Freitag, Oktober 17, 2008

Autsch

17.10.08, Freitag

Vormittags:

Als ich in den Spiegel schaue, muss ich mit Entsetzen feststellen, dass ich aussehe, als hätte ich mit den Klitschko- Brüdern im Clinch gelegen. Mein rechtes Auge ist total zugeschwollen und schmerzt, wahrscheinlich hat mich irgendwas gestochen. Wenigstens scheint nichts entzündet zu sein, das Programm kenne ich ja schon. Durch das Auflegen kalter Getränkedosen versuche ich das Problem zu lindern, leider ohne Erfolg.
Überraschenderweise ist Xiao Lu doch im Park, da hatte ich wohl die Daten verwechselt, er fährt morgen erst. Das heißt wohl, dass ich Nachmittags auch Training habe, dabei war ich voll auf Abhängen, shoppen und waschen eingestellt. Da nur Herr Si, Stefanie und ich da sind, ist Meister Wu mal wieder voll in seinem Element und lässt uns ausgiebig Anwendungen üben. Immer wieder dürfen wir auf seine Arme dreschen, die Pratze holt er leider nicht aus seinem Rucksack. Und das ist mindestens so schmerzhaft, wie selber gehauen zu werden. Wenn er uns bearbeitet, kündigt er zwar immer an, nur ein wenig zuzuhauen, aber uns fliegen trotzdem fast die Arme ab. Kein Wunder, dass der zu den besten Kämpfern Shanghais zählt, ich möchte ihn nicht in einem richtigen Kampf erleben. Angeblich kann er den Gegner mit zwei Schlägen erledigen, das glaube ich auch unbesehen. Stefanie trifft unglücklich und holt sich einen fetten blauen Fleck an der Hand, der aber vom Meister gleich mit Akupressur behandelt wird. Er zeigt uns noch ein paar Abhärtungsübungen für die Hände, ich denke nicht, dass wir die zu Hause sonderlich ernsthaft trainieren werden, denn auch die sind sehr schmerzhaft. Die Wu- Stil Schnallen gucken neidisch zu und dürfen auch mal ran, natürlich können die nicht so gut hinlangen wie Stefanie und ich. Gut so, jetzt haben die wenigstens gesunden Respekt vor uns.
Stefanie fährt weiter nach Pudong zum Training mit Wujie, ich begebe mich zurück ins Gästehaus. Als ich vor der Tür stehe, fällt mir ein, dass wohl heute mal wieder die Kaution fällig ist, aber überraschenderweise öffnet sich die Tür. Heute sind wir schon zwei Wochen hier, Halbzeit. Schade. Der mittlerweile arg in Mitleidenschaft gezogene Fummel wird notdürftig gelüftet und mit Deo besprüht, dann wird der halt erst morgen Nachmittag gewaschen.

Nachmittags/ Abends:

Kann nicht schlafen, also breche ich früh auf, zahle die Kaution, lade die Verkehrsmittelkarte auf und statte dem Architekturbuchladen einen kurzen Besuch ab. Ich erwebe für nur umgerechnet 7,00 Euro ein sehr schlau gemachtes Büchlein des Büros, was hier den Wettbewerb für M50 (ehemalige Baumwollspinnerei, jetzt Künstlerviertel) gewonnen hat, sehr gute Analysen hinsichtlich des Städtebaus und der Entwurfsaufgabe. Spannend, da hätte ich auch gerne mitgemacht. Sitze im Park und lese, Xiao Lu kommt und schaut sich das Buch an, ist aber zu speziell und mir fehlen die Fachbegriffe zur Erläuterung, warum ich das interessant finde. Meine Trainingsklamotten starren vor Dreck, meine Augen sind zugeschwollen, und ich zittere vor Erschöpfung am ganzen Körper, die Arme können nach den Tobereien heute morgen sowieso nicht mehr anständig bewegt werden. Xiao Lu hat heute morgen gesehen, wie Stefanie und ich von Meister Wu verdroschen wurden. Natürlich hat er ein paar Verbesserungsvorschläge, aber er erwähnt beiläufig, dass die meisten potentiellen Schüler nach solchen Anwendungen nie mehr wieder kommen würden. Um unsere Mitamazone Lilo (für deren fleißige Kommentare ich sehr dankbar bin) zu zitieren: Germany 12 Points. Beim Push Hands packt er mich an dem blauen Fleck, den mir Meister Wu heute morgen zugefügt hat, dafür schaffe ich es, ihn auf dem Hintern landen zu lassen. Naja, mein Fuß stand halt günstig, aber er schaut ganz schön dumm aus der Wäsche. Triumph. Nachdem ich einigermaßen hübsch meine Formen gelaufen bin, werde ich mit der Ermahnung, mit Stefanie ja einen drauf zu machen frühzeitig in das Wochenende entlassen. Nach Xiao Lus Rückkehr werden wir Pizza essen gehen. Im Gästehaus angekommen wird erst mal der Fummel eingeweicht, nach kurzem Zögern mache ich mich auf den Weg zu Barbarossas, obwohl ich in der U- Bahn fast einschlafe. Aber das fällt hier sowieso nicht weiter auf. Dumm auf meinem Zimmer abhängen kann ich immer noch, wenn Stefanie wieder weg ist.
Kerstin und Stefanie haben total geile Perücken gekauft, ich will auch eine. Morgen wird Kerstin in den Park mitgeschleift, danach ist Wochenende angesagt.

2 Kommentare:

Xiaomo hat gesagt…

Bloß keine Blöße geben! Wir sind Kranich-Amazonen!! Gejammert wird zu Hause im Hl. Aal bei einem isotonischen Getränk und nicht draußen in der weiten Welt!!!

Anonym hat gesagt…

Bitte Foto mit Perücken!