Montag früh macht Stefanie einen ziemlich schnellen Abgang, vielleicht ganz gut so. Ich ziehe ihr noch warmes Bett ab und schmeiße die Waschmaschine an. Auf der Arbeit rollen mir immer wieder Tränen aus den Augen, wenn ich an die letzten drei Wochen zurück denke. Wir hatten so eine geile Zeit zusammen, jetzt bin ich wieder alleine. Tja, habe ich mir schließlich so ausgesucht, da muss ich durch. Besprechung bis 23.00, als ich zu Hause eintreffe, landet Stefanies Flieger gerade in Frankfurt.
Das Wetter wird immer besser und meine Laune steigt langsam wieder. Eigentlich müsste ich ja mit meinem Anwalt Kontakt aufnehmen, da mir mein Ex- Arbeitgeber ein beschissenes Zeugnis ausgestellt hat, habe aber keinen Bock auf noch mehr Verdruss. Die Vorbereitungen für die Expo laufen auf Hochtouren, jeden Abend wird das Feuerwerk geprobt. Teilweise kann ich das von hier aus sehen, sehr hübsch. Ich glaube, von jetzt an wird jedes Feuerwerk in Deutschland für mich abstinken. Falls ich jemals dahin zurückkehren sollte.
Finde im Netz eine Möglichkeit, HR3 zu hören. Geile Sache, endlich wieder aktuelle Musik, bin glücklich. Stelle fest, dass ich die letzten drei Monate aber nicht allzu viel verpasst habe. Auch merkwürdig, dass über tolles Wetter für die Mittagspause geredet wird, wo hier doch schon der Vollmond über der Stadt hängt. Egal, muss mir wie meine Kollegen unbedingt Kopfhörer besorgen, damit ich auch während der Arbeit Radio hören kann.
Am heutigen Donnerstag hat Roland, einer meiner Arbeitgeber Geburtstag, es gibt Torte. Überraschenderweise besteht die mal nicht aus schwammartiger Substanz und Sahne, sondern ist richtig lecker. Wir loben Jiajia, die den Kuchen besorgt hat, überschwänglich.
Xingling und Xianqi erklären, heute Mittag „auf der Straße“ essen zu wollen und fragen ihre ausländischen Kollegen, ob wir da auch Bock drauf hätten? Klar haben wir! Wir landen vor einem winzigen Laden, der Koch ist ganz aufgeregt, dass Ausländer bei ihm zu speisen gedenken. Ein Klapptisch und Stühle werden herbeigeschleppt und am Straßenrand aufgebaut. Also sitzen wir unter dem Schatten aller coolen Wolkenkratzer auf der anderen Seite des Suzhou- Flusses tatsächlich auf der Straße, während der Koch alles gibt. Schmeckt auch alles sehr lecker, bei uns Ausländern kommt so was wie Urlaubsstimmung auf, was die Chinesen kurios finden.
Noch mehr Torte, jemand in einem der benachbarten Büros hat auch Geburtstag und zu diesem Anlass ca. drei Quadratmeter herzförmigen Erdbeerkuchen geschenkt bekommen. Davon kriegen wir jetzt was ab. Nach diesem Zuckerschock ist meine Laune endlich wieder besser, auf dem Heimweg gönne ich mir noch einen Strauß Pfingstrosen für knapp 60 Cent. Wasche Klamotten und übe Ying Quan. HR3 dröhnt und ich bin endlich wieder gut drauf. Und freue mich auf Lilo nächstes Wochenende.