen. Mmmmmh!
Entspanntes Arbeiten mit den beiden Katzenkindern auf dem Schoß, um halb sechs beschließe ich, es für heute gut seien zu lassen.
Steige am Fußballstadion aus und schaue im DVD- Laden an der SISU vorbei. Bin diese Strecke seit letztem Jahr nicht mehr gelaufen, merkwürdiges Gefühl. Damals war ich noch Touristin, jetzt bin ich Expat. Finde tatsächlich sechs brauchbare DVDs, unter anderem „The men who stare at goats“. Klasse, kann ich schön im Bett Film schauen, das liebe ich!
Kaufe auf dem Weg nach Hause noch einen 4 Liter Wasserkanister. Schwinge fröhlich die Chifeng Lu entlang und was sehe ich?! Einen Laden, der Pümpel feilbietet! Wow! Keine abgeschnittenen Plastikflaschen mehr! Hätte ich nicht die 4 Liter Bombe und die DVDs unter dem Arm, hätte ich sofort einen gekauft. Ach was, alle und die dann an die darbende Expat- Gemeinde Shanghais für teuer Geld veräußert! Aber gut zu wissen, vielleicht schaffe ich es morgen vor dem Unterricht noch, einen zu kaufen.
Vor dem Aufzug meiner Wohnanlage stehen eine Dame und der nette Herr von den Elektrizitätswerken, der mir neulich die Sicherung repariert hat. Großes Hallo, ich begrüße ihn freundlich. Der Aufzug kommt und der nette Herr drückt schwungvoll mehrere Stockwerke, nämlich das der Dame, meines und das, wo er hin muss. Ich jubele begeistert, dass er sich das gemerkt hat! Der nette Herr winkt bescheiden ab. Nicht doch! Ich preise ihn als „congming“ (Schlau), er lacht und winkt mir fröhlich zum Abschied zu, als ich aussteige.
Der kränkelnde Wilson wird mit Seifenlauge behandelt, Chat mit Ali und Stefanie, die ja bald kommt. Worauf ich mich sehr freue. Gutes deutsches Abendessen, Bratkartoffeln mit Spiegelei und Kürbiskernbrötchen, dazu ein Gläschen Dragon Seal. Bude aufwischen, jetzt ins Bett mit DVD. Das Leben ist schön.

Samstag, März 20, 2010

无可奉告 – Kein Kommentar

Dear MUDIS
2010 Shanghai EXPO is coming soon. Here is some safety notice from the Property Management.
Best regards!
Jiajia


Basic Anti-terrorism knowledge from the Property Management of our office building:

Emergency phones
1. Fire emergency: 119
2. Police: 110
3. Ambulance: 120

Monitor Duty Office phone number
1.Guangfu Road 51066621
2.North Market 61810919

How to handle with Unidentified object(s)
1. Do not take care of objects from a stranger
2 Do not open or move Unidentified object. Promptly notify the security personnel when you find such objects
3. If you need to evacuate please follow the arrangements of the local management on-site

Identification of a nuclear/bio-chem incident
1. Eyes being blurred, eye paining, breath difficulty, sweating, nausea, vomiting, convulsions, shock, skin redness blistering

Self-protection
1 Be calm
2 Use wet towel or a mask, cover the mouth, nose and skin.
3 Call the police, fire emergency, medical and other emergency personnel.
4 Help other people.
5 no use of elevator when evacuate from a building.

Samstag, März 06, 2010

小闯祸 – Kleine Missgeschicke

Metro:
Beschließe, es am ersten Arbeitstag nach den Ferien mal ruhig angehen zu lassen und erst um 9:00 zur Arbeit zu erscheinen. Anscheinend sind wir sowieso die Einzigen, die sich an die offizielle Regelung halten, alle unsere Partner fangen erst Montag oder gar Dienstag wieder an.
In der Mittagspause fragt mich mein Kollege Xianqi, ob ich denn heute morgen auch dumm aus der Wäsche geguckt hätte? Werde hellhörig. Wieso das denn? Na, weil die Betreiber der Metro zeitweise unsere Station in der Quyang Lu dicht gemacht hätten und das auch weiter zu tun gedächten. Wie bitte? Er schickt mir einen Link zu einer chinesischen Nachrichten- Seite. Auf einem Bild sind aufgebrachte Leute vor meiner Metrostation zu sehen. Da die Metro 8 chronisch überlastet ist und die Quyang Lu ein großes Einzugsgebiet hat, wird diese Station ab sofort an Werktagen von 7:20 bis 8:30 dicht gemacht. Wusste keiner. Und ich hatte mich schon über die über Neujahr errichteten massiven Gatter gewundert. Der Volkszorn kocht hoch und über die nächsten paar Tage werden online erbitterte Diskussionen geführt. Die Situation wird heikel, als die ersten Mieter von ihren Vermietern Mietminderungen verlangen. Ich wittere eine Chance auf neue Möbel. Die Stadtverwaltung und die Metrobetreiber lenken schließlich ein: Das sei doch nicht für immer, sondern nur, bis man das Überlastungsproblem in Griff habe. Ja, ja. Wahrscheinlich mal wieder ne Expo- Maßnahme, schließlich fährt die 8 direkt dort hin.
Für mich heißt das, möglichst vor 7:20 in die Station zu hechten. Bin dann zwar schon saufrüh auf der Arbeit, aber egal. Was willste machen. Habe sowieso viel zu tun momentan.

Online- Banking:
Am 01.03. erreicht mich auf dem Weg zu einer Besprechung eine SMS meiner Vermieterin, das Geld sei noch nicht eingegangen. Peinlich, hatte ich doch letzte Woche überwiesen. Zu Hause stellt sich heraus, dass das Geld wieder zurück überwiesen wurde. SMS an Frau Chen, ich bräuchte mehr Details zu ihrem Konto. Das versteht die nicht und die SMS gehen hin und her. Sage ihr schließlich, ich würde morgen jemanden um Hilfe bitten. Dann möchte ich mich aber doch nicht so schnell geschlagen geben. Andere Ausländer können ja hier auch überleben und die sprechen noch nicht mal Chinesisch! Schließlich rufe ich bei der Hotline der BOC an, die mir erklärt, ich müsse die Filiale von Frau Chen angeben. Weitere SMS, schließlich finde ich unter den vielen hundert Filialen der China Agricultural Bank auch die von Frau Chen und überweise das Geld. SMS an Frau Chen mit Vollzugmeldung, ich bitte sie, mir mitzuteilen, ob es geklappt habe? SMS am nächsten Tag, das Geld sei eingegangen. Bin erleichtert und entschuldige mich unterwürfig. Nächstes Mal dann pünktlich.

Zahn/ Klo:
Eine unserer Projektpartnerinnen hat uns aus ihrer Heimat lecker geröstete Haselnüsse mitgebracht. Noch in Schale, die aber mit einer Sollbruchstelle versehen ist. Wenn ich einem nicht widerstehen kann, so sind das geröstete Haselnüsse. Und für Ferrero Küsschen würde ich fast alles tun.
Feierabends fragen mich meine Kollegen, ob ich mit zu Ikea kommen wolle, da sei Schlussverkauf. Ach nee, lieber noch was fertig machen. So verlockend der Gedanke auch ist.
Kaum haben meine Kollegen das Büro verlassen, beiße ich herzhaft auf eine Nuss. Eine Erschütterung geht durch meinen Oberkiefer und zusammen mit der Schale fliegt mein halber Schneidezahn weg. Bin so geschockt, dass mir der Kreislauf wegbricht. Das hier ist das absolute worst- case Szenario, dass ich mir ausmalen kann. Zahnarztbesuch in China! Matthew fragt ganz besorgt, ob ich zur Notaufnahme wolle? Aber da würde man mir den Zahn wahrscheinlich gleich ziehen. Jetzt bin ich wirklich fast vorm Durchdrehen. Nichts da, hatte vorsichtshalber für solche Fälle schon mal eine Privatklinik ausgespäht. Dass ich die so schnell in Anspruch würde nehmen müssen, hatte ich allerdings nicht vermutet. Jetzt um 19.00 ist natürlich keiner mehr da und Matthew versucht mich galant zu trösten: Die meisten Chinesen hätten schlechte Zähne, da würde mein kleiner Makel nicht weiter auffallen. Und im übrigen seien Mädels mit Zahnlücken doch niedlich. Mag sein. Aber Mädels ohne Vorderzahn nicht. Torkele nach Hause und werde in der Metro fast ohnmächtig.
Matthew macht am nächsten Tag für mich einen schnellen Termin in der Zahnklinik klar. Kann kaum reden, vor allem nicht auf englisch, weil meine Zunge beim „th“ durch die Zahnlücke gleitet. Keine Ahnung, was mich dieser Spaß kosten wird, meine Versicherung wird das wohl auch nicht bezahlen, da die für zahnärtzliche Leistungen eine Wartezeit haben. Alles egal. Kriege den Tag rum und eile nach Hause, möchte mich einfach nur auf dem Sofa einrollen und abhängen.
Decke mich bei Carrefour mit den Grundbestandteilen der chinesischen Küche ein und ordere bei Abendbrot fürs Wochenende leckere Happen, spüle ab und möchte ins Bett- Klo verstopft. Hatte so was schon befürchtet und immer mal wieder nach einem Pümpel Ausschau gehalten- Gibt es hier nicht. Jetzt habe ich die Bescherung. Klar ist: Mit einem Pümpel erzeugt man ein Vakuum, muss doch mit einer Plastikflasche auch gehen. Grabbele aus meinem Müll eine leere Saftflasche. Einfach nur Druckluft aus der Flasche in den Abfluss blasen hilft nichts, säge schließlich den Flaschenboden ab, um eine größere Oberfläche zu haben und pumpe munter drauf los. Bald rülpst der Abfluss träge. Pumpe wie eine Verrückte, die Flasche faltet sich schnell ziehharmonikaartig zusammen und ich hänge bis zu den Unterarmen in der Brühe. Schließlich ein heftiges Gurgeln und der Abfluss ist frei. Die versaute Flasche wird entsorgt. Unser Müll hier wird regelmäßig von mittellosen Leuten nach recycelbaren Materialien durchwühlt, habe wegen der Flasche ein leicht schlechtes Gewissen. Egal, wegen der Müllsammler werde ich sie ganz sicher nicht desinfizieren.

Strom:
Schmeiße Freitag Morgen den Föhn an und auf einmal geht in der gesamten Bude das Licht aus. Mist. Mache mir aber nicht weiter Gedanken, muss auch zur Arbeit und zum Zahnarzt.
Dr. Wang leistet hervorragende Arbeit und ich bezahle für diesen kleinen Spaß umgerechnet 140,- €. Auch egal, dann gibt es halt erstmal keine neuen Klamotten. Und gut zu wissen, dass es hier kompetente Zahnärzte gibt.
Komme abends nach Hause und habe immer noch keinen Strom. Anruf beim jungen Ji, der mir Anweisungen gibt. Ich will wissen, wo die Hauptsicherung ist, irgendwie reden wir aneinander vorbei. Kreische schließlich völlig entnervt ins Telefon, es würde nichts funktionieren, woraufhin Ji sich schleunigst herbemüht. Entschuldige mich für den Ärger, den ich verursache und für den verspäteten Mieteingang. Auch Ji kriegt keinen Saft in die Hütte, das Elektrizitätswerk wird angerufen. Ziemlich schnell erscheint auch ein freundlicher Herr im Overall, der die Hauptsicherung ausbaut, von einer Drahtrolle ein Stück abknipst, dieses in die Sicherung fummelt und sie anschließend wieder einsetzt. Der Hauptschalter wird umgelegt und siehe da: Ich habe wieder Strom! Bin glücklich, denn ich habe mich schon das Wochenende in einem Hotel verbringen sehen. Ji schreibt mir für alle Fälle mal die Notfallnummer der Elektrizitätswerke und ein paar Phrasen auf, meint aber, so ein Fall sei äußerst selten. Na, hoffen wir das mal!
Als ich mir Samstag Morgen die Haare föhnen will, passiert genau das gleiche. Gibt es doch gar nicht! Rufe also die angegebene Nummer an und schaffe es immerhin, meine Adresse, Stockwerk und Appartementnummer fehlerfrei durchzugeben und die aufgeschriebenen Phrasen anzubringen. Die Dame am anderen Ende der Leitung hat noch Detailfragen, die ich allerdings nicht verstehe und somit nicht beantworten kann. Schließlich stellt sie fest, ich sei Ausländer, richtig? Wie hat sie das nur gemerkt! Bin in großer Sorge, dass mein Anliegen vielleicht nicht verstanden wurde, aber nach knapp 20 Minuten klopft ein Fachmann an meine Tür und tauscht wieder die Drähte aus. Verrückt. Ob das am Föhn liegt? Werde morgen für alle Fälle mal einen neuen kaufen.