Freitag, Oktober 13, 2006

Wochenende!

13.10.2006, Freitag

Während die beiden anderen Mädels sich gestern abend lecker Pizza einverleibt haben, habe ich in einem Anfall von Strebsamkeit die heutige Lektion perfekt vorbereitet, indem ich jedes mir unbekannte Wort nachgeschlagen und notiert habe. Außerdem habe ich die Grammatik sehr ausgiebig studiert. Irgendwie fühlte ich mich unserer Lehrerin gegenüber schuldig, die sich wirklich sehr intensive Gedanken darüber macht, wie sie uns Pfeifen Chinesisch beibringen soll.

Wir haben ihr unser deutsches Lehrbuch ausgeliehen, um ihr zu vermitteln, was wir eigentlich können sollten und so fragt sie uns, (auf deutsch!), was für chinesische Volkslieder wir kennen. Mir fällt als erstes „Mo Li Hua“ (Jasminblüten) ein, da wir die Melodie nicht kennen, bitten wir sie, es für uns zu singen. Lily wird abwechselnd rot und blass, nimmt ihre Brille ab und singt dann wunderschön dieses Lied für uns, während sie auf ihrem Schenkel leise den Takt klopft. Wir sind gerührt und applaudieren herzlich.

Während der letzten Tage haben sich unsere Defizite gnadenlos offenbart: Meine Aussprache ist zwar einigermassen, aber ich spreche zu wenig und habe deswegen Schwierigkeiten mit der Anwendung. Stefanie ist mutig und labert einfach los, aber ihre Aussprache und ihr Satzbau sind fürchterlich. Dafür prägt sie sich ziemlich schnell Vokabeln bzw. Zeichen ein. Alessandra hat einen riesigen Wortschatz, kann aber auch die Anwendungen nicht richtig gut und hat extreme Schwierigkeiten mit der Aussprache. Das liegt einfach daran, dass es im Italienischen manche Laute wie „ch“ einfach nicht gibt. Trotzdem hält sie das nicht davon ab, so lange in allen möglichen Varianten auf die Einheimischen einzuquatschen, bis die gewünschte Reaktion erfolgt.

Auf dem Gelände unserer Schule entdecken wir eine „ Ka Fei Ba“ und begehen den Fehler, uns einen italienischen Kaffee zu bestellen. Eine Jungfrau mahlt erst die Bohnen, füllt sie in ein reagenzglasartiges Gefäß, befeuert einen Bunsenbrenner darunter und schaut dann erstmal mindestens 5 Minuten zu, wie das heiße Wasser erst in einen Teil des Kolbens läuft, um dann auf wundersame Weise rückständefrei in einen anderen Teil dieses Versuchsaufbaus gesaugt zu werden. Nach ca. 14 Minuten halten wir beide einen perfekten vierfachen Expresso in den Händen. Ich brauche wohl nicht erwähnen, dass wir den Nachmittagsunterricht hellwach verfolgt haben.

Während wir in „Vegetarian Lifestyle“ mit vier Personen acht Gerichte verdrücken, klingelt mein Handy . Da ich es nicht gewöhnt bin, in China angerufen zu werden, merke ich das garnicht. Als ich an der Kasse stehe, um für meine eingekauften vegetarischen Fertiggerichte zu zahlen, klingelt es ein drittes Mal- Kerstin! Hungrig, genervt und mit einem bösen Jetlag. Am liebsten möchte ich sie durch die Telefonmuschel umarmen und trösten, aber da ich gerade auf einer Hauptstrasse stehe und in etwa 5 Sekunden mindestens zweihundert Fahrzeuge auf mich zurasen werden, fällt mein Trost etwas kurz aus. Armes Ding, werde ihr gleich mal ne SMS schreiben.

Während ich hier sitze, spielt Mainz 05 gegen Aachen und offensichtlich führen die Aachener 2:1. Mist. Hier ist es mitten in der Nacht, aber da ich natürlich unbedingt wissen will, wie es ausgeht, werde ich mich noch weiter wachhalten müssen. Hier im Fernsehen wird das Spiel leider nicht übertragen, also bin ich auf das Netz angewiesen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

mit tränen in den augen - ist es rührung, heimweh oder dein (angst)bissiger humor - verfolge ich eure sprachodysee, während von der silberscheibe so was wie jasminblüte dudelt. ein herzlicher gruß aus moguntia.