Donnerstag, April 29, 2010

然后 - Danach

(Bilder gibt es später, wenn das Netz nicht so zickig ist...)

Montag früh macht Stefanie einen ziemlich schnellen Abgang, vielleicht ganz gut so. Ich ziehe ihr noch warmes Bett ab und schmeiße die Waschmaschine an. Auf der Arbeit rollen mir immer wieder Tränen aus den Augen, wenn ich an die letzten drei Wochen zurück denke. Wir hatten so eine geile Zeit zusammen, jetzt bin ich wieder alleine. Tja, habe ich mir schließlich so ausgesucht, da muss ich durch. Besprechung bis 23.00, als ich zu Hause eintreffe, landet Stefanies Flieger gerade in Frankfurt.
Das Wetter wird immer besser und meine Laune steigt langsam wieder. Eigentlich müsste ich ja mit meinem Anwalt Kontakt aufnehmen, da mir mein Ex- Arbeitgeber ein beschissenes Zeugnis ausgestellt hat, habe aber keinen Bock auf noch mehr Verdruss. Die Vorbereitungen für die Expo laufen auf Hochtouren, jeden Abend wird das Feuerwerk geprobt. Teilweise kann ich das von hier aus sehen, sehr hübsch. Ich glaube, von jetzt an wird jedes Feuerwerk in Deutschland für mich abstinken. Falls ich jemals dahin zurückkehren sollte.
Finde im Netz eine Möglichkeit, HR3 zu hören. Geile Sache, endlich wieder aktuelle Musik, bin glücklich. Stelle fest, dass ich die letzten drei Monate aber nicht allzu viel verpasst habe. Auch merkwürdig, dass über tolles Wetter für die Mittagspause geredet wird, wo hier doch schon der Vollmond über der Stadt hängt. Egal, muss mir wie meine Kollegen unbedingt Kopfhörer besorgen, damit ich auch während der Arbeit Radio hören kann.
Am heutigen Donnerstag hat Roland, einer meiner Arbeitgeber Geburtstag, es gibt Torte. Überraschenderweise besteht die mal nicht aus schwammartiger Substanz und Sahne, sondern ist richtig lecker. Wir loben Jiajia, die den Kuchen besorgt hat, überschwänglich.
Xingling und Xianqi erklären, heute Mittag „auf der Straße“ essen zu wollen und fragen ihre ausländischen Kollegen, ob wir da auch Bock drauf hätten? Klar haben wir! Wir landen vor einem winzigen Laden, der Koch ist ganz aufgeregt, dass Ausländer bei ihm zu speisen gedenken. Ein Klapptisch und Stühle werden herbeigeschleppt und am Straßenrand aufgebaut. Also sitzen wir unter dem Schatten aller coolen Wolkenkratzer auf der anderen Seite des Suzhou- Flusses tatsächlich auf der Straße, während der Koch alles gibt. Schmeckt auch alles sehr lecker, bei uns Ausländern kommt so was wie Urlaubsstimmung auf, was die Chinesen kurios finden.
Noch mehr Torte, jemand in einem der benachbarten Büros hat auch Geburtstag und zu diesem Anlass ca. drei Quadratmeter herzförmigen Erdbeerkuchen geschenkt bekommen. Davon kriegen wir jetzt was ab. Nach diesem Zuckerschock ist meine Laune endlich wieder besser, auf dem Heimweg gönne ich mir noch einen Strauß Pfingstrosen für knapp 60 Cent. Wasche Klamotten und übe Ying Quan. HR3 dröhnt und ich bin endlich wieder gut drauf. Und freue mich auf Lilo nächstes Wochenende.

最后一天- Letzter Tag

Klasse Wetter, Shanghai wirft für Stefanie noch mal alles an den Start. Xiao Lu sieht heute schon viel besser aus und Stefanie wird ihr Geschenk (Schokolade und Thera- Band) an ihn los. Bin mal gespannt, was er dazu sagt, denn er hatte sich mir gegenüber mal beim gemeinsamen Fernsehen bewundernd über die Trainingsmethoden chinesischer Hochleistungssportler ausgelassen und erwähnt, dass er gerne so ein Band hätte, es allerdings noch nicht gefunden habe. Da er sein Geschenk aber nicht vor uns auspackt, werde ich das wohl erst nächste Woche erfahren. Der liebeskranke Jud stellt sich auch noch ein, heute keine nervige Maid. Also ordentlich Anwendungen und Tui Shou. Locke und ein Kumpel des Meisters schauen auch noch vorbei, wenn Getobe angesagt ist, sind halt alle gerne dabei. Der Kumpel war wohl früher mal Gewichtheber und genauso sieht er auch aus. Fast 1,90 m groß und echt massig. Noch ein anderer Typ mit Glubschaugen kommt dazu, der würde wohl auch gerne unterrichtet werden. Aber das lehnt der Meister ab, der Typ hat seiner Ansicht nach kein gutes Herz.
Xiao Lu rangelt auf Geheiß des Meisters mit dem Gewichtheber. Ob das wohl gut geht? Schließlich wiegt der Gewichtheber mal locker 20 Kilo mehr als er. Drei Minuten später sitzt der Gewichtheber auf dem Arsch. Xiao Lu rockt. Glubschauge und der Gewichtheber ringen noch ein wenig miteinander, während wir uns umziehen und zuschauen. Letzte Fotos von lieben Freunden werden geschossen und das war es denn jetzt endgültig für Stefanie dieses Mal. Herzliche Umarmung vom Meister, er lacht und haut sie kernig auf die Schulter. Obwohl ich sehr bekümmert darüber bin, dass Stefanie morgen abreist, bin ich doch sehr froh über die Tatsache, dass ich nächstes Wochenende wieder dieses Programm hier im Park haben kann. Was war ich die vergangenen Jahre nach solchen Lektionen traurig, wieder nach Deutschland zurückkehren zu müssen und jetzt ist alles anders. Als wir zum Ausgang schlendern, fragt Xiao Lu Stefanie, ob sie denn nächstes Jahr wieder käme? Och, vielleicht dieses Jahr schon. Würde mich freuen. Am Parkausgang lässt sich sogar Xiao Lu zu so etwas wie einer Umarmung hinreißen.
Mittagessen mit Jud, der sich von uns weiblichen Rat zu seinen Beziehungsproblemen holt. Ob ihm gefällt, was wir zu sagen haben, steht auf einem anderen Blatt. Tja, so ist das Leben.
Nachmittags fahren Stefanie und ich in das Red Town Kunstzentrum in der Huaihai Lu. War hier über Neujahr Tote Hose, ist jetzt gut was los. Im Museum eine Ausstellung über zeitgenössische chinesische Kunst der letzten zwanzig Jahre, interessante Entwicklung. Einer der Künstler hält gerade vor begeisterten jungen Chinesen einen Vortrag, den wir uns allerdings wegen mangelnder Sprachkenntnisse schenken. Stefanie findet den Skulpturengarten auch nett. Somit haben wir jetzt alle Sachen, die ich ihr hier in Shanghai zeigen wollte abgefrühstückt, gut so. Auf dem Weg zur Metro stolpern wir dann auch noch über den Blumenmarkt und ich bedauere zum ersten Mal, keinen Balkon zu haben.
Eigentlich wollten wir ja noch im Barbarossa saufen, haben aber beide irgendwie keine Lust. Mir ist das Herz schwer und Stefanie schon in Reisestimmung. Zu Hause schmeißt Stefanie ihr letztes Zeug in den Koffer, wir machen uns es mit Knabbereien gemütlich und schauen „Gong Fu“. Der heilige Stephen Chow schafft es auch diesmal, meine Stimmung aufzuhellen. Früh ins Bett, schließlich will Stefanie morgen schon um 6.00 aufbrechen. Kann auf einmal ganz gut nachvollziehen, wie Jud sich jetzt fühlt, auch wenn das nicht ganz das selbe ist.

加时 - Verlängerung

Sonntag liege ich mit einer fetten Erkältung voll auf der Schnauze. Meine Lieferung von Abendbrot wird geklaut, Sauerei! Stefanie geht trainieren und päppelt mich Sonntag und Montag erstmal mit Obstsalat und Ingwersud hoch. Den Rest der Woche treffen wir uns nach der Arbeit im Volkspark und gönnen uns Fußmassagen, Pediküren und jede Menge gutes Essen. Xiao Lu ist immer noch nicht gesund, also kein Nachmittagstraining für Stefanie. Dafür kommen wir aber in den Genuss eines Filmes, den Jud gedreht hat. Sein Vater ist in den Staaten ein ziemlich berühmter Akupunkteur und übt seit dreißig Jahren Wu- Stil. 2005 kam er dann endlich zum ersten Mal nach China, um die Hintergründe und Zusammenhänge zu erforschen, Jud hat das dokumentiert. Ein interessanter Film mit interessanten Typen. Die Akademie in Wudang, in der Lilo und Yürgen trainieren, kommt auch drin vor. Merkwürdig, in diesem Jahr waren wir ja auch mit dem Verein in China und ich habe mich in Shanghai verliebt, während für andere Vereinsmitglieder das Fundament ihrer Zuneigung zu Wudang gelegt wurde.
Freitag Abend Cotton Club, Jud hat immer noch Liebeskummer. Der arme Kerl. Da ich weiß, dass er auch gerne die Säbelform lernen will, schlage ich ihm das als zukünftiges Sonntagsprogramm vor. Sollte ihn aufmuntern und ablenken. Jud findet die Idee gut und ich bin glücklich, einen fähigen Mitschüler zu haben. Hoffentlich setzten wir das auch in die Tat um, aber ich muss ja auch erst mal als letzte der Tongbei- Faustformen Ying Quan auf die Reihe kriegen.
Stefanie hat es geschafft, doch schon für Montag früh einen Flug zu kriegen, also definitiv unser letztes gemeinsames Wochenende.
Samstag scheint die Sonne und ich freue mich aufs Training. Als wir im Park ankommen, traue ich meinen Augen fast nicht: Xiao Lu steht da und übt schon gewissenhaft. Bin außer mir vor Freude, dass mein großer Bruder wieder auf dem Damm ist. Er sieht zwar noch etwas matt aus, aber seine Augen strahlen. Xiao Lu staunt nicht schlecht, dass Stefanie noch da ist, aber das mit dem Vulkan hat er auch mitbekommen. Der Meister ist derartig gut drauf, dass er uns jede Menge Anwendungen und am Ende sogar Tui Shou (Push Hands) üben lässt. Wir haben Spaß und schubsen uns unter den Blicken zahlreicher Zuschauer über unser Übungsgelände.
Nachmittags unternehmen Stefanie und ich einen zweiten Anlauf zur Besichtigung den World Financial Centers (im Volksmund auch "Flaschenöffner" genannt) und schaffen es tatsächlich, Karten zu erweben. Alles sehr spacig, in der Wartezone abgefahrene Installationen mit
Blubbergeräuschen. Das Aufsichtspersonal trägt coole Retro- Kostüme in hellem Blau- Grau, wir kommen uns vor wie in einem 60-er Jahre Science Fiction Film, bestimmt kommen gleich Commander Alistair Mc Lane oder Captain Kirk um die Ecke. Das geilste jedoch der Aufzug, der uns 435m hoch in den 97. Stock katapultiert. Der fängt nämlich an, in einem angenehmen Licht zu pulsieren und beruhigende Geräusche von sich zu geben. Raumpatrouille. Im 100. Stock gibt es Glasböden, Schwindel erregend. Shanghai sieht aus wie eine Spielzeugstadt.
Auch sehr abgefahren das Klo: Absoluter High- Tech mit Sitzheizung und Hinternbeduschung und -beföhnung, die letzte Kabine direkt an der Glasfassade. Obwohl ich nicht unbedingt muss, lasse ich es mir natürlich nicht entgehen, dieses Klo zu benutzen. Selten mit derartig grandiosem Ausblick gepinkelt.
Kaffee an der Uferpromenade mit Blick auf den Bund, gerade gehen die Lichter an. Man muss Shanghai einfach lieben. Noch sieben Tage bis zur EXPO, auf dem Aurora- Wolkenkratzer blinkt „We are ready! Are you ready?“ Na logo! Absacker in der Bar des Captains Hostel, auch ein netter Ort mit Wahnsinns- Ausblick.

Dienstag, April 27, 2010

火山 - Vulkan

Irgendwie kriegen wir hier mit, dass am anderen Ende der Welt in einem völlig unbedeutenden Land ein Vulkan ausgebrochen ist. Hahaha. Wen interessiert das. Flughäfen mal kurz gesperrt, na und? Mädels- Abend am Freitag, Stefanie und ich gönnen uns eine Fußmassage. Der Frankfurter Flughafen ist immer noch dicht, ob wir besser morgen mal bei Air China vorbeischauen? Mir geht es gar nicht gut, statt Kneipentouren deswegen mal wieder DVD- Abend. Stefanie packt ihr Zeug zusammen, hatte mich gerade daran gewöhnt, es über die ganze Wohnung verteilt zu sehen.
Samstag letztes gemeinsames Training, abends treffen wir uns mit Wujie und Meister Wu zum Abendessen. Xiao Lu ist leider immer noch krank, der Ärmste.
Bei Air China weiss keiner, ob Stefanies Flug geht , man gibt uns ein paar Telefonnummern, wir sollen da heute Abend anrufen.
Das Essen ist witzig und entspannt, ich freue mich, Wujie mal wieder zu sehen. Ich frage Meister Wu, warum er die Maid denn unterrichten würde? Letztes Jahr habe er doch gesagt, er würde keine chinesischen Frauen mehr lehren? Naja, die Maid war halt hartnäckig und ist fleißig, Tongbei macht ihr Spaß- da ist er halt umgekippt. Also, wenn man was will, immer schön am Ball bleiben, macht sich bezahlt. Auch wenn die Maid mir auf den Sack geht, ziehe ich echt den Hut vor ihrer Hartnäckigkeit. Der Meister erwähnt beiläufig, ich habe mich ganz schön verbessert. Und das vor Wujie. Traue meinen Ohren kaum und platze vor Stolz. Trotzdem noch ein langer Weg, bloß nicht übermütig werden.
Wir fahren mit Meister Wu in der Metro heim, kurz bevor wir aussteigen müssen, tätschelt der Meister Stefanies Hand, trägt ihr viele Grüße an Yürgen, Lilo und Elli auf, wünscht ihr eine gute Reise und dann geschieht das Unfassbare: Er umarmt sie zum Abschied! Wow! Einen derartigen Emotionsschub habe ich bei ihm noch nie erlebt! Wie süß!
Anruf am Flughafen, Stefanies Flug ist abgesagt. Und der nächste, auf dem überhaupt was frei ist, geht erst in 10 Tagen. Scheiße. Ich meine, Scheiße für sie, ich freue mich natürlich, dass ich noch ein paar Tage so angenehme Gesellschaft habe.

斯蒂芬妮 –Stefanie

Bin am Mittwoch auf der Arbeit dermaßen aufgeregt, dass ich mich kaum konzentrieren kann. Um 12.00 verlasse ich endlich das Büro und schieße mit dem Meisterwerk deutscher Ingenieurkunst an den Flughafen in Pudong. Komme auch pünktlich an, blöd nur, dass es auf einmal noch ein zweites Terminal hier gibt. Aber nach ein wenig Gerenne schließen Stefanie und ich uns endlich glücklich an der Bushaltestelle in die Arme.
Zu Hause zaubert sie dann auch erstmal die Geschenke und Nahrungsmittelzuwendungen meiner Lieben aus dem Koffer, bin total gerührt. Belgische Pralinen und Ferrero- Küßchen, lecker! Meine Schwiegermutter hat mir einen Brief geschrieben (ihr erster seit dreißig Jahren) und Ali hat mir sehr li
ebevolle Osterkarten mit Tigern und Häschen gebastelt. Süüüüüß! Gespiesen wird im Lifestyle und das Wetter erlaubt auch noch einen Absacker im wieder eröffneten Barbarossas. Muss einfach sein. Donnerstags mildes Arbeiten, eine der Bürokatzen wird gebadet. Freitag habe ich frei und kann mit im Volkspark trainieren. Danach Essen mit Jud und Andy, abends ein Konzert in einer Galerie in der Moganshan Lu. Traditionelle chinesische Weisen arrangiert von einem Jazzpianisten, kostenloser Wein. Schöner Abend. Andy und Jud laufen wir auch noch über den Weg.
Das Osterwochenende fällt mit dem chinesischen Qingming Jie (
Ahnen- Verehrungsfest, wie bei uns Allerheiligen) zusammen, deswegen habe ich Montags frei. Merkwürdigerweise ist Ostern das einzige Fest, dass die Chinesen uns noch nicht geklaut noch nicht für sich entdeckt haben. Schade eigentlich. Dafür hängt vereinzelt noch Weihnachtsdeko. Bizarr.
Der Wettergott ist uns wohl gesonnen, morgens Training mit dem Meister, mittags Feinschliff mit Xiao Lu. Da Xiao Lu nach dem chinesischen Horoskop Hase ist, er gerne dunkle Schokolade mag und gerade Ostern ist, opfere ich meinen leckeren Lindt- Zartbitter- Schoko- Hasen und schenke ihm das Tier. Schließlich gibt er sich mit uns beiden ja sehr viel Mühe. Xiao Lu freut sich auch ordentlich, lässt fröhlich grinsend das Glöckchen des Hasen bimmeln und verstaut ihn sehr sorgfältig in seinem Wunderrucksack. Die Schrittfolgen müssen wir trotzdem sehr tief laufen. Irgendwie hat die Maid mitbekommen, dass wir uns Nachmittags treffen und schlägt auch auf. Darüber ist keiner wirklich glücklich, am allerwenigsten Xiao Lu, der sie hartnäckig ignoriert und auf den oberen Teil des Trainingsgeländes verbannt.
Stefanie muss unter den kritischen Blicken vo
n Xiao Lu und mir Dong Bao Quan vorturnen. Xiao Lu hat ihr dies Form beigebracht und ich habe sie mit ihr in Deutschland geübt, so dass sie jetzt quasi von zwei Lehrern beobachtet wird. Bin ein bisschen aufgeregt und hoffe, dass sie alles richtig macht. So müssen sich Eltern fühlen, wenn sie ihre Kinder bei einer Schulaufführung beobachten. Stefanie kriegt aber alles ganz gut hin und Xiao Lu und ich grinsen uns stolz an. Gemeinschaftsarbeit. Ich lerne eine sehr komplizierte Drehung, die die Maid natürlich auch zu üben versucht und grandios vermasselt. Schadenfreude.
Ostermontag reinigt der Meister die Gräber seiner Ahnen, also kein Training vormittags. Macht nichts, es regnet sowieso. Wir pennen lange, üben nachmittags mit Xiao Lu, kochen uns abends was und schauen schnulzige DVDs.
Ich arbeite und Stefanie trainiert, putzt meine Bude, kauft ein und nimmt die Dienste meiner Chinesisch- Lehrerin in Anspruch. Akupunktur und Tuina lässt sie sich auch angedeihen, man ist ja schließlich im Urlaub. Abends erforschen wir die Nahrungsquellen in der Stadt oder in der Nähe meiner Behausung und entdecken ein nicht übles Restaurant direkt gegenüber. Zwischendurch gibt es mal kein Wasser, was mich zu panischer Internetrecherche veranlasst. Fülle ein Kontaktformular auf der Seite der Shanghaier Wasserversorgungsbetriebe aus und keine zwei Minuten nach dem Absenden bimmelt die Wunderwaffe. Eine Dame erkundigt sich in gutem Englisch nach dem Problem, schreibt mir auch noch eine mail und ruft abends noch mal an um zu fragen, ob jetzt alles OK wäre. Leute, DAS ist Service! Dabei hätten wir Trottel einfach nur die Ankündigungen am Aufzug sorgfältiger studieren sollen. Da stand nämlich ganz eindeutig, dass am soundsovielten von bis das Wasser leider wegen Wartungsarbeiten abgestellt würde. Für was lernen wir eigentlich chinesisch.
Mittlerweile wird auch Stefanie von meinem Freund, dem Elektriker mit einen herzlichen OK freudig begrüßt, weswegen er jetzt nur noch der „OK- Man“ ist. Meine ausländischen Kollegen berichten von Passkontrollen in ihren Compounds, hier schert das allerdings keinen. Was soll man auch wegen zwei Ausländerinnen extra ein Kontrollkommando herschicken. Was ein Glück, denn Stefanie und ich waren zu faul, sie ordnungsgemäß bei den Bullen anzumelden.
Endlich wieder Wochenende und Training, Freitag abend Taikang Lu, Shopping und nette Kneipen. Jud hat Liebeskummer und schleift uns Samstags in seinen Lieblingsclub. Rhythm and Blues, gute Live- Mucke, wir lernen Greg und Matt, die Besitzer/ Musiker kennen. Matt hat auch Bock auf Tongbei, wäre lustig. Da für Sonntag die Wetterprognose nicht ganz so prickelnd ist, sagt der Meister lieber gleich ab, aber wir verabreden uns mit Xiao Lu und sagen Jud auch Bescheid. Da der sowieso nach Ablenkung sucht und Xiao Lu auch schon ewig nicht mehr gesehen hat, kommt er auch gerne. Wird ein sehr schönes Üben, man sieht richtig, wie Jud aufblüht. Leider fängt es nach zwei Stunden an, zu regnen, weswegen wir abbrechen müssen. Nach einem gemeinsamen Essen mit Jud erforschen Stefanie und ich den Stoffmarkt und treten in intensive Verhandlungen für die Anfertigung eines Bauchtanzkostüms für Stefanie ein. Allerdings sind wir dann doch skeptisch, ob die Chinesen das so hinkriegen, ist ja nicht gerade die typische Tracht für hier. Und die Zeit ist etwas knapp, schließlich fliegt sie ja schon nächsten Sonntag früh. Aber immerhin erstehet Stefanie einen hübschen Klimper- Arschfummel fürs Bauchtanzen und ich einen Samtanzug zum Rumgammeln. Durchnässt aber glücklich leiern wir zu Hause die Klimaanlage auf Hochtouren, machen uns was zu essen und lassen das Wochenende mit seichten Komödien ausklingen.
Xiao Lu zieht sich eine Nierenbecken- Entzündung zu und kann Stefanie nicht weiter Mian Zhang beibringen. Der arme Kerl! Aber immerhin hat sie genug gelernt, um zu Hause ordentlich zu üben. Wehe, das sitzt beim nächsten Besuch nicht!

Mittlerweile sind wir perfekt aufeinander eingeschwungen und haben wieder jede Menge guter Einkaufs-/ Ess-/ Abhängmöglichkeiten aufgetan. Eigentlich fast mehr als in all den Jahren davor. Echt schade, dass Stefanie Sonntag wieder abreist, sie wird mir echt fehlen. Dass ich in meiner eigenen Bude nicht rauchen durfte, wie ich wollte, war zwar etwas lästig, aber derartig kleine Unannehmlichkeiten nimmt man für lieben Besuch doch gerne in Kauf. Freitag auf der Arbeit ist mir dann auch echt ein wenig weh ums Herz. Stefanie am Sonntag weg und Xiao Lu krank, echt traurig.