Dienstag, Januar 26, 2010

新房子- Neue Wohnung

Mein Boudoir stinkt, als habe jemand eine Tube Silikon in der Ecke entleert. Das sei die Verpackung der neuen Matratze, meint Frau Chen. Will ihr mal glauben, denn dies scheint einer der wenigen Räume zu sein, in dem kein Silikon eingesetzt wurde.
Als ich Montag morgen aufwache, ist mir speiübel und ich habe infernalische Kopfschmerzen. Ob der Wein irgendwie übel war? Nee, Kater fühlt sich anders an. Meine Schwiegermutter ist (nicht ganz zu Unrecht) in großer Sorge, ich könne hier schlimmen Umweltgiften ausgesetzt sein, vielleicht ist die Matzratze in solches?
In der Dusche gibt es einen kleinen Knopf, den man hochziehen muss, damit die Brause anspringt. Der Knopf bleibt nicht oben. Mist. Also mit der einen Hand den Knopf rausziehen, mit der anderen Duschzeug und Shampoo auf dem Luxuskörper verteilen.
Im Büro klage ich Matthew mein Leid, der der Vermieterin gleich einen devoten Brief schreibt und sie auch anruft. Nee, neue Möbel fürs Wohnzimmer ist nicht, und der alte Schreibtisch sollte doch bitte drin bleiben, sie hätten selber so wenig Platz zuhause und wegschmeißen wollten sie das Zeug auch nicht. Sogar ein alter Fuchs wie Matthew muss sich jetzt geschlagen geben.
Nach der Arbeit Stippvisite im Carrefour, den Ikea- Besuch schiebe ich erstmal auf. Erwerb eines vernünftigen Trockengestells, eines Müll- und eines Putzeimers und zwei Flaschen Colas, zweier weiterer Kopfkissen, eines Aschenbechers sowie Pfeffer und Salzes. Habe noch Muskelkater von der Schlepperei gestern und breche fast zusammen. Auch die reizende Lichterkette wandert in den Einkaufswagen. Als ich das Ding zuhause aus der Verpackung reiße, um mein Heim zu verschönern, zerfällt gleich die Hälfte der Lampignons in seine Einzelteile. Der Stecker lässt sich nur mit Mühe in die Dose pressen und das Ding hat einen Wackelkontakt. Made in China. Selbst für hiesige Qualität tiefste Sohle. Bevor ich hier die Bude abfackele, wandert das Ding in die Mülle. Das Schlafzimmer stinkt immer noch fürchterlich. Ji Junior schaut vorbei, lässt sich das Problem mit der Dusche schildern und wird wegen der Möbel angekeift. Man habe mir neue versprochen und dies sei nur Sperrmüll. Wann denn der alte Schreibtisch abgeholt würde? Und wann könne ich denn endlich den Waschmaschinenkarton wegschmeißen? Und wo bleibt mein Couchtisch? Der junge Ji krümmt sich vor Scham und will mit mir über den Schreibtisch diskutieren. Nichts da! Aber den Karton brauche ich nur eine Woche aufheben. Gut, morgen kommt jemand wegen der Dusche vorbei. Und bei der Gelegenheit darf er mir auch gleich mal die Bedienung der Klimageräte erklären. Obwohl er im Gegensatz zu mir die Zeichen auf der Fernbedienung entziffern kann, scheitert er ebenso grandios wie ich. Nach etwa einer halben Stunde des sinnlosen Rumgedrückes schaffen wir es, dass die Geräte warme Luft produzieren.
Bereite mir Pellkartoffeln zu, chinesisch kochen kann ich ja nicht. Unter dem Gasherd fängt es an zu qualmen und zu stinken. Naja, vielleicht, weil das Ding brandneu ist. Aber lieber mal die Türen des Unterschranks öffnen. Als Gestanksquelle im Schlafzimmer entpuppt sich ein Aufnäher auf der Matratze, der unglücklicherweise auch noch am Kopfende platziert ist und der beim Umdrehen knisternde Geräusche von sich gibt. Stehe mitten in der Nacht auf, um das Bett abzuziehen und die Matratze umzudrehen. Mittlerweile bin ich fix und fertig.
Dienstag morgen werde ich mit einem grandiosen Sonnenaufgang belohnt. Meine Wohnung ist wirklich super ausgerichtet. Pumpe einen halben Liter Cola in mich rein, da stimmt mit meinem Magen was nicht. Normalerweise trinke ich so einen süßen Kram nicht, vor allem nicht zum Frühstück.
Metro Linie 8 ist die Hölle, aber ich muss ja nur vier Stationen fahren. Ein kleines Problem gibt es allerdings: Die Quyang Lu ist eine der wenigen Stationen, an der man rechts ein- und aussteigt. Also muss ich mich bis zur Qufu Lu von rechts nach links drängeln, um nicht unfreiwillig meinen Ausstieg zu verpassen. Was aber auch nicht so schlimm ist, denn der wäre dann der Volksplatz und von da läuft man auch nett zum Büro.
Und wieder nach der Arbeit Besuch des Carrefour, mittlerweile sollten die in Jubelgeschrei ausbrechen, wenn die mich sehen. Kaufe einen kleinen Mülleimer für das Bad. (Dazu muss man sagen, dass man hier Klopapier eigentlich nicht in die Toilette wirft, die Leitungen sind zu schwach. Sondern in einen Mülleimer. Finde ich etwas ekelig. Aber da ich aber hier im 17. Stock doch einiges an Rückstau unter mir habe, kümmert mich das wenig). Außerdem eine Klobürste. Und eine Dreckschipp. Und Öl zum Bratkartoffeln machen. Öl wird hier üblicherweise in 3 Liter Einheiten verkauft, was einen beredten Eindruck zu Shanghaier Kochgewohnheiten vermittelt. Finde dann aber doch eine 1,5 Liter Flasche mit Sonnenblumenöl für den Singlehaushalt.
Das Schlafzimmer stinkt nicht mehr, Ji junior schaut vorbei und erläutert mir die Handhabung der Dusche. Man muss den Knopf hochziehen und dann drehen. Aha. So einfach ist das. Die Bedeutung der Knöpfe auf der Klimaanlage hat er mir auch noch aufgeschrieben. Netter Kerl!
Wo er schon mal da ist, wird gleich fröhlich der alte Schreibtisch gemeinsam rausgeschafft. Und die zwei Koffer, die diskret unter einer Decke getarnt im Wohnzimmer standen auch noch. (Habe nicht nachgeschaut, was drin war, aber ich habe keinen Bock, hier das Sperrmülllager zu spielen).
Nach Ji Juniors Abgang fange ich erstmal an, die Bude zu putzen. Ist zwar durch meine Vermieter schon erledigt worden, aber durch anschließende Aufbau- und Umräumarbeiten wurde doch einiges wieder eingedreckt. Die Weisung, den Laminat- Boden nicht nass zu wischen, ignoriere ich einfach.
Endlich kann ich in Socken durch meine Wohnung laufen. Das Wohnzimmer ist schön übersichtlich, viel Platz zum üben. Die Klimaanlagen föhnen warme Luft, während es draußen heftig stürmt. Gut. Morgen muss ich mich bei der Bullenstation meines Distriktes als ordentliche Anwohnerin melden, dann geht es weiter mit der Beantragung der dauerhaften Arbeits- und der Aufenthaltserlaubnis.

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