Mittlerweile habe ich mich hier in meiner Bude ganz gut eingelebt. Ich nicke morgens im Aufzug meinen Nachbarn freundlich zu, quetsche mich mit den werktätigen Massen in die Metro, kenne im Carrefour jedes Sonderangebot und kann Taxifahrern mein Ziel ohne Zuhilfenahme von Zetteln beschreiben. Zu diesem Thema muss man mal eines sagen: In jedem Reiseführer steht, man solle immer eine chinesische Visitenkarte seines Hotels oder Zielortes mit sich führen, da die Taxifahrer kein Englisch können. Dies ist nur teilweise richtig. Man sollte zusätzlich auch alternativ einige Straßen oder Sehenswürdigkeiten in der Nähe parat haben, denn manchmal kennen die Taxifahrer gerade kleinere Straßen nicht. Und man sollte Chinesisch können, das ist kein Fehler.
China fiebert inzwischen dem neuen Jahr entgegen. Die Atmosphäre lässt sich ganz gut mit der bei uns kurz vor Weihnachten vergleichen. (Nur dass hier keine Lichterorgien in den Fenstern gefeiert werden). Man geht mit dem Büro Neujahrsessen, es gibt Gratifikationen und Gesprächsthema Nummer eins ist der anstehende Besuch bei der Familie in der Heimat und wie schwer es war, Zugtickets zu ergattern. Erstaunlich, fast alle Leute, mit denen ich beruflich zu tun habe, kommen aus irgendwelchen anderen Teilen Chinas. Wird hier in Shanghai wahrscheinlich ganz schön leer über die Feiertage. Und vor Neujahr muss natürlich noch ganz schnell irgendwas fertig gemacht werden, so dass ich zur Zeit wie verrückt arbeite. Dass wir alle eine ganze Arbeitswoche frei haben, hat natürlich auch einen Haken: Dafür dürfen wir dann den folgenden Samstag und Sonntag nacharbeiten. Also sind das im Grunde nur drei freie Tage, die wir genießen dürfen. Und wir müssen morgen und übermorgen auch schon ran, um das Expo- Team zu unterstützen. Die haben Dienstag Abgabe, was willste machen, man kann die Kollegen/ das Projekt ja nicht absaufen lassen.
Meine Arbeitserlaubnis ist da, ein rotes Heftchen mit goldenem Siegel. Und einen offiziellen chinesischen Namen habe ich jetzt auch: 沈贝亚。 Finde 贝蒂娜 zwar schicker, aber der Zug ist jetzt abgefahren. Na gut, im Zivilleben werde ich den halt weiter benutzen, steht ja auch auf meinen Visitenkarten.
Heute dann nach Pudong zur Ausländerbehörde, der letzte Schritt zur Legalisierung meines Status hier. Diese Behörde kenne ich ja schon, was hatte ich letztes Jahr bei meiner Visumsverlängerung diese wichtigtuerische deutsche Schnalle neben mir beneidet, die wegen ihrer Aufenthaltsgenehmigung dort wartete und ständig mächtig cool telefonierte! Jetzt mache ich mich selber mit einen Stapel wichtiger Dokumente auf den Weg.
Hatte fast vergessen, wie grässlich Pudong ist, hier würde ich niemals wohnen wollten! Außer vielleicht in einer Suite des Marriot Hotels im Jinmao Tower mit Blick auf den Bund.
Lange warten muss ich nicht, Papiere sind in Ordnung, Aufenthaltgenehmigung und der ganze Kram werden mir dann noch vor Neujahr per Post zugeschickt.
Zurück ins Büro gönne ich mir ein Taxi, der Fahrer hat natürlich keine Ahnung, wo die Guangfu Lu ist. Aber da wir sowieso im Stau stehen, lässt sich das unter Zuhilfenahme sämtlicher Stadtpläne, näherer Erläuterungen meinerseits und einiger Telefonate mit Kumpeln des Fahrers zügig klären.
Nach der Arbeit Einkauf im Carrefour, aus den Lautsprechern dudeln fröhliche Neujahrslieder. (Also tatsächlich ganz wie bei uns zu Weihnachten). Diesmal lasse ich mich von der ausgelassenen Stimmung anstecken und decke mich mit Deko ein. Wer weiss, wann ich wieder zum Einkaufen komme, am Ende ist nächste Woche alles ausverkauft. Meine Ausbeute: Eine „Glücksdose“ aus Plastik in Form eines Apfels in Pink und Grün. Geil! Passt zu den Vorhängen und man kann Schmuck und Geraffel drin aufbewahren. Ein kitschiger kleiner rosa Tiger- Aufhänger mit Gebamsel. (Das Zeichen auf der Stirn des Tigers bedeutet „Wang“, König. Das haben die Chinesen aus dem typischen Fellmuster von Tigern abgeleitet. Deswegen gilt hier auch der Tiger als der König der Tiere, nicht der Löwe. Der Tiger ist das ranghöchste irdische Tier, der Drache das höchste himmlische). Das Prunkstück meiner Sammlung jedoch ist ein fetter goldener Tiger mit ordentlich Geglitzer und ordentlich Gebamsel. Den hatte ich schon lange auf meinem Radar, der wird meine Küche rocken. Denn dies ist der einzige Ort, wo ich wenigstens mit Saugnapfhaken irgendwas an den Wänden befestigen kann, Nägel darf ich ja leider nicht in die Wände hauen. Auf die Glück bringenden Spruchbänder, die üblicherweise außen neben und über der Tür angekleistert werden, verzichte ich lieber. Nachher gehen die nicht mehr ab und ich darf den Flur neu streichen lassen. Aber ich kaufe alle Hongbaos mit Tigermotiven, die es gibt und noch zwei Packungen mit neutralen. „Hongbao“ (红包) bedeutet „Roter Umschlag“. Sie sind so formatiert, dass Geldscheine exakt reinpassen, üblicherweise werden an Neujahr vor allem Kinder damit beglückt. Mit prall gefüllten natürlich. Der Typ an der Kasse muss denken, ich hätte echt was gutzumachen. Und noch ein gewagtes Experiment: Durch das gechlorte Wasser und die Beföhnung aus dem Klimagerät ist meine Haut recht trocken. Körperlotion sollte es bei Carrefour ja wohl geben. Nur wo? Eigentlich sind die Abteilungen recht klar gegliedert und Zeugs fürs Gesicht finde ich auch, aber für den Rest? Schnappe mir schließlich von einem sorgfältig aufgetürmten Sonderangebotsstapel eine Packung mit zwei verschiedenen Plastikflaschen. Ich entziffere auf der einen das Zeichen für „trocken“, hoffentlich Haut. Auf beiden Flaschen steht auf englisch „Body“. Nehme das mal als gutes Zeichen, aber vielleicht habe ich gerade Einbalsamierungsflüssigkeit erworben.
Zu Hause wird das Zeug eingepflegt: Riecht zwar etwas intensiv, bringt aber den gewünschten Effekt. Und vielleicht werde ich ab jetzt konserviert.
Auf die Anbringung meines Neujahrs- Schmuckes verzichte ich zunächst, irgendwie machen meine Nachbarn auch noch keine Anstalten dazu. Vorher muss wohl auch die Bude rituell gereinigt werden, das ist sowieso dringend fällig.
SMS an den Meister: Morgen Training, falls es nicht regnet? Umgehende Antwort: OK. (Bemerkung dazu am Rande: Letzte Woche Sonntag warf ich nach dem Aufstehen einen Blick auf die Wunderwaffe. SMS von Meister Wu: „To day rain. No practise“. Tatsächlich zeigte ein Blick aus dem Fenster Regen. Allerdings war die SMS schon um halb vier nachts bei mir eingegangen. Der alte Fuchs. War wohl am Saufen und Zocken und hat auch wegen des Wetters gepokert. Und gewonnen. War mir auch recht, kurz danach Magenkrämpfe, intensiver Kontakt mit dem Klo und den Tag im Bett/ auf dem Sofa mit den verzweifelten Hausfrauen verbracht. Man sollte halt kein angegammeltes Brot fressen).
Ying Quan wird mit Videounterstützung wiederholt, morgen also Training und dann bis zum Abwinken schaffen. Wenn es regnet, gleich bis zum Abwinken schaffen. Fürchte ja, es wird die letztere Option, denn der Wetterbericht verheißt nichts gutes. Aber vorsichtshalber stopfe ich die Kohle für den Meister in einen der hübschen roten Umschläge. Selbstverständlich in den mit dem fettesten goldenen Tiger.
China fiebert inzwischen dem neuen Jahr entgegen. Die Atmosphäre lässt sich ganz gut mit der bei uns kurz vor Weihnachten vergleichen. (Nur dass hier keine Lichterorgien in den Fenstern gefeiert werden). Man geht mit dem Büro Neujahrsessen, es gibt Gratifikationen und Gesprächsthema Nummer eins ist der anstehende Besuch bei der Familie in der Heimat und wie schwer es war, Zugtickets zu ergattern. Erstaunlich, fast alle Leute, mit denen ich beruflich zu tun habe, kommen aus irgendwelchen anderen Teilen Chinas. Wird hier in Shanghai wahrscheinlich ganz schön leer über die Feiertage. Und vor Neujahr muss natürlich noch ganz schnell irgendwas fertig gemacht werden, so dass ich zur Zeit wie verrückt arbeite. Dass wir alle eine ganze Arbeitswoche frei haben, hat natürlich auch einen Haken: Dafür dürfen wir dann den folgenden Samstag und Sonntag nacharbeiten. Also sind das im Grunde nur drei freie Tage, die wir genießen dürfen. Und wir müssen morgen und übermorgen auch schon ran, um das Expo- Team zu unterstützen. Die haben Dienstag Abgabe, was willste machen, man kann die Kollegen/ das Projekt ja nicht absaufen lassen.
Meine Arbeitserlaubnis ist da, ein rotes Heftchen mit goldenem Siegel. Und einen offiziellen chinesischen Namen habe ich jetzt auch: 沈贝亚。 Finde 贝蒂娜 zwar schicker, aber der Zug ist jetzt abgefahren. Na gut, im Zivilleben werde ich den halt weiter benutzen, steht ja auch auf meinen Visitenkarten.
Heute dann nach Pudong zur Ausländerbehörde, der letzte Schritt zur Legalisierung meines Status hier. Diese Behörde kenne ich ja schon, was hatte ich letztes Jahr bei meiner Visumsverlängerung diese wichtigtuerische deutsche Schnalle neben mir beneidet, die wegen ihrer Aufenthaltsgenehmigung dort wartete und ständig mächtig cool telefonierte! Jetzt mache ich mich selber mit einen Stapel wichtiger Dokumente auf den Weg.
Hatte fast vergessen, wie grässlich Pudong ist, hier würde ich niemals wohnen wollten! Außer vielleicht in einer Suite des Marriot Hotels im Jinmao Tower mit Blick auf den Bund.
Lange warten muss ich nicht, Papiere sind in Ordnung, Aufenthaltgenehmigung und der ganze Kram werden mir dann noch vor Neujahr per Post zugeschickt.
Zurück ins Büro gönne ich mir ein Taxi, der Fahrer hat natürlich keine Ahnung, wo die Guangfu Lu ist. Aber da wir sowieso im Stau stehen, lässt sich das unter Zuhilfenahme sämtlicher Stadtpläne, näherer Erläuterungen meinerseits und einiger Telefonate mit Kumpeln des Fahrers zügig klären.
Nach der Arbeit Einkauf im Carrefour, aus den Lautsprechern dudeln fröhliche Neujahrslieder. (Also tatsächlich ganz wie bei uns zu Weihnachten). Diesmal lasse ich mich von der ausgelassenen Stimmung anstecken und decke mich mit Deko ein. Wer weiss, wann ich wieder zum Einkaufen komme, am Ende ist nächste Woche alles ausverkauft. Meine Ausbeute: Eine „Glücksdose“ aus Plastik in Form eines Apfels in Pink und Grün. Geil! Passt zu den Vorhängen und man kann Schmuck und Geraffel drin aufbewahren. Ein kitschiger kleiner rosa Tiger- Aufhänger mit Gebamsel. (Das Zeichen auf der Stirn des Tigers bedeutet „Wang“, König. Das haben die Chinesen aus dem typischen Fellmuster von Tigern abgeleitet. Deswegen gilt hier auch der Tiger als der König der Tiere, nicht der Löwe. Der Tiger ist das ranghöchste irdische Tier, der Drache das höchste himmlische). Das Prunkstück meiner Sammlung jedoch ist ein fetter goldener Tiger mit ordentlich Geglitzer und ordentlich Gebamsel. Den hatte ich schon lange auf meinem Radar, der wird meine Küche rocken. Denn dies ist der einzige Ort, wo ich wenigstens mit Saugnapfhaken irgendwas an den Wänden befestigen kann, Nägel darf ich ja leider nicht in die Wände hauen. Auf die Glück bringenden Spruchbänder, die üblicherweise außen neben und über der Tür angekleistert werden, verzichte ich lieber. Nachher gehen die nicht mehr ab und ich darf den Flur neu streichen lassen. Aber ich kaufe alle Hongbaos mit Tigermotiven, die es gibt und noch zwei Packungen mit neutralen. „Hongbao“ (红包) bedeutet „Roter Umschlag“. Sie sind so formatiert, dass Geldscheine exakt reinpassen, üblicherweise werden an Neujahr vor allem Kinder damit beglückt. Mit prall gefüllten natürlich. Der Typ an der Kasse muss denken, ich hätte echt was gutzumachen. Und noch ein gewagtes Experiment: Durch das gechlorte Wasser und die Beföhnung aus dem Klimagerät ist meine Haut recht trocken. Körperlotion sollte es bei Carrefour ja wohl geben. Nur wo? Eigentlich sind die Abteilungen recht klar gegliedert und Zeugs fürs Gesicht finde ich auch, aber für den Rest? Schnappe mir schließlich von einem sorgfältig aufgetürmten Sonderangebotsstapel eine Packung mit zwei verschiedenen Plastikflaschen. Ich entziffere auf der einen das Zeichen für „trocken“, hoffentlich Haut. Auf beiden Flaschen steht auf englisch „Body“. Nehme das mal als gutes Zeichen, aber vielleicht habe ich gerade Einbalsamierungsflüssigkeit erworben.
Zu Hause wird das Zeug eingepflegt: Riecht zwar etwas intensiv, bringt aber den gewünschten Effekt. Und vielleicht werde ich ab jetzt konserviert.
Auf die Anbringung meines Neujahrs- Schmuckes verzichte ich zunächst, irgendwie machen meine Nachbarn auch noch keine Anstalten dazu. Vorher muss wohl auch die Bude rituell gereinigt werden, das ist sowieso dringend fällig.
SMS an den Meister: Morgen Training, falls es nicht regnet? Umgehende Antwort: OK. (Bemerkung dazu am Rande: Letzte Woche Sonntag warf ich nach dem Aufstehen einen Blick auf die Wunderwaffe. SMS von Meister Wu: „To day rain. No practise“. Tatsächlich zeigte ein Blick aus dem Fenster Regen. Allerdings war die SMS schon um halb vier nachts bei mir eingegangen. Der alte Fuchs. War wohl am Saufen und Zocken und hat auch wegen des Wetters gepokert. Und gewonnen. War mir auch recht, kurz danach Magenkrämpfe, intensiver Kontakt mit dem Klo und den Tag im Bett/ auf dem Sofa mit den verzweifelten Hausfrauen verbracht. Man sollte halt kein angegammeltes Brot fressen).
Ying Quan wird mit Videounterstützung wiederholt, morgen also Training und dann bis zum Abwinken schaffen. Wenn es regnet, gleich bis zum Abwinken schaffen. Fürchte ja, es wird die letztere Option, denn der Wetterbericht verheißt nichts gutes. Aber vorsichtshalber stopfe ich die Kohle für den Meister in einen der hübschen roten Umschläge. Selbstverständlich in den mit dem fettesten goldenen Tiger.
2 Kommentare:
Welche anderen himmlischen Tiere gibt es denn? Phönix? Äh: Weißer Kranich?
* ratlos
Äh, na ja. Jedenfalls hatte unser Chinesischlehrer uns das so erklärt. Aber der Oster weiss da sicherlich besser Bescheid...
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