Mittwoch, Oktober 25, 2006

Wiedersehen mit Meister Wu Mao Gui

25.10.2006, Mittwoch

Da wir die ausgefallene Stunde nachholen, indem wir früher anfangen, hat sich unsere Lily für uns was ganz besonderes ausgedacht. Sie lockt uns in das Lehrerzimmer, drückt uns einen Liedtext auf chinesisch und in Pinyin- Umschrift in die Hand und erklärt uns den Text. Anscheinend findet sie ihn sehr poetisch, frei übersetzt heißt der Titel wohl „Der Mond steht für mein Herz“. Anschließend plärrt das ziemlich schmalzige Lied ca. fünfmal hintereinander aus dem Lautsprecher, was bei mir ähnliche Reflexe wie auf der Fähre von Putuo Shan auslöst. Die nach und nach eintreffenden Lehrer erlösen uns schließlich. Für den morgigen Tag kündigt sie uns an, ein Gedicht aus der Tang- Dynastie zu besprechen. Das könnte ganz interessant werden, wenigstens ist das nicht vertont worden.

Nachmittags treffen wir endlich mal pünktlich im Heping- Park ein, allerdings ist Meister Wu Mao Gui noch nicht da. Also machen wir uns erstmal geschmeidig, worauf sich natürlich wieder sofort ein Fanclub versammelt. Einen der Typen habe ich letztes Jahr schonmal gesehen, das spricht für eine gewisse Konstanz der Parkbesucher.

Während Wu Jis Park wunderschön ruhig und verwunschen ist und wir dort kaum Publikum haben, brennt im Heping- Park die Luft. Ausserdem scheinen sich hier wirklich die skurrilsten Gestalten Shanghais zu versammeln. Ich muss unter den kritischen Blicken von Michael und einem anderen Schüler des Meisters die Form laufen und die Menschentraube wird größer. Training im Heping- Park ist wirklich nichts für schüchterne Gemüter. Schließlich trifft der Meister ein, er hatte wohl einen etwas ausgedehnten Mittagsschlaf gehalten und macht die verlorene Zeit dadurch wett, dass er uns einem Trommelfeuer an Informationen und Übungen aussetzt. Auch die einsetzende Dunkelheit hält ihn nicht davon ab, uns am Ufer eines Sees hin und her zu scheuchen, im Gegenteil, er kommt richtig in Fahrt. Nach 21/2 Stunden Training ohne Pause platzt mir fast der Schädel und wir bremsen ihn mühsam. Morgen gibt es dann nochmal das gleiche Programm, dann geht es mangels Übersetzer erst nächsten Mittwoch wieder weiter.

Mit müden Beinen und knurrenden Mägen schleppen wir uns erst zu Pizza- Hut und dann nach Hause, um vor dem Fernseher zu kollabieren.

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