Dienstag, September 29, 2009

Scheiß- Tag

29.09.2009, Dienstag

Vormittags:

Wache auf und fühle mich, als hätte ich die vergangene Nacht durchgesoffen. Dabei habe ich doch nur brav Tee und O- Saft getrunken. Mein Kopf ist wie mit Watte ausgestopft, mir ist schwindelig und mein rechtes Auge geht auch nicht auf. Scheiße, dieses Programm hatte ich doch schon letztes Jahr! Das darf ja wohl nicht wahr sein. Um 8:00 schleppe ich mich nach unten, nur um festzustellen, dass es leicht regnet. Na klasse, dann ist Xiao Lu sowieso nicht im Park. Also wieder zurück ins Zimmer, vielleicht sagt Meister Wu ja auch ab. Zwischenzeitlich kühle ich das Auge mit Getränkedosen. Als ich bis 8:30 nichts von Meister Wu gehört habe, torkele ich zum Bus und fahre in den Park. Immerhin habe ich es geschafft, eine Kontaktlinse in das Auge zu zwängen, öffnen kann ich es aber immer noch nicht. Gar nicht so leicht, einäugig durch die Gegend zu rennen, vor allem bei dem hiesigen Verkehr. Natürlich ist keiner da, setzte mich auf eine Bank und warte auf den Meister, der dann auch bald kommt. Klar gibt es besorgte Bekundungen wegen des Auges, anhand meines Langenscheid- Sprachführers erkläre ich, das Auge sei nicht entzündet, nur das Lid geschwollen. Ist das gleiche, meint der Meister und ich muss mich hinsetzten, er klatscht mir einen Lappen auf das Auge und fängt an, die Schwellung wegzumassieren. Dann reibt er noch ein paar Mal die Handflächen aneinander und presst sie auf das Auge. Komisch, dachte immer, Schwellungen solle man kühlen. Bei der Aktion schafft er es, mir meine Kontaktlinse rauszurubbeln, ich kann die gerade noch so wieder reinquetschen. Aber erstaunlich, wie sanft die riesigen Pfoten des Meisters sein können.
Einzelstunde, ich lerne drei weitere Einzelbewegungen und darf dann alles bisher Gelernte auf Video aufzeichnen. Klasse! Ansonsten bin ich nicht sonderlich aufnahmefähig, der Meister muss um 11:00 weg, da er noch anderswo unterrichtet. Am Nationalfeiertag kein Unterricht, da er da den Boden in seinem neuen Haus richten will. Auch gut, dann kann ich mich ein wenig unter die feiernde Menge mischen. Es ist unklar, ob der Nachmittagsunterricht stattfindet, der Meister wird das klären.

Nachmittags:

Sauge meine mails aus dem Netz und muss über des Osters Bericht, den mir Georg freundlicherweise täglich zumailt, schmunzeln. Tja, das mit dem An- und vor allem Runterkommen ist so eine Sache und dauert seine Zeit. Auch mir kam es so vor, als sei ich nie hier weggewesen, aber so richtig im vollen Tongbei- Modus bin ich auch noch nicht. Ist auch schwierig, wenn man wie ich fast ein ganzes Jahr ohne Korrektur vor sich hinübt (Yürgen und Lilo waren ja immerhin in kürzeren Abständen bei ihrem Lehrer), da kommt man sich manchmal schon vor wie im freien Fall. Zu diesem Thema hatte Oskar einen überraschend klugen Vergleich: Er meinte, das sei wie ein Haarschnitt, mit der Zeit würde alles wild durcheinander wachsen, dann müsse man halt zum Friseur und das richten lassen.
Falle auf das Bett und versinke zwei Stunden in komatösen Schlaf.
Als ich aufwache, ist das Auge wieder etwas mehr zugeschwollen und ich bin immer noch total bedröhnt. Keine Nachricht von Meister Wu, fahre in den Park und warte. Modischen Firlefanz schenke ich mir, muss ja mit diesem Auge nicht noch zusätzlich auf mich aufmerksam machen. Mein Mobilfon bimmelt und der Meister brüllt mir irgendwas ins Ohr, ich brülle zurück, ich sei im Park und Xiao Lu nicht da. Der Meister wird bei ihm zu Hause anrufen (Xiao Lu ist der einzige Chinese, den ich kenne, der kein Mobilphon hat), aber da kommt er schon des Weges. Das Auge wird wieder mit Ausdrücken der Anteilnahme bedacht. Hatte eigentlich vorgehabt, Xiao Lu im Scherz zu erzählen, ich habe bei den Anwendungen ein paar in die Fresse gekriegt, lasse das aber lieber bleiben. Als erstes darf ich mal hübsch alle Schrittkombinationen in einem Stück und natürlich schön tief laufen, stelle mich nicht sehr geschickt an. Bei der Form klappt es dann besser, hoffentlich kann ich mir das auch merken. Dong Bao Quan muss ich auch noch vorturnen, Xiao Lu ist eigentlich ganz zufrieden und freut sich, dass ich nichts vergessen habe. Aber selbstverständlich ist hier an vielen Stellen Detailarbeit zu leisten. Es fängt zu regnen an, ich habe Kopfweh und wir machen noch ein wenig Push- Hands. Xiao Lu muss sich „Keine wie du" von Laith al Deen anhören und findet das auch sehr schön, anschließend schenkt er mir ein Einweg- Regencape. Süß.
Nach Ausgehen ist mir nicht zumute, also Käsecräcker im Hotelzimmer. Bin müde und schlapp, besser mal früh ins Bett gehen.

2 Kommentare:

Xiaomo hat gesagt…

Liegen diesen Herbst alle China-Heimkehrer erstmal auf Schnauze? Hoffentlich trifft mich das nicht auch!

jb hat gesagt…

"Schieße" sagt man nicht. Sonst ist die Bildung am Arsch