Montag, November 15, 2010

漫无目的小姑娘 – Zappelmaid

16.10.2010, Samstag

Schlafe erst mal schön aus und schwinge entspannt zum Nachmittagstraining mit Xiao Lu in den Park. Am Eingang werde ich Zeugin eines wüsten Gerangels, auch zwei Damen mischen kräftig mit beziehungsweise versuchen, die Streithähne auseinander zu halten. Ja, die Shanghaier, ein lustiges Völkchen. Das gefällt mir hier so. Habe mal gehört, dass die Koreaner allerdings wesentlich schneller die Fäuste fliegen lassen und Wirtshausschlägereien dort an der Tagesordnung sind.
Warte wie üblich lesend auf meiner Bank in der Sonne auf Xiao Lu, wir haben uns jetzt über eine Woche nicht gesehen und ich freue mich darauf, mit ihm zu üben und zu plaudern. Wir begrüßen uns fröhlich und schlendern zum Übungsgelände, mich trifft der Schlag: Da steht die kleine Zappelmaid und dehnt sich. Auch Xiao Lu ist offensichtlich überrascht, ich bin so dermaßen außer mir vor Wut, dass ich mich umdrehe und zum Parkausgang stürme.
Xiao Lu brüllt hinter mir her, ich solle zurückkommen, aber ich sehe rot. Als ich schon fast draußen bin, halte ich inne: Soll ich diesem kleinen Luder einfach kampflos das Feld überlassen? Nein, sicher nicht, wird Zeit, dass die mal in ihre Schranken gewiesen wird. Also Umkehr und dann wird Xiao Lu, der unsere Arena fegt, Zeuge eines Gekeifes auf Englisch, das sich gewaschen hat. (Als Shanghaier dürfte er das von Weibern allerdings gewohnt sein).
Die Zappelmaid eröffnet trotzig das Gefecht. Sie wolle doch nur zusehen, dies sei schließlich ein öffentlicher Park und sie wolle ja auch nur Xiao Lu, nicht mich beobachten. Aha, und warum habe sie dann Trainingsklamotten an? Und habe sich warm gemacht? Ja, äh….also… Ich mache ihr klar, dass dies kein offizielles Training sei, sondern eine private Verabredung zwischen mir und Xiao Lu. Wie sie es denn finden würde, wenn sie zum Beispiel eine Party gäbe und jemand tauche uneingeladen auf? (Was mich besonders ärgert: Sie hatte ihn schon mehrere Male diskret bei Xiao Lu angefragt, ob sie mittags mitmachen dürfe und jedes Mal eine abschlägige Antwort erhalten. Jetzt versucht sie es mit Dreistigkeit, für mich hört da der Spaß auf).
Worte fliegen hin und her und gelegentlich versucht Xiao Lu erfolglos einzulenken, wenn er eine Schlüsselphrase aufschnappt. Schließlich fleht mich die Maid fast an, sie wolle doch nur kurz mit Xiao Lu reden, er sei doch ihr Freund und ich sei doch auch ihre Freundin.(Als ob ich über Xiao Lu gebieten würde!)
Für mich hat das mittlerweile den Charakter einer schlechten Seifenoper und ich habe keine Lust, noch weiter mitzuspielen.
Jetzt bin ich an der Reihe und es folgt eine typisch chinesische Szene. Ich entschuldige mich wort-reich für mein Ausflippen, wenn die Maid und Xiao Lu plaudern wollten, wolle ich nicht im Wege sein. Hänge mir meine Tasche um und mache lächelnd Anstalten, zu gehen. Xiao Lu ist alarmiert.
Neinnein, sagt die Zappelmaid, sie wolle doch nur kurz mit Xiao Lu quatschen, dann ginge sie. Dieses Pingpong geht eine Weile, dann hänge ich die Tasche wieder an den Baum, zerre mein Buch raus, setze mich auf einen Stein und tue so, als ob ich läse, während die Maid sich mit Xiao Lu unterhält.
Da ich außer mit Xiao Lu nie viel rede, werden meine Chinesisch- Kenntnisse oft unterschätzt und jetzt bin ich dankbar dafür. Denn die Maid fragt ihn, ob sie denn jetzt mitmachen oder wenigstens zuschauen dürfe und wird voll abgebügelt.
Erstens müsse sie deswegen den Meister fragen, zweitens aber dann auch gefälligst endlich mal Unterrichtsgebühr bezahlen. Da der Meister diese von ihr bis jetzt abgelehnt habe, sei sie sowieso keine vollwertige Schülerin. Und selbst wenn Meister Wu zustimme, könne sie Samstag und Sonntag keinesfalls mitmachen. Drittens solle sie zusehen, dass sie die Grundlagen draufbekomme, bevor sie hier mit Fortgeschrittenen üben wolle. Höfliches Geplänkel zwischen den beiden, die Maid trollt sich kleinlaut.
Entspanntes Training mit Xiao Lu, der mir versichert, dass er erstens keine andere Frau außer mir in die tiefen Geheimnisse des Heyi Tongbei einweisen würde und zweitens die Zappelmaid nur unterrichten würde, wenn Meister Wu das ausdrücklich befähle. Dann aber auch nur die Grundlagen. Und ich solle mich nicht aufregen, das sei sehr schlecht für den Blutdruck.
Ich entschuldige mich, ich sei sehr unhöflich gewesen, was will man machen, deutsches Tempera-ment, bu hao. Aber mir sei durchaus bewusst, dass ich in diesem Land nur zu Gast sei und ich mich den Sitten anzupassen habe, ich erwähne, dass ich mich bei der Maid bereits entschuldigt habe und das gerne morgen nochmal täte. Nee, sagt Xiao Lu, die Maid habe da schon Scheiße gebaut, wisse jetzt Bescheid und die Sache sei vom Tisch. Na denn.

17.10.2010, Sonntag

Xiao Lu und ich treffen uns wie immer eine Stunde vor Trainingsbeginn zum Warmüben. Bin mal gespannt auf die Begegnung mit der Maid.
Die kommt denn auch pünktlich und hält sich bescheiden im Hintergrund. Kein Wort über den gest-rigen Konflikt. Meister und Teeknülch erscheinen gemeinsam, auch ein junger Knabe, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe. Sein Vater hält wohl große Stücke auf Meister Wu und möchte, dass sein lascher Sohn sich anhand der traditionellen Kampfkünste körperlich ertüchtigt. Der Knabe hat ganz klar keine Lust, was ich verstehen kann. Fand Balletunterricht auch blöd als Kind und war froh, dass ich irgendwann mal so groß war, dass das keinen Sinn mehr machte. Dennoch bemüht sich der junge Mann, leider wenig erfolgreich. Auch Jeremy läuft irgendwann mal auf. Schlimmer Finger, hat jetzt schon vier Weiber geschwängert und seine aktuelle Gattin liebäugelt mit einem anderen Kerl. Soweit ich verstehe, hat sie Jeremy gefragt, ob da nicht eine kleine Menage a trois ginge. Ob sowas im Westen üblich sei, will Meister Wu wissen. Nee, so verdorben sind selbst wir nicht. Die Maid ist ungewöhnlich still.
Meister Wu ist blendender Laune und lädt uns zum Essen ein. Ich sehe meine Chancen auf ein inti-mes Nachmittagstraining schwinden, da Alkohol im Spiel sein wird, den Xiao Lu nicht verträgt.
Am Parkeingang werden saisongerecht bemalte Flaschenkürbisse und deren Samen feilgeboten. Ob wir die in Deutschland hätten, will Xiao Lu wissen. Naja, Kürbisse schon, aber nicht diese, höchstens als Dekorationsobjekte. Was? Dann müsse man das schleunigst ändern. Diese Kürbisse seien sehr schmackhaft und man könne sehr nahrhafte Suppen daraus machen. Er ersteht für ein paar Fen Kürbissamen, die mir mit der eindringlichen Mahnung, diese in Deutschland auszusähen übergeben werden. Ich verstaue die Samen mit großer Sorgfalt, werde ich dann Ali mitgeben. Meine Schwiegermama kriegt die Teile sicherlich zum keimen. Und von diesen roten getrockneten Beeren wird auch noch ein Beutel gekauft und mir geschenkt. Gut für die Augen und den Magen. Die Zappelmaid betrachtet uns mit schmalen Augen.
Leckerer Schmaus und prächtige Unterhaltung. Ich schaffe es, mächtigen Alkoholkonsum vorzutäu-schen und dabei nur ein kleines Glas Bier zu trinken, der neben mir sitzende Xiao Lu muss jedoch eine ganze Flasche leeren. Das war es denn mit dem Nachmittagstraining, aber dafür habe ich lecker gegessen und mich wunderbar unterhalten.

4 Kommentare:

Xiaomo hat gesagt…

Spiel, Satz und Sieg, würde ich mal sagen ;-)

Bat hat gesagt…

Fortsetzung folgt...

Xiaomo hat gesagt…

Du meinst, die Kleine nimmt noch Anlauf?

Bat hat gesagt…

Aber ja, demnächst folgt Teil 2 dieser Geschichte!